Mit einer großen Messe auf dem römischen Petersplatz ist das „Jahr der Priester" zu Ende gegangen. Mit Benedikt XVI. konzelebrierten 15.000 Priester aus aller Welt; der Papst ermutigte sie, auch in schwierigen Zeiten ihrer Berufung treu zu bleiben. Und: Er bat Gott und die Menschen um Vergebung für kirchliche Missbrauchsskandale.
Die große Heiligenlitanei setzte am Freitag den Schlußakzent des Priesterjahres: Auch der heilige Jean-Marie Vianney wurde da angerufen, der beinahe – so hatten ursprüngliche Planungen gelautet – in diesem Moment zum Patron der Priester erhoben worden wäre. Auf der „Piazza San Pietro" in der prallen Sonne: Tausende von Geistlichen in weißen Gewändern, die feierlich ihre Versprechen vom Weihetag erneuern. Der Papst erinnert an das Herz-Jesu-Fest an diesem Freitag, er vertraut seine Mitbrüder im Priesteramt feierlich dem Unbefleckten Herzen Mariens an – und er mahnt die Priester eindringlich, keine „einsamen Wölfe" zu sein.
„Liebe Mitbrüder, wo kein Zusammenhalt ist, da gibt es keinen Fortschritt. Wenn wir miteinander verbunden bleiben, wenn wir in Christus, dem wahren Weinstock, bleiben, dann können wir starke und lebendige Zeugen der Liebe und der Wahrheit sein, können uns die Winde des Augenblicks nicht verbiegen oder brechen. Christus ist die Wurzel, die uns trägt und uns Leben gibt. Danken wir dem Herrn für die Gnade des Priestertums; dafür, daß er uns jeden Tag neu Gelegenheit gibt, in seiner Nachfolge gute Hirten zu sein!"
Ein Priester sei „nicht einfach ein Amtsträger", so der Papst:
„Er tut vielmehr etwas, das kein Mensch aus sich heraus kann: Er spricht in Christi Namen das Wort der Vergebung für unsere Sünden und ändert so von Gott her den Zustand unseres Lebens. Er spricht über die Gaben von Brot und Wein die Dankesworte Christi, die Wandlungsworte sind (und die) die Elemente der Welt verändern: die Welt auf Gott hin aufreißen und mit ihm zusammenfügen. So ist Priestertum nicht einfach „Amt", sondern Sakrament: Gott bedient sich eines armseligen Menschen, um durch ihn für die Menschen da zu sein und zu handeln. Diese Kühnheit Gottes, der sich Menschen anvertraut, Menschen zutraut, für ihn zu handeln und da zu sein, obwohl er unsere Schwächen kennt – die ist das wirklich Große, das sich im Wort Priestertum verbirgt."
Ohne Umschweife erinnerte Benedikt XVI. aber auch an die Missbrauchsskandale, die der Kirche gerade in den letzten Monaten zu schaffen gemacht haben:
„Es war zu erwarten, daß dem bösen Feind das neue Leuchten des Priestertums nicht gefallen würde… So ist es geschehen, daß gerade in diesem Jahr der Freude über das Sakrament des Priestertums die Sünden von Priestern bekannt wurden – vor allem der Mißbrauch der Kleinen, in dem das Priestertum als Auftrag der Sorge Gottes um den Menschen in sein Gegenteil verkehrt wird. Auch wir bitten Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung und versprechen zugleich, daß wir alles tun wollen, um solchen Mißbrauch nicht wieder vorkommen zu lassen; daß wir bei der Zulassung zum priesterlichen Dienst und bei der Formung auf dem Weg dahin alles tun werden, was wir können, um die Rechtheit der Berufung zu prüfen, und daß wir die Priester mehr noch auf ihrem Weg begleiten wollen, damit der Herr sie in Bedrängnissen und Gefahren des Lebens schütze und behüte."
„Wenn das Priesterjahr eine Rühmung unserer eigenen menschlichen Leistung hätte sein sollen", so der Papst, „dann wäre es durch diese Vorgänge zerstört worden." Aber es gehe „gerade um das Gegenteil: Das Dankbar-Werden für die Gabe Gottes, die sich „in irdenen Gefäßen" birgt und die immer wieder durch alle menschliche Schwachheit hindurch seine Liebe in dieser Welt praktisch werden läßt."
„So sehen wir das Geschehene als Auftrag zur Reinigung an, der uns in die Zukunft begleitet und der uns erst recht die große Gabe Gottes erkennen und lieben läßt."
Priester sollten Hirten sein und ihre Schäfchen „von Gott her kennen". Sie sollten als gute Hirten auch einmal den Stock einsetzen, um den Glauben zu schützen „gegen die Verfälscher". „Heute sehen wir, daß es keine Liebe ist, wenn ein für das priesterliche Leben unwürdiges Verhalten geduldet wird", so der Papst wörtlich. „So ist es auch nicht Liebe, wenn man die Irrlehre, die Entstellung und Auflösung des Glaubens wuchern läßt, als ob wir den Glauben selbst erfänden. Als ob er nicht mehr Gottes Geschenk, die kostbare Perle wäre, die wir uns nicht nehmen lassen." Durch Versuchungen oder Mutlosigkeit sollten die Priester sich nicht irremachen lassen: „Auch in diesen finsteren Tälern des Lebens ist ER da."
„Ja, Herr, zeige mir in den Dunkelheiten der Versuchung, in den Stunden der Verfinsterung, in denen alle Lichter zu erlöschen scheinen, daß du da bist. Hilf uns Priestern, daß wir den uns anvertrauten Menschen in diesen dunklen Nächten beistehen können. Ihnen dein Licht zeigen dürfen."
Fürbitten in allen großen Sprachen der Welt machten deutlich, dass an diesem Freitag auf dem Petersplatz gewissermassen die ganze Weltkirche zu Hause war. In Erinnerung bleiben wird das Weiß der Messgewänder auf der ganzen Piazza: Ausnahmsweise einmal war der Papst nicht der Einzige in Weiß. Wie sagte doch Kardinal Claudio Hummes, der Präfekt der vatikanischen Kleruskongregation: „Am liebsten wäre uns, das Priesterjahr würde gar nicht mehr enden… und wir könnten unser ganzes Leben lang solche Aufmerksamkeit für unseren Dienst spüren, und soviel Unterstützung durch die Gläubigen."
Am Donnerstag Abend hatten in der vatikanischen Audienzhalle mehr als 20 Seelsorger ihre Erfahrungen aus dem priesterlichen Alltag vorgestellt. „Wir haben ein Massaker an einer Schule überlebt", berichtete der eine aus Burundi, „Ich habe mit Hilfe meiner Gemeinde den Alkoholismus überwunden", sagte ein zweiter aus Deutschland. Veranstalter des Treffens waren die Fokolar- und die Schönstatt-Bewegung. (rv)