Dramatische Lage in Elfenbeinküste: Britischen Medienberichten zufolge haben bis zu 30.000 Menschen Zuflucht auf einer katholischen Missionsstation in Duékoué gesucht. Nach Informationen der BBC war es in der im Westen des Landes gelegenen Großstadt zuvor zu Kämpfen gekommen; Hintergrund ist offenbar die Rückeroberung der Stadt durch Truppen des international anerkannten Präsidenten Alassane Ouattara. Anschließend hätten zahlreiche Menschen versucht, sich auf dem Kirchengelände in Sicherheit zu bringen. In Elfenbeinküste tobt seit mehreren Monaten ein Bürgerkrieg. Véronique Viriglio arbeitet für die katholische Nachrichtenagentur Misna. Sie erzählt im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Es ist die Rede von über 460 Toten in den letzten Monaten. Man muss natürlich vorsichtig sein bei den Zahlen; es gibt verschiedene Dinge, die noch untersucht werden müssen: die Menschen bleiben nicht am selben Ort, und Berichte über Massengräber wurden auch bislang widerlegt. Genauso ist unklar, wie viele Flüchtlinge es eigentlich gibt und wie viele Menschen evakuiert wurden."
Derzeit sind 9.000 Blauhelm-Soldaten im Land stationiert. In der vergangenen Woche kritisierten die Mitgliedsstaaten der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas, dass die internationale Gemeinschaft zu passiv sei und endlich handeln müsse. Auch ein militärischer Einsatz wurde nicht mehr ausgeschlossen. Angesichts der Umbrüche in Nordafrika sei die Situation in Elfenbeinküste in der internationalen Berichterstattung ins Hintertreffen geraten, kritisert Misna-Mitarbeiterin Viriglio.
„Das ist eine sehr ernste Krise, die sich im Stillen vollzieht und die in den Hintergund gedrängt wurde. Viele Afrikaner vor Ort sagen: „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Man hat Interesse an Libyen, denn dort gibt es Erdöl und Bodenschätze, und Frankreich will sich neu positionieren in der Region. Und dann ist da auf der anderen Seite die Elfenbeinküste, wo es eine schutzlose Bevölkerung gibt, aber weniger konkrete Interessen. Na gut, der Kakao ist wichtig, aber in diesem Augenblick hört man wenig oder so gut wie nichts über Elfenbeinküste."
Ausgebrochen war der Krieg nach der Stichwahl um das Amt des Präsidenten Ende November, die der Oppositionskandidat gewann. Der bisherige Präsident Laurent Gbagbo weigert sich jedoch, die Macht zu übergeben. In den vergangenen Monaten hat es immer wieder Vermittlungsversuche gegeben, die aber allesamt scheiterten. (rv)