Wachwechsel auf dem Mittelmeer: Ab dem 1. November kümmert sich die Europäische Union um die Flüchtlinge aus Afrika, die über das Meer nach Italien kommen. Die ‚Triton’ genannte Aktion hat im Gegensatz zu ihrem Vorgänger, der Aktion ‚Mare Nostrum’ der italienischen Marine, aber nicht die Rettung der Menschen zum primären Ziel. Das sei Grund zur Sorge, sagt gegenüber Radio Vatikan Kardinal Antonio Maria Vegliò, im Vatikan zuständig für Flüchtlinge und Migranten.
„Bei ‚Mare Nostrum’ ging es um die Hilfe für die Migranten, bei Triton geht es um den Schutz der Grenzen, das ist ein großer Unterschied. Das Problem der Migration ist nicht einfach; Tausende von Menschen verlassen ihr Land – oder besser, müssen ihr Land verlassen -, um Gefahren zu entkommen. Wir wissen sehr wohl, was zur Zeit in Syrien, im Irak, in Äthiopien passiert, und die Liste dieser Länder hat ja kein Ende! Wenn ich mich richtig erinnere, ist ‚Mare Nostrum’ nach dem 3. Oktober vor zwei Jahren entstanden – nach der Katastrophe im Mittelmeer, bei der 368 Menschen ums Leben kamen.“
Seitdem wird in Italien und Europa gestritten: Einige Politiker behaupten, die Hilfs- und Rettungsaktion der Marine ermutige geradezu zur Flucht und erreiche darum das Gegenteil ihrer Absicht. Doch der Kardinal meint:
„Das ist bösartig und gefühllos, so zu denken! Diese Menschen sind in Nordafrika, meistens nachdem sie die Wüste durchquert haben. Wer weiß schon, wie viele ums Leben kamen, bevor sie Libyen erreichten? Dort werden sie dann in Lager gesteckt, im Vergleich mit denen unsere Viehställe komfortabler und hygienischer sind. Wie können wir da den Menschen in Todesgefahr nicht helfen? Diejenigen, die gegen ‚Mare Nostrum’ sind, sagen, dass doch auch wir Probleme haben. Aber diese Menschen sind meistens Flüchtlinge, es sind Menschen, die vor Lebensgefahr fliehen! Es ist schlimm, sehr schlimm zu sagen ‚Was geht mich das an?’. Das ist nicht nur nicht christlich, das ist, denke ich, noch nicht einmal menschlich.“
Das Phänomen der Migration habe niemals ein Ende, so Vegliò, zumal die Hilfe auch auf sich warten lasse. 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hätten die Länder Europas als Hilfe versprochen, doch bisher würden nur zwei skandinavische Länder das auch tatsächlich erfüllen. (rv)