Die Karwoche zu leben – das bedeutet vor allem, aus sich selbst heraus- und auf den anderen zuzugehen. Dies hat Papst Franziskus bei seiner ersten öffentlichen Generalaudienz an diesem Mittwoch auf dem Petersplatz betont. Die Pilger begrüßte er zuvor wieder mit einem entspannten „Buongiorno". Zudem kündigte der Papst an, dass er nach Ostern die Katechesereihe zum Jahr des Glaubens, die sein Vorgänger Benedikt XVI. begonnen hatte, fortsetzen werde.
Was es bedeutet, Jesus bei seinem Leiden, seinem Weg zum Kreuz und zur Auferstehung zu begleiten, machte Papst Franziskus an diesem Kar-Mittwoch noch einmal deutlich:
„Die Karwoche zu leben bedeutet nicht nur, Christus mit einem bewegten Herzen zu folgen, die Karwoche zu leben und Jesus zu folgen heißt: lernen, aus uns selbst herauszugehen. So, wie ich es vergangenen Sonntag gesagt habe, aus uns herausgehen, um den anderen entgegen zu gehen, um zu den Randgebieten des Daseins zu gehen. Lasst uns als erste zu unseren Brüdern und Schwestern gehen, besonders zu denen, die am weitesten weg sind, zu denen, die in Vergessenheit geraten sind, zu denen, die Verständnis, Trost und Hilfe brauchen. Es gibt ein sehr großes Bedürfnis, das lebendige Zeugnis des barmherzigen Jesus, der reich an Liebe ist, zu den Menschen zu bringen!"
Es gelte hier, dem Beispiel Gottes zu folgen, der ebenfalls nicht darauf gewartet habe, dass die Menschen zu ihm kämen, sondern von sich aus zu ihnen ging – ohne Berechnung und ohne Maßstab. So sei Gott, betont Franziskus: Er mache immer den ersten Schritt, er gehe den Menschen entgegen. Die Karwoche zu leben heiße, in die Logik des Evangeliums einzutreten:
„Christus folgen, ihn begleiten, bei ihm bleiben – das erfordert ein ‚heraustreten’. Heraustreten. Heraustreten aus dem Selbst, aus einer Welt, die den Glauben müde und aus Gewohnheit lebt, heraustreten aus der Versuchung, sich in den eigenen Schemata zu verschließen, die auch den Horizont der kreativen Liebe Gottes verschließen. Gott ist aus sich selbst herausgetreten, um mitten unter uns zu leben, er hat sein Zelt mitten unter uns aufgeschlagen, um uns die Barmherzigkeit Gottes zu bringen, die erlöst und Hoffnung schenkt. Wenn wir ihm folgen wollen und bei ihm bleiben wollen, dann dürfen wir uns nicht damit begnügen, mit den 99 Schafen auf der Weide zu bleiben, dann müssen wir ‚heraustreten’, dann müssen wir mit ihm das verlorene Schaf suchen, das was am weitesten entfernt ist."
Merkt Euch das gut, betonte Franziskus: „Heraustreten aus uns selbst, so wie Jesus, so wie Gott mit Jesus aus sich selbst herausgetreten ist, und so wie Jesus aus sich selbst herausgetreten ist für uns." Das sei nicht immer einfach, bequeme Ausreden gebe es zu Genüge:
„Da könnte mir jemand sagen: ‚Aber Pater, ich habe keine Zeit’, ‚ich habe so viele Dinge zu tun’, ‚es ist schwer’, ‚was kann ich mit meiner geringen Kraft denn schon tun?’, ‚auch mit meinen Sünden, mit so vielen Dingen?’ Oft begnügen wir uns mit ein paar Gebeten, einer zerstreuten sonntäglichen Messe, die nicht beständig ist. Wir begnügen uns mit einem Zeichen des Mitgefühls, aber diesen Mut, aus uns selbst ‚herauszutreten’, um Christus zu bringen, den haben wir nicht."
Hier seien viele Menschen wohl ein bisschen wie der heilige Petrus: Sobald Jesus ihm von seinem Leidensweg, dem Tod und der Auferstehung erzählt habe, habe Petrus ihn zur Seite genommen und ihm Vorwürfe gemacht. Was Jesus sagte, das verwarf all seine Pläne und es zerstörte seine Vorstellung des Messias. Jesus antwortete darauf mit einer der wohl härtesten Aussagen des Evangeliums, so Franziskus: ‚Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.’ (Mk 8,33). Gleichzeitig erinnerte Franziskus daran, nicht zu vergessen, dass Gott immer barmherzig denke, dass er der barmherzige Vater sei:
„Gott denkt wie der Samariter, der nicht am Unglückseligen vorbeigeht, ohne ihn zu bedauern, oder um es von einer anderen Seite zu sehen, er hilft ihm, ohne irgendetwas dafür zu verlangen. Ohne zu fragen, ob er Jude oder Heide ist, ob er Samariter ist, ob er reich ist oder arm: Er fragt nichts. Er fragt nicht nach diesen Dingen, er verlangt nichts und hilft: So ist Gott."
Auf Italienisch grüßte Franziskus auch alle deutschsprachigen Pilger:
„Ganz herzlich grüße ich alle Brüder und Schwestern aus den Ländern deutscher Sprache. Besonders in diesen österlichen Tagen können wir Gottes Nähe erfahren, wenn wir uns auf ihn einlassen, wenn wir sein Wort aufmerksam hören und sein Erbarmen im Sakrament der Beichte und in der Eucharistie empfangen. Ich wünsche uns allen, dass wir diese Tage mit Hingabe feiern und unsere Mitmenschen mit einem Strahl der Liebe Gottes beschenken. Frohe Ostern euch allen!" (rv)