Papst Franziskus hat vor seinem Abflug nach Ecuador am Sonntagmorgen zehn Obdachlose Roms getroffen. Diese wünschten dem Papst eine „gute Reise nach Lateinamerika“. Auch habe der Papst in einem Telegramm an Kolumbien, während er dieses Land überflog, „ein friedliches Zusammenleben und ein prosperierendes Wachstum“ gewünscht. Grußtelegramme übermittelt der Papst traditionell an Länder, die er bei seinen Reisen überfliegt. Damit ging Franziskus auf die Friedensverhandlungen für das südamerikanische Land ein, die sich derzeit in einer schwierigen Phase befinden. Unser Korrespondent in Quito, Mario Galgano, hat dazu mit Vatikansprecher Federico Lombardi ein Interview geführt.
RV: Wie fühlt sich Papst Franziskus nach dem 13-stündigen Flug von Rom nach Quito?
Lombardi: Er fühlt sich wohl. Er ist sehr zufrieden, hier in Quito zu sein. Das hat er auch in seiner ersten Rede bei der Ankunft gesagt. Ich glaube, er betrachtet seine persönliche Biographie, die hier in Lateinamerika begonnen hat, auch aus spiritueller und theologischer Seite. Sein geistliches Reichtum ist hier entstanden und hat sie nach Rom, also zur Universalkirche, gebracht. Nun kommt er wieder nach Hause und das mit mehr Erfahrungen als zuvor. Er hat ja in den vergangenen zwei Jahren sozusagen die gesamte Welt kennengelernt. Er war bereits in Asien, im Nahen Osten und natürlich in Europa. So hat er die Probleme dieser Welt erfahren. Nun kommt er also zurück zu seinen Wurzeln. Er spricht nun zu seinen Leuten aus einer neuen Perspektive.
Für uns Nicht-Lateinamerikaner wird das also eine sehr interessante Reise sein. Das ist die Kirche: das Reichtum der Verschiedenheiten. Er kommt ja hierhin nicht nur mit dem Aparecida-Dokument und Evangelii Gaudium, sondern er nimmt ja auch Laudato si mit, also ein Werk mit einer Reflexion über die Probleme der heutigen Welt und er hat ja aus seinen lateinamerikanischen Wurzeln die Inspiration zu dieser Enzyklika genommen. Das ist für mich persönlich, eine tiefe Erfahrung, die ich jetzt erleben darf.
RV: Wie immer besuchte der Papst vor dem Abflug die Muttergottes-Basilika Santa Maria Maggiore in Rom. Diesmal hat er noch eine weitere Begegnung hinzugefügt und zwar traf er Obdachlose.
Lombardi: Wie Sie wissen, gibt es um den Vatikan viele arme Menschen. Der Papst hatte von Anfang einen Erzbischof (Almosenmeister Konrad Krajewski, Anm. d. Red.) ernannt, der sich um sie kümmern soll. Am Sonntagmorgen ist eine kleine Gruppe von ihnen zum Papst und hat ihm eine gute Reise gewünscht. Das ist ein wichtiges Zeichen. Er hat die Armen immer in seinem Herzen. Das sind die Armen in Rom und auf der ganzen Welt. Damit sagt er uns, dass er sich immer für die Armen kümmern will, denn sie sind im Mittelpunkt des Evangeliums.
RV: Eine Besonderheit dieses Besuchs in drei lateinamerikanischen Ländern ist es – und das haben wir beispielsweise in dem Überflug-Telegramm an Kolumbien gesehen – diese politische Dimension, die den Anschein hat, die derzeitige Reise besonders zu prägen. Wie sehen Sie das? Es gibt ja in Ecuador derzeit auch viele Proteste gegen den Präsidenten Rafael Correa. Wie gehen Sie damit um?
Lombardi: Das ist die Realität dieser Länder. Es gibt immer Spannungen oder verschiedene Interessensgruppen und politische Parteien, die das ausnützen. Das ist normal. Die Frage ist: wie kann man eine Dynamik des Gemeinwohls entwickeln? Wie kann einen wirklichen Sinn der Verantwortung für alle bringen? Das sind Fragen, die an alle – für politische Verantwortliche und für das Volk – gelten. Der Papst weiß, dass das Volk eine große Verantwortung trägt. Das Volk selber muss aktiv sein und nicht einfach von politischen Akteuren abhängig sein. Der Papst bringt somit eine Inspiration für alle mit. Diese Eingebung kommt vom Evangelium und ist für das ganze Volk gültig. Es geht darum, gegen den Individualismus einzustehen und für den Sinn der Verantwortung aller. Wir werden sicherlich in den kommenden Tagen während der Papstreise in dieser Hinsicht viel dazu hören. Er wird ja die Vertreter der sogenannten „Movimenti Popolari“ – also Volksbewegungen der Gesellschaften – treffen. Und da wird es eine wichtige Rede geben.“ (rv)