VATIKANSTADT – 100 Jahre nach dem Völkermord und mitten im Jahr der Barmherzigkeit: Die Armenien-Reise von Papst Franziskus vom 24. bis 26. Juni findet vor dem Hintergrund einer besonderen Zeit in der Geschichte des Landes statt. Darauf hat der Botschafter Armeniens am Heiligen Stuhl hingewiesen. Mikael Minasyan sagte, das armenische Volk habe durch seine Geschichte gelernt, stark zu sein. Er erinnerte an den Völkermord des Osmanischen Reiches während und nach dem ersten Weltkrieg, dem etwa 1,5 Millionen Armenier und andere Christen der Region zum Opfer fielen.
Das Jahrhundertgedenken an den Genozid diene auch dazu, Fortschritte anzuerkennen und der Heilung Rechnung zu tragen, fügte er hinzu.
„Die Armenier haben der ganzen Welt gezeigt, was es bedeutet, eine Ungerechtigkeit zu bewältigen. Sie gaben der Welt die Möglichkeit zu verstehen, was ein Völkermord anrichtet, und was die Leugnung eines Völkermords ist. Lassen Sie uns nicht vergessen, dass der Begriff des „Genozids“ definiert wurde anhand einer Studie des Völkermords an den Armeniern.“
Der Botschafter sagte auch, dass diese Jahr Gelegenheit biete, jene zu würdigen, welche die Armenier unterstützt haben und auf den Völkermord aufmerksam gemacht haben. Dazu gehöre auch Papst Franziskus, der anerkannt habe, dass der Völkermord auch religiös motiviert war, so der Botschafter.
Ökumene des Bluts: Messe für die christlichen Märtyrer
In der heiligen Messe am Barmherzigkeitssonntag, dem 12. April 2015, hatte der Papst den Massenmord der türkischen Osmanen als Völkermord bezeichnet – ein Begriff, der auch 2001 in der gemeinsamen Erklärung des heiligen Papstes Johanes Paul II. und dem armenischen Obersten Patriarchen Karekin II. verwendet wurde. Franzisus feierte die Messe an jenem Jahrestag des Jahrhundertgedenkens für die Gläubigen des armenischen Ritus, den die Armenier auch Metz Yeghern nennen, das Martyrium.
„Wir sind allen Menschen wirklich sehr dankbar, vom kleinsten bis zum größten, auch Papst Franziskus, der etwas Historisches damit leistete, im April diese Messe zu feiern und dabei die Dinge beim Namen zu nennen, und einen weiteren Begriff dafür zu prägen, eine „Ökumene des Bluts“. Denn die Armenier wurden auch vernichtet, weil sie Christen sind.“
„Papst Franziskus unternahm sicherlich einen absolute fundamentalen Schritt, indem er zur Messe im Petersdom die Hierarchie der Armenischen Apostolischen Kirche und der armenisch-katholischen Kirche einlud, und den heiligen Gregor von Nazianz zum Kirchenlehrer der universalen Kirche erklärte.“ Der Kirchenvater war Patriarch von Konstantinopel im vierten Jahrhundert.
Bereits seit seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires pflegt Franziskus enge Beziehungen mit den Armeniern. Argentinien war nach den Massakern und Massenmorden durch Muslime im ersten Weltkrieg Ziel vieler armenischer Flüchtlinge. Heute hat das lateinamerikanische Land eine der größten armenischen Gemeinden der Welt.
Auf dem nun veröffentlichten offiziellen Programm des Papstes bei seiner Armenien-Reise im Juni steht auch ein Besuch des Denkmal-Komplexes Zizernakaberd. Hier versammeln sich jedes Jahr am 24. April Armenier, um der Opfer des Völkermords zu gedenken. Außerdem wird es eine Reihe ökumenischer Begegnungen geben, Gespräche mit Vertretern anderer Religionen, und gemeinsame Gebete für den Frieden.
Das armenische Volk sei „hoch erfreut“ darüber, dass der Papst sie besuche, sagte der Botschafter des Landes, weil Franziskus ein großer Unterstützer der Armenier gewesen sei. Wie Minasyan betonte, sei dies vor allem wichtig, weil türkische Politiker bis heute den Völkermord abstreiten und massiven Druck auf alle auszuüben versuchen, die darauf hinweisen. Auch wenn die meisten Türken selber den Genzozid nicht mehr abstreiten würden, und auch privat Politiker dies einräumten, würden sie dies öffentlich leugnen.
Der Botschafter erinnerte in diesem Zusammenhang auch den andauernden Völkermord des Islamischen Staates an Christen und anderen in der Region sowie die Islamisierung der türkischen Regierung wie der ganzen Region. Die Anerkennung des Papstes und sein Gedenken des Völkermords an den Armeniern sei vor diesem Hintergrund besonders wichtig, so Minasyan.
„Jetzt sehen wir, dass in den letzten 100 Jahren die Zahl, der Prozentsatz der Christen radikal nachgelassen hat. In den vergangenen fünf Jahren war es wirklich dramatisch. Ich will nicht alles in einen Topf werfen, aber angefangen hat dies mit dem Völkermord an den Armeniern.“ (CNA Deutsch)