„Wer steuert den Islamischen Staat fern?“

Islamischer Staat unter Druck: In Syrien hat die Offensive auf Raqqa begonnen, die „Hauptstadt“ der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS). Und auch in der nordirakischen Millionenstadt Mossul gerät die Bande immer stärker unter Druck. Am Samstag hat die irakische Armee ihr ein weiteres Stadtviertel im Westteil der Stadt abgenommen, jetzt halten die Terroristen nur noch drei Stadtteile Mossuls… darunter die Altstadt.

Auch wenn die Kämpfer der Terrogruppe ihre Haut teuer zu Markte tragen: Jetzt fängt die Diskussion an, was nach dem Sieg über den IS mal aus Mossul werden soll. Und aus dem Irak überhaupt.

„Der IS ist ein Problem – aber er ist nicht d a s Problem“, sagt im RV-Interview Jean-Benjamin Sleiman, der „lateinische“ Erzbischof von Bagdad. „Das wirkliche Problem sind die Hintermänner, die für die Gründung des IS gesorgt haben. Das sind extrem intelligente Leute mit genauen Kenntnissen der islamischen Welt und Gesellschaft. Sie sind das wirkliche Problem! Denn der IS macht die Drecksarbeit, aber wer sind die Manipulatoren im Hintergrund? Wer steuert die Gruppe fern, wer finanziert sie? Wer hält die Hand über sie? Diese Fragen muss man sich stellen, denn der Islamische Staat ist nicht nur ein Problem für den Irak oder die Region, sondern eine Gefahr für die ganze Welt. Man darf keine Tiger heranzüchten, sonst zerreißen sie einen eines Tages…“

„Ein gewisser Beduinen-Instinkt“

Typisch orientalische Verschwörungstheorien, könnte man denken. Aber so einfach ist das nicht: Schon vielen Experten ist aufgefallen, wie eng im Irak führende Köpfe des gestürzten Regimes von Saddam Hussein mit dem IS verbandelt sind. Sie haben den Widerstand gegen die amerikanischen Besatzer im Irak mit dem Unmut der sunnitischen Stämme zusammengerührt, dem Mix eine für viele attraktive islamistische Zutat gegeben, fertig war das Terrorsüppchen.

„Natürlich sind jetzt alle glücklich, dass der IS aus Mossul herausgefegt wird! Aber was nach dem IS kommt, bereitet doch auch Sorgen. Und zwar in mehrfacher Hinsicht. Zum einen stehen die befreiten Gebiete, auch die in der Niniveh-Ebene, im Mittelpunkt eines heftigen Streits – seit langem schon, schon seit dem Sturz des Regimes (von Saddam Hussein). Jetzt kriegt der Stärkste, der sich als erster darauf stürzt, wohl den Löwenanteil.“ Das zielt auch auf die kurdischen Milizen, die an der Befreiung von Mossul mitwirken.

„Hinzu kommt, dass sich einige Familien aus Not, vielleicht aber auch aus einem gewissen Beduinen-Instinkt heraus – entschuldigen Sie bitte diese Formulierung – sich das Eigentum der anderen angeeignet haben. Wir sind in diesem Land schon daran gewöhnt: Wenn sich jemand Ihr Haus angeeignet hat, und Sie schaffen es mithilfe der Behörden oder der Justiz, das Haus wiederzubekommen, dann müssen sie diesen Leuten eine Art Entschädigung zahlen.“

„Der Irak ist nicht mehr mein Land“

Probleme dieser Art gebe es viele, sagt der Erzbischof. Sie machten geflohenen oder vertriebenen Christen eine Rückkehr in ihre vom IS befreite Heimat schwer. „Wenn das jetzt nur, sagen wir mal, materielle Probleme wären – an sowas sind wir gewöhnt, das würden wir hinkriegen. Aber das eigentliche Problem besteht beim Vertrauen.“

Der Spaltpilz IS hat die Einzelteile der irakischen Gesellschaft auseinandergetrieben, Ergebnis ist ein allgemeines Misstrauen und der Eindruck: Mit unseren alten Nachbarn wollen wir nicht mehr Wand an Wand wohnen. Mehr noch. „Wenn Ihnen ein Iraker sagt: Der Irak ist nicht mehr mein Land – dann geht das über Nachbarschaftskonflikte oder um einen Streit über ein besetztes Haus weit hinaus. Das geht sehr weit. Und das ist einer der Gründe für den irakischen Exodus. Es gibt noch andere Gründe, aber der Verlust des Vertrauens ist sicher fatal.“

Wenn man den Irak retten wolle, so Erzbischof Sleiman, dann müsse man dafür sorgen, dass der Staat wieder wirklich zum Staat werde. „Wenn man die Geschichte mal im Zeitraffer sieht: Das Regime fällt, fast alle staatlichen Einrichtungen lösen sich auf, nach ein paar Monaten der Anarchie wird der Staat neu gegründet – und diese Neugründung besteht aus kleinen, aus Mini-Staaten. In der Zwischenzeit haben sich viele Milizen, Parteien usw. gebildet, mit diesem Material also hat man den Irak neu gegründet. Aber ein Staat müsste eigentlich viel mehr sein als ein Zusammenschustern von lauter Mini-Staaten!“

„Nicht auf die Widersprüche starren“

Wenn der Staat funktionieren würde, dann gäbe es „überhaupt kein Problem, nicht für die Christen, nicht für alle anderen“, sagt Erzbischof Sleiman. Doch die Zentralgewalt in Bagdad sei einfach zu schwach, um das Gebilde Irak mit allen seinen widerstreitenden Interessen zusammenzuhalten. „Die erste Aufgabe eines Staates besteht darin, die Sicherheit in der Gesellschaft zu gewährleisten. Heute sind die Minderheiten, darunter die Christen, zur Zielscheibe geworden. So etwas mindert nicht nur das Vertrauen – es tötet es.“

Aber der lateinische Erzbischof von Bagdad bemüht sich auch, nicht nur schwarzzumalen. Doch, es gebe durchaus schon Christen, die jetzt in ihre Dörfer in der Niniveh-Ebene zurückkehrten. Oder die schon die Koffer packten, um einen Neuanfang in der alten Heimat zu wagen. „Es gibt auch einige, die jetzt nicht zurückkehren können, auch wenn sie es gerne wollen, weil ihre Häuser abgebrannt oder ausgeplündert sind. Also, da steht uns allen viel Arbeit bevor… Ich glaube, es ist wichtig, Mut aufzubringen und nicht auf die Widersprüche zu starren, die ich aufgezählt habe.“

Zu Trump: „Wo sind die Werte?“

Der neue US-Präsident Donald Trump hat unlängst auf seiner ersten Auslandsreise den Nahen Osten – konkret Saudi-Arabien und Israel – besucht. Aus Riad brachte er einen milliardenschweren Rüstungsdeal mit nach Hause. Was sagen Sie zu Trump, Herr Erzbischof? „Wissen Sie – viele Menschen im Irak haben mit Trumps Reise jetzt nicht besonders viel Hoffnung verbunden. Aus meiner Sicht ist Trump in die USA zurückgekehrt und hat da gesagt: Guckt mal, ich bringe euch Milliarden Dollar mit, ihr könnt zufrieden sein! (Lacht) Alles gut und schön – aber der Friede auf der Welt und unsere Zukunft bestehen nicht nur aus Dollars. Vor allem, wenn diese Dollars auf nicht ganz klare Weise zusammengerafft werden.“

Nein, große Hoffnungen hätten die Christen im Irak auf Trump nicht gesetzt – das ist ein interessanter Befund, denn viele Kirchenleute im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien können dem neuen Mann im Weißen Haus durchaus einiges abgewinnen.

Bestürzt ist Erzbischof Sleiman über die Kriegsgefahr am Golf – darüber, dass Saudi-Arabien und einige Verbündete Katar isolieren. „Man wirft Katar vor, Terror zu unterstützen – aber man sollte sich mal genau ansehen, wer da diesen Vorwurf erhebt. Wer es ist, der den ersten Stein wirft. Das alles trägt zu unserem Leiden bei. Wir träumen von einer friedlichen Welt – von einer Welt, in der es ein bisschen Wahrheit gibt. Aber diese Wahrheit gibt es nicht!“ Trump hat Saudi-Arabien zunächst zu seiner Kampagne gegen Katar beglückwünscht, jetzt gerade rudern die US-Diplomaten wild durch die Gegend, weil sie ihren Militärstützpunkt in Katar nicht verlieren wollen. An die Adresse der USA hat Erzbischof Sleiman eine klare Frage: „Ich sage das mit Blick auf eine Nation, die einmal christlich war und eine christliche Kultur hatte – also eine Kultur der Werte. Wo sind die Werte?“

„Emigration gibt es nicht erst seit Saddam“

Nach einer neuen Studie haben weit mehr als die Hälfte der Christen dem Irak seit dem Sturz Saddam Husseins den Rücken gekehrt. „Wir sind nicht weit von der Zweidrittel-Marke entfernt, wenn wir ab 2003 zählen. Aber wissen Sie – das Drama der Emigration aus dem Nahen Osten, auch aus dem Irak, hat doch gar nicht erst 2003 angefangen. Da muss man eigentlich zurückgehen bis zum Ersten Weltkrieg. Das sind Dramen, die sich aneinander reihen; auch der Iran-Irak-Krieg hat den Irak ausgeblutet. Aber ich will gar nicht nur von den Christen sprechen – das Phänomen betrifft alle Iraker. Alle leiden und sind frustriert.“

Der Ölreichtum des Irak sei auch sein Fluch: Er habe dazu geführt, dass sich zu viele ausländische Staaten für das Land „interessieren“, sagt Erzbischof Sleiman. Die Menschen seien ausgelaugt, sie hätten die ewigen Kämpfe – auch die des Alltags – satt. (rv)

Warnung: „Islamischer Staat will Christen aus Ägypten vertreiben – wie im Irak und Syrien“

KAIRO -Nach dem Terroranschlag am Freitag, dem 26. Mai, bei dem 29 koptischen Christen getötet wurden, hat der Sprecher der katholischen Kirche in Ägypten, Pater Rafic Greiche, erklärt, dass der Islamische Staat beabsichtige, die Christen des Landes zu vertreiben, wie es auch schon im Irak passiert sei.

„Die Terroristen haben sich als langfristiges Ziel gesetzt, die Christen aus Ägypten zu vertreiben, so wie sie es im Irak getan haben, in dem der IS als erstes nach der Einnahme Mossuls alle Christen vertrieben hatte“, sagte der Priester am 27. Mai zur vatikanischen Nachrichtenagentur „Fides“ .

Die gleiche Situation, beklagte er, gab es zuvor in Syrien und im Sudan. „Und jetzt versuchen sie es in Ägypten, wo die erste christliche Gemeinde des Mittleren Ostens lebt und auch die größte islamische Gemeinde der arabischen Welt“, warnte er.

„Ich glaube ferner, dass die Terroristen versuchen, die ägyptische Bevölkerung zu spalten und Zwietracht zwischen Christen und Muslimen zu säen. Bislang hatten sie keinen Erfolg damit und in der Tat ist die Bevölkerung geeint in der Ablehnung von Gewalt“.

Über den Auslöser des Angriffs auf koptische Christen am 26. Mai, der von einem Dutzend Dschihadisten in der Stadt al-Minya (in Mittelägypten) verübt worden war, sagt Pater Greiche, er könnte „eine Antwort auf die Rede des ägyptischen Präsident Abd al-Fattah as-Sisi sein, die er auf der Konferenz der USA und der arabischen islamischen Welt letzte Woche in Saudi-Arabien gehalten hatte.“

„Es war eine sehr heftige und ehrliche Rede gegen den Fundamentalismus und Radikalismus gewesen“, erklärte er.

Laut Angaben der lokalen Presse endete am Sonntag, dem 21. Mai, der Gipfel des Golf-Kooperationsrates und des amerikanischen Präsidenten Donald Trump mit der Unterzeichnung eines entsprechenden Dokumentes, das von „55 Oberhäuptern und Vertretern der arabischen und islamischen Länder sowie den Vereinigten Staaten“ approbiert worden war und das von den Medien als „Wendepunkt in den Beziehungen“ qualifiziert wurde.

„Man muss den gemäßigten religiösen Dialog fördern, nicht nur in Ägypten, sondern auch in Europa. In den europäischen Moscheen gibt es Imame, die radikale und aufrührerische Reden halten“, betonte er.

„Sie können uns außerdem dabei helfen, dass unsere Bevölkerung eine bessere Erziehung zukommt“, so der Priester. (CNA Deutsch)

 

Patriarch: Amerikaner sollten nicht nur Erbil schützen

Patriarch Sako Der irakische katholische Patriarch äußert sich zum ersten Mal umfassend zu den Lufteinsätzen der USA im Nordirak. In einem Offenen Brief von diesem Sonntag zeigt sich Erzbischof Louis Raphaël Sako enttäuscht darüber, dass sich die Aktionen der Amerikaner auf den Schutz von Erbil beschränken. Erbil ist Hauptstadt der autonomen Provinz Kurdistan im Nordirak.

Natürlich freue er sich darüber, dass die nach Erbil geflüchteten Christen und Angehörige anderer Minderheiten dank der US-Luftschläge jetzt in Sicherheit seien. Doch allein im Vorort Ankawa müssten die 25.000 Christen, die dort lebten, jetzt für 70.000 Flüchtlinge sorgen. Von diesen Flüchtlingen schliefen nicht wenige „auf der Straße oder in den Parks“. In der nahegelegenen Stadt Dohuk hat die Zahl der Christen nach Angaben des chaldäischen Patriarchen von Babylon die 60.000er-Marke überschritten; die Lage in Dohuk sei „schlimmer“ als in Erbil. Außerdem seien viele Christen und Angehörige anderer Minderheiten nach Kirkuk und Sulaymaniyah geflohen, ja sogar bis in die weit entfernte Hauptstadt Bagdad. Man dürfe sich also nicht nur um Erbil kümmern, so Sako.

Der Patriarch weist auf einen wachsenden humanitären Notstand hin. In ganz Irakisch-Kurdistan herrsche dramatischer Mangel an humanitärer Hilfe: Unterkünfte, Nahrung, Wasser, Medizin würden gebraucht. „Tod und Krankheit treffen die Kinder und die älteren Leute unter den Tausenden von Flüchtlingsfamilien“, so Sako. Niemand koordiniere die Hilfen, die jetzt einliefen, das bremse ihre Wirksamkeit.

„Obamas Haltung ist enttäuschend“

In den christlichen Dörfern zwischen Mossul – das in der Hand der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ ist – und Kurdistan seien die Kirchen jetzt „leer und entweiht“; fünf Bischöfe könnten nicht mehr an ihren Bischofssitz zurückkehren, Priester und Ordensleute hätten fliehen und Missionsstationen, Krankenhäuser oder Schulen zurücklassen müssen. Nicht nur für die Kirche, sondern für alle Geflüchteten sei „das Desaster extrem“. Wörtlich fährt der Patriarch dann fort: „Die Haltung von US-Präsident Obama, nur Erbil militärisch zu schützen, ist enttäuschend“. Die Debatten über eine mögliche Teilung des Irak hält er für „erschreckend“: „Die Amerikaner wollen nicht die Stellungen des ‚Islamischen Staats’ in Mossul und der Ninive-Ebene angreifen – also fassen sie keine schnelle Lösung ins Auge, die Hoffnung geben könnte.“ Es sei „deprimierend“, darauf warten zu müssen, dass irakische Armee und kurdische Peschmerga-Kämpfer etwas gegen die islamistischen Gotteskrieger ausrichten – oder darauf, dass sich die streitenden Politiker in Bagdad endlich auf eine neue Regierung einigen.

Der Patriarch von Babylon vermisst eine „Strategie, um die Quelle der Macht und der Ressourcen der islamistischen Terroristen auszutrocknen“. Er sieht die Gefahr, dass sich die IS-Krieger dauerhaft in Teilen des Irak und Syriens einrichten. Vor welcher Wahl stünden denn jetzt die Flüchtlinge aus den Kalifats-Gebieten, fragt sich Sako. Emigrieren könnten doch nur die, die Papiere und Geld dafür hätten. Also bleiben? „In den Flüchtlingslagern darauf warten, dass der Winter kommt? Werden denn überhaupt Schulen wieder öffnen? Wird man die Kinder der Flüchtlinge in den Schulen des Kurdengebiets aufnehmen? Was wird aus dem Eigentum und der Arbeit dieser Tausenden von Unschuldigen, die Hals über Kopf aus ihren Dörfern flüchten mussten?“ Diese Fragen sollten, so Patriarch Sako, „auf dem Gewissen jedes Einzelnen und jeder Organisation lasten, damit etwas für diese Menschen getan wird.“ (rv)

Irak: Gnadenlose Jagd auf Christen

Ignatius Joseph III. Younan Die Attacken der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) gegen Christen beginnen mit voller Härte. Am Samstag verbrannten Terroristen den Sitz des syrisch-katholischen Bischofs in Mossul im Irak. Das Gebäude ist restlos zerstört, wie der syrisch-katholische Patriarch Ignatius Joseph III. Younan gegenüber Radio Vatikan sagte. Der Patriarch selbst ist in Sicherheit, er hält sich derzeit in Rom auf; Samstagmorgen traf er Erzbischof Dominique Mamberti, den Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten, also den vatikanischen „Außenminister“. Hier der Patriarch im Originalton.

„Die letzten Nachrichten sind desaströs. Wir wiederholen, was wir immer gesagt haben: Man darf Religion und Politik nicht vermischen. Wenn es Feindseligkeiten gibt zwischen Schiiten, Sunniten und anderen, darf das absolut kein Grund sein, schuldlose Christen und andere Minderheiten in Mossul und anderswo zu attackieren. Es ist auch kein Grund, ihre Kultorte, Kirchen, Bischofssitze, Pfarreien zu zerstören, im Namen einer sogenannten Terrororganisation, die weder auf die Vernunft noch auf das Gewissen hört. Unser Bischofssitz in Mossul ist vollständig verbrannt: Manuskripte, Bibliothek, alles. Und sie haben bereits damit gedroht, alle Christen umzubringen, wenn sie sich nicht zum Islam bekehren. Es ist furchtbar. Das ist eine Schande für die internationale Gemeinschaft.“

Christen gibt es inzwischen in Mossul keine mehr, sagte Patriarch Younan. Die letzten rund zehn Familien seien am Freitag geflohen, wobei die Terroristen ihnen noch an der Grenze der Stadt alle Habseligkeiten abgenommen hätten. Younan richtete via Radio Vatikan einen verzweifelten Appell an die Staatengemeinschaft.

„Wir bitten die internationale Gemeinschaft, den Grundsätzen der Menschenrechte treu zu sein, der Religionsfreiheit, der Gewissensfreiheit. Wir Christen sind im Irak, in Syrien und im Libanon zu Hause: wir sind nicht importiert worden, wir sind da seit zwei Jahrtausenden, und so haben wir das Recht, als Menschen und Bürger jener Länder behandelt zu werden. Sie verfolgen uns im Namen ihrer Religion und sie drohen nicht bloß, sondern sie machen ihre Drohungen wahr. Sie brennen nieder und sie ermorden.“

Patriarch Younan zufolge gibt es nur einen Weg, den Terror der Islamisten zu stoppen: Ihnen die Geldflüsse zu entziehen.

„Man muss ihnen alle finanziellen Hilfen streichen. Woher beziehen sie ihre Waffen? Von jenen fundamentalistischen Golfstaaten, unter stillschweigender Billigung westlicher Politiker, weil diese ihr Öl brauchen. Leider ist es so. Es ist eine Schande.“ (rv)

Irak: „Christen und Muslime wurden getäuscht“

IrakDie letzten noch verbliebenen Christen in Mossul sind den Kämpfern des „Islamischen Staates“ regelrecht in die Falle gegangen. Das berichtete gegenüber Radio Vatikan der syrisch-katholische Erzbischof der irakischen Stadt, Yohanna Petros Mouché auf Anfrage. Am Donnerstagabend seien den Christen bei einer Versammlung die Bedingungen mitgeteilt worden, zu denen sie in der Stadt bleiben dürften: Entweder sie treten zum Islam über, oder sie bezahlen eine besondere, im islamischen Recht vorgesehene Steuer für Nichtmuslime. Als dritte Option wurde den Christen das Verlassen der Stadt unter Zurücklassung jedes Eigentums genannt, so der Erzbischof. Die wenigen verbliebenen Familien rüsteten sich jetzt zum Aufbruch. Erzbischof Mouché zufolge haben die Islamisten ihre Taktik gegenüber der Bevölkerung im Vergleich zur Anfangsphase radikal verändert. Sie hätten inzwischen damit begonnen, das Eigentum der Christen zu plündern. In den vergangenen Tagen wurden die Häuser der Christen – und der sunnitischen Muslime – mit Zeichen markiert. „Die Muslime ebenso wie die Christen haben sich geirrt und sind den Terroristen in die Falle gegangen“, schrieb Erzbischof Mouché in seiner Mitteilung. „Was in diesen Tagen geschieht, haben wir noch nie erlebt.“  (rv)