Papst an Paraguays Politik: Mahnung zu stabiler Demokratie

ParaguayIn den Gärten des Präsidentenpalastes Lopez in Asuncion hielt Papst Franziskus ein berauschendes und persönliches Plädoyer für eine bessere Welt und ein besseres Paraguay – gegen ein Vergessen der Geschichte, für die Förderung des Dialogs und der demokratischen Werte, sowie für ein wirtschaftliches Wachstum, das den Armen in den Mittelpunkt stellt.

Die musikalische Untermalung des Treffens setzte sich nicht aus Zufall aus Stücken der Jesuitenreduktionen Paraguays zusammen. Paraguay war im 17./18. Jahrhundert Kernland der früheren sogenannten Jesuiten-Reduktionen, dem Orden, welchem auch Papst Franziskus angehört. Doch die Missionssiedlungen seines Ordens gingen ab 1756 gegen den Willen der Jesuiten in einem Blutbad der Kolonialarmeen unter. Mehr als 6.000 Indios wurden ermordet.

Der Papst mahnte dazu, die Militärdiktatur des Landes (1954-1989) aufzuarbeiten. An ihrer Spitze stand der deutschstämmige General Alfredo Stroessner, der das Land mit eiserner Hand regierte. Papst Johannes Paul II. hatte damals Anteil an seinem Sturz. Bislang widmete sich Paraguay diesem Schreckenskapitel kaum.

Der Binnenstaat habe immer schon eine schwierige Geschichte gehabt, betonte Franziskus. Bis zu seinen ersten Schritten zur Unabhängigkeit, aber auch vor noch nicht allzu langer Zeit. „Die Geschichte Paraguays hat schreckliches Leid des Krieges erlebt, Brudermord, Unterdrückung von Freiheit und Verstöße gegen die Menschenrechte. Wie viel Leid, wie viel Tod! Es ist bewundernswert, wie hartnäckig und mit welchem Geist das paraguayische Volk diese Unglücke überstand und weiterhin Kräfte aufbringt, eine blühende und friedliche Nation aufzubauen.“

Auch der Palast selbst sei Zeuge der Geschichte, betonte der Papst. Dieser war einst noch das Ufer des Flusses, den viele Guarani nutzten. Franziskus bedachte, all den „namenlosen“ Paraguayern, die nicht in den Geschichtsbüchern genannt werden, doch die die wahren Protagonisten der Geschichte waren. Eine große Rolle hatten vor allem die Frauen des Landes.

„Auf den Schultern der Mütter, der Ehefrauen, der Witwen war die schwerste Last. Sie waren im Stande, ihre Familien und ihr Land voranzubringen und pflanzten in den neuen Generationen eine Hoffnung für ein besseres Morgen. Gott segne die paraguayische Frau“. Ohne es hier wörtlich zu nennen spielt Papst Franziskus offensichtlich auch auf seine persönliche Geschichte an. Als Jesuitenprovinzial hatte Bergoglio in Buenos Aires zur Rettung zahlreicher Menschen vor dem Staatsterror beigetragen. Doch für seine erste Arbeitsgeberin, die Paraguayanerin und Menschenrechtsaktivistin Esther Ballestrino de Careaga (1918 – 1977) konnte er leider nichts tun. Sie kämpfte für die Auffindung der vielen Entführungsopfern des Regimes und wurde schließlich selbst Opfer der Diktatur. Papst Franziskus prangerte an, dass niemand die Geschichte vergessen dürfe. Die Vergangenheit müsste aufgedeckt werden.

„Ein Volk, dass seine Vergangenheit, seine Geschichte vergisst und damit seine Wurzeln, hat keine Zukunft. Das Gedächtnis, welches sich unerschütterlich auf die Basis Gerechtigkeit stützt, ist frei von Rachegelüsten und Hassgefühlen und verwandelt die Vergangenheit in eine Quelle der Inspiration um eine Zukunft des Zusammenlebens aufzubauen. Denkt an die Tragödie und die Absurdität des Krieges. Nie mehr Krieg unter Brüdern!“

Mit den Bruderkriegen sind die Kriege innerhalb Lateinamerikas der vergangenen 200 Jahre mit ihren vielen Opfern gemeint. Die Arbeit für den Frieden solle nie ruhen und der Dialog soll den gemeinsamen friedlichen Weg bereiten. Für Papst Franziskus sei es die Zusammenarbeit, die zähle. Dazu gehöre auch das Zulassen von anderen Meinungen. Paraguay sei laut Franziskus auf dem richtigen Weg in der Konstruktion einer „soliden, stabilen und demokratischen“ Basis, dies sei auch in der Verfassung verankert. Eine der großen Herausforderungen sei der Kampf gegen die Korruption im Lande und der Wille zum Gemeinwohl. Eine Wirtschaft, die den Schwächsten und den Ärmsten nicht in den Mittelpunkt stelle, sei zum Scheitern verurteilt. Wirtschaftswachstum müsse menschenwürdig sein. Der Papst nannte auch Details.

„Es wurden wichtige Schritte auf dem Gebiet des Bildungs- und Gesundheitswesens gemacht. Die Bemühungen aller gesellschaftlich Handelnden mögen nicht aufhören, bis es keine Kinder ohne Zugang zu Bildung mehr gibt, keine Familien ohne Heim, keine Arbeiter ohne menschenwürdige Arbeit, keine Landwirte ohne urbares Land und keine Menschen, die zur Migration auf eine unsichere Zukunft hin gezwungen sind; bis es keine Opfer von Gewalt, Korruption und Drogenhandel mehr gibt.“ (rv)

Lombardi: „Bergoglio hat während der Militärdiktatur Menschen geholfen“

Pater LombardiDer Pressesprecher des Heiligen Stuhls, Pater Federico Lombardi, hat an diesem Freitag Stellung zu den Vorwürfen gegen Papst Franziskus bezogen, er habe während der Zeit der Militärdiktatur eine unklare Haltung gegenüber der Junta eingenommen. Mit deutlichen Worten wies Pater Lombardi darauf hin, dass die Kampagne gegen Bergoglio „bestens bekannt und bereits mehrere Jahre alt“ sei. Zudem werde sie durch ein Publikationsorgan verbreitet, das auf solche teils auch rufschädigenden und verleumderischen Kampagnen spezialisiert sei. „Der antiklerikale Hintergrund dieser Kampagne sowie anderer Vorwürfe gegen Bergoglio ist bestens bekannt und auch offensichtlich“, so Lombardi wörtlich.

Die Vorwürfe beziehen sich auf die Zeit, in der Bergoglio noch nicht Bischof war, sondern Provinzialoberer der Jesuiten in Argentinien. Zwei Priester sind durch die Militärjunta entführt worden und fünf Monate lang festgehalten worden. Bergoglio, so die Anklage, habe sie angeblich nicht geschützt. Pater Lombardi unterstrich, dass es nie eine konkrete und glaubwürdige Anklage gegen Bergoglio gegeben habe. Die argentinische Justiz habe ihn einmal als Zeugen befragt, ihn aber nie irgendeiner Verfehlung angeklagt. Er wiederum habe den Vorwürfen auf eine gut dokumentierte Weise widersprochen.

Pater Lombardi betonte, dass es im Gegenzug zahlreiche Erklärungen gebe, die beweisen, wie viel Bergoglio getan habe, um viele Menschen in Zeiten der argentinischen Militärdiktatur zu schützen. Ebenfalls bekannt sei die Rolle Bergoglios – in seiner Zeit als Bischof – bei der Beförderung der Bitte nach Vergebung durch die argentinische Kirche, weil sie in Zeiten der Diktatur nicht genug getan habe. Pater Lombardi wörtlich:

„Die Anklagen lassen sich einem Gebrauch von historisch-soziologischen Analysen des Zeitraumes der Diktatur zuordnen, die seit Jahren von Elementen des antiklerikalen linken Spektrums vorangetrieben werden, um die Kirche anzugreifen. Diese müssen mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden.“ (rv)