Eine „schockierende Eskalation der Gewalt": So nennen die Bischöfe von Südafrika das Massaker von Marikana. Über dreißig Menschen kamen dort am Donnerstag in einer Platinmine ums Leben, als die Polizei gegen Streikende vorging; fast achtzig Menschen wurden verletzt. Es war offenbar der blutigste Polizeieinsatz seit dem Ende der Apartheid in Südafrika im Jahr 1994. Die Polizisten verteidigen sich mit dem Hinweis, viele der Streikenden seien mit Macheten auf sie losgegangen. Im Lauf der Streikwoche sollen die Minenarbeiter zwei Polizisten totgeschlagen und einen Wachmann in seinem Auto lebendig verbrannt haben.
Der italienische Missionar Gianni Piccolboni arbeitet in der Nähe von Marikana. Im Gespräch mit Radio Vatikan erläuterte er die Hintergründe.
„Man kann schon sagen: Wo es Minen gibt, da ist die Lage fast immer katastrophal. Ich war vor kurzem mit dem Auto in der Gegend der Platinminen, mein Eindruck war: Zuviele Menschen auf einem Haufen und ohne Organisation. Da leben 30.000 Menschen weitab von jeder Stadt; das Förderunternehmen baut zwar angeblich einige Baracken für die Arbeiter, aber sowohl bei den Gold- wie bei den Silberminen haben sich in den letzten fünfzig Jahren unglaublich viele Konflikte, Unordnung und Kriminalität entwickelt. Diese Männer, die acht Stunden täglich unter Tage verbringen, sind nicht mehr dieselben, wenn sie abends rauskommen, sie sind nervös, ungeduldig. Sie fordern mit Recht ein Gehalt, das der Schwere ihrer Arbeit angemessen wäre, sie fühlen sich ihrer Rechte beraubt, gezwungen zu einem Leben unter unmenschlichen Umständen."
Die Meldungen von der Gewalt in Marikana haben viele Südafrikaner bestürzt: „Die Zeitbombe tickt nicht mehr, sie ist jetzt hochgegangen", urteilt eine Zeitung. Viele fühlen sich an die bleierne Zeit des Apartheid-Regimes erinnert.
„Die Apartheid zwischen Weißen und Schwarzen ist ja noch gar nicht richtig vorbei! Das wird noch viel Zeit brauchen. Zwar ändert sich vieles in Südafrika mit der Zeit zum Besseren, das Land ist auf einem interessanten Weg, aber den Krieg zwischen Armen und Reichen wird es hier immer geben. Und leider trägt in dieser Sache auch der Westen einen Teil der Verantwortung, denn von den großen Unternehmen, die in Südafrika investieren – Anglo American, De Beers – kommt ja keiner, um hier Sozialarbeit zu leisten: Die kommen, weil sie Interessen haben. Und diese Interessen lasten dann auf den Armen, das war immer schon so." (rv)