Vatikan/Malaysia: Papst und Premierminister vereinbaren diplomatische Beziehungen

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Montag – ganz gegen seine sommerlichen Gewohnheiten – einen Staatsgast empfangen: Der Premierminister Malaysias, Dato’ Sri Mohd Najib Tun Abdul Razak, war zu Besuch in Castelgandolfo. Wie der Vatikan in einer Presseerklärung bekannt gab, wurde bei diesem Besuch die Vereinbarung getroffen, diplomatische Beziehungen zwischen Malaysia und dem Heiligen Stuhl aufzunehmen. Des weiteren habe man sich über die politische Situation, besonders über die Beziehungen zwischen den Religionen in Asien, unterhalten. Pater Lawrence Andrew, Herausgeber der malaiischen katholischen Wochenzeitung Herald, sieht die Bedeutung des Besuches vor allem darin, dass damit die Christen in Malaysia anerkannt und aufgewertet würden.

„In diesem Vielvölkerstaat gab es immer Zweifel daran, ob man uns als eine Gruppe anerkennt. Die Anerkennung des Vatikan durch den Besuch ist eine Anerkennung der Christen, und deswegen ist das ein wichtiger Schritt vorwärts."

Die Beziehungen der Regierung zu den christlichen Kirchen sind nicht spannungsfrei. Im Mai dieses Jahres waren Gerüchte um eine angebliche Verschwörung von Christen ausgerechnet in der Zeitung der Regierungspartei – eben der von Premier Najib – ausgebreitet worden. Schon länger zurück der Beginn des Streites, ob Christen für ihre Bibelübersetzung das Wort Allah für Gott verwenden dürfen oder ob dies dem Islam vorbehalten sei. Für Aufsehen sorgte vor einem halben Jahr ebenfalls die – in letzter Minute zurückgenommene – Anweisung von Mitarbeitern des Ministerpräsidenten an die Erzdiözese Kuala Lumpur, während Najibs Anwesenheit beim Weihnachtsempfang des Erzbischofs alle Kreuze abzuhängen. Pater Lawrence sieht in der Papstaudienz für Najib aber weniger den Versuch, aktuelle Missverständnisse auszuräumen, als vielmehr einen Ausdruck für das langjährige Bemühen beider Seiten, diplomatische Beziehungen zu beginnen.

„Im Augenblick braucht auch der Premierminister Unterstützung durch andere, es gibt also eine Gelegenheit für uns. Wir werden als Gruppe im Land anerkannt, und er bekommt Anerkennung für seinen politisch moderaten Kurs. Seine Förderung der moderaten islamischen Gruppen wird zusammen gesehen werden mit dem Treffen heute. Außerdem hoffen wir auf weitere Entwicklungen im interreligiösen Dialog. Unter dem vorherigen Ministerpräsidenten wollten wir eine Kommission errichten, die ist aber am Widerstand einiger muslimischen Gruppen gescheitert. Weil in der Begleitung beim Papstbesuch jetzt aber auch der für Islamfragen zuständige Minister dabei ist, hoffen wir, dass es eine neue Öffnung für den Dialog und neue Wege geben wird, den interreligiösen Dialog unter den Menschen in unserem Land zu ermutigen."

Hintergrund
Etwa 40 Prozent der 28 Millionen Malaysier sind Ureinwohner sowie Nachfahren indischer und chinesischer Einwanderer. Unter den 9 Prozent christlichen Malaysiern sind rund 850.000 Katholiken – also rund 3,3 Prozent der Gesamtbevölkerung. Najib ist der zweite Premier des Landes, der vom Papst empfangen wird, 2002 besuchte sein Vorgänger Mohamad Mahathir Johannes Paul II. (rv)

Malaysia: Panikmache gegen Christen, „psychologischer Terrorismus“

Malaysia bald ein christlicher Staat? Diese Befürchtung im Volk, offiziell geteilt von der malaysischen Regierung, schlägt in dem Land mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit derzeit hohe Wellen. Kein geringeres Medium als die Tageszeitung „National Daily" der malaysischen Regierungspartei berichtete in diesen Tagen von den angeblichen Bestrebungen von Christen, das Land zu einem christlichen Staat umzumodeln; das Blatt beruft sich auf einen muslimischen Blogger, der die Anklage im Internet erhob. Pater Lawrence Andrew ist Herausgeber der in Malaysia erscheinenden katholischen Wochenzeitung „Herald". Er wertet solche Berichte im Interview mit Radio Vatikan als „psychologischen Terrorismus".
„Der Regierung wird langsam klar, dass sie im Volk an Popularität verliert, die sie eigentlich haben will. Und deshalb will sie Unbehagen schüren, das dann Verwirrung und Angst im Volk stiftet. Das ist eine Art psychologischer Terrorismus in unserem Land."
Freilich habe die Regierung die Geschichte nicht selbst in die Welt gesetzt. Die Zeitung habe aber die Aussagen des Bloggers ohne Angabe von Fakten zur Headline gemacht, so der Geistliche, und die Regierung die Geschichte trotz wackeliger Faktenlage als „ernste Beschuldigung" ausgewiesen, auf die sie „reagieren" wolle. Damit greife die Führung wohl opportunistisch die Stimmung im Land auf:
„Wir beobachten, dass sich seit der Tötung von Osama Bin Laden hier eine Art Unbehagen darüber breit gemacht hat, dass der Westen einen – so wird er hier genannt – Märtyrer umgebracht hat. Radikale Muslime assozieren Christen mit dem Westen; und diese Geschichte hier ist vielleicht ein Reflex."
Pater Andrew findet die Verschwörungstheorie absurd – schließlich stellten die Christen in dem Land, Katholiken und Protestanten zusammen, nicht einmal 10 Prozent.
„Wie sollte das in unser Situation überhaupt gehen? Wir würden als christliche Minderheit nie die Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament bekommen, um den Staat so zu verändern, nicht mal in zwanzig Jahren ginge das!" (rv)