Abertausende Rom-Pilger deutscher Sprache docken hier jährlich an, am Tiberufer in Sichtweite der Engelsburg: im deutschen Pilgerzentrum. Demnächst bekommt das Pilgerzentrum einen neuen Leiter. Werner Demmel, 59 Jahre alt, gebürtiger Saarländer, Priester des Erzbistums München und Freising. Um sein neues Amt kennenzulernen, ist Demmel schon seit einigen Wochen in Rom. Wir haben ihn zu einem Gespräch eingeladen und fragten ihn zunächst, wie es zu seiner Berufung kam.
„Ich will nicht sagen, dass ich wie die Jungfrau zum Kind dazu gekommen bin. Es hat sich schon einmal im Gespräch angebahnt, und ich wurde in meinem Urlaub im Juli angerufen und gefragt, ob ich dazu bereit wäre, die Aufgabe zu übernehmen – also recht plötzlich. Ich habe zugesagt, weil ich Rom liebe und weil es mein dritter Aufenthalt hier ist."
Sie waren die letzten 30 Jahre Krankenhausseelsorger und in dieser Funktion auch zwei Jahre in Rom, und da gleich im ältesten und berühmtesten Krankenhaus eingesetzt: Sie waren Seelsorger auf der Tiberinsel. Was bringt einen deutschen Priester dazu, ausgerechnet dort Dienst zu tun?
„Ich bin in Frankfurt bei den Barmherzigen Brüdern eingetreten 1975, habe die ordensinterne Ausbildung dort gemacht, Studium in Regensburg und Rom an der Gregoriana. Im lauf der Jahre hat es mich in die verschiedensten Häuser getragen. Ich bin aber seit 1999 Diözesanpriester der Diözese München und Freising. Ich war 20 Jahre bei den Barmherzigen Brüdern, und dann kam der Punkt, wo Gott mich andere Wege führen wollte."
Krankenseelsorge ist eine menschlich sehr intensive Sache, der Umgang mit Leid und mit leidenden Menschen. Inwieweit hat diese Zeit Sie geprägt? 30 Jahre Krankenhausseelsorge ist keine Kleinigkeit.
„Ich bin voll geimpft! Ich habe eine große Liebe zu kranken Menschen, sonst hätte ich es nicht 30 Jahre machen können. Über dieses Charisma des Ordens der Barmherzigen Brüder, über die Spiritualität des Heiligen Johanens von Gott muss ich sagen, ich bin geworden, was ich heute bin. Von meiner Haltung her, meiner Spiritualität her und von meinem Blick her."
Was geben die Kranken der Kirche?
„Was geben die Kranken der Kirche? Sie geben ihr ein Beispiel des Gottvertrauens und des Sich Überlassens. Vielleicht auch des Haderns. Das kommt auf die Situation des einzelnen Menschen an."
Was haben Pilger und Kranke geheimsam? Inwiefern sind Pilger auf ihre Art selbst, sagen wir, Unvollendete, Kranke, Bedürftige, Suchende?
„Ich würde die Gleichung umdrehen: auch Kranke sind Pilger. Ich will damit andeuten, dass ich 30 Jahre lang Einzelseelsorge betrieben habe, keine Gemeinde geleitet habe außer zwei Jahre. Kranke sind Pilger, das heißt auch Menschen unterwegs, die ein Ziel vor Augen haben oder auch nicht, deren Weg verstellt ist, deren Leben isoliert ist, bedroht ist durch die Krankheit, deren Leben geprägt ist durch Angst und Ungewissheit. Deshalb kann man glaube ich Kranke und Pilger vergleichen. Auch hier komme ich mit Menschen zusammen, die ein Ziel vor Augen haben, die Fragen und Erwartungen haben, vielleicht auch Enttäuschungen erleben werden auf dem Pilgerweg oder in Rom."
Mehr als nur ein Service
Sie werden am 20. November in Ihr Amt als neuer Leiter des deutschen Pilgerzentrums eingeführt. Haben Sie schon eine Vorstellung davon, was Sie gerne verwirklichen möchten?
„Ich wollte zunächst einmal ein halbes Jahr lang gut hinschauen und mit ein Bild machen. Mit welcher Erwartung kommt der Mensch zu uns? Was sind die dringendsten Fragen und Bedürfnisse? Was mir gleich auffiel, war die unterschiedliche Bezeichnung dese Zentrums. Die einen sagen deutsches Pilgerzentrum, die anderen sagen Centro Pastorale, also Pastorales Zentrum für Pilger deutscher Sprache. Ich frage mich die erste Zeit, wo ich da bin, was macht das Zentrum zu einem pastoralen Zentrum, was gehört dazu? Was kann man anbieten, dass der Pilger, der zu uns kommt, nicht nur einen Schalter erlebt, an dem er Fahrkarten bekommt für eine Audienz, sondern auch ein pastorales Geschehen ermöglicht wird? Da muss man hinschauen, ausprobieren, vielleicht eine Tageszeitengestaltung, vielleicht einen Gottesdienst. Wir haben gegenüber dem Pilgerzentrum eine wunderschöne alte Kirche, die bisher kaum genutzt wurde. Die am alten Pilgerweg liegt, der die Pilger über jahrhunderte zum Petrusgrab geführt hat. Schauen wir mal, was möglich ist!"
Werner Demmel, der neue Leiter des deutschen Pilgerzentrums in Rom. Demmel folgt auf Hans-Peter Fischer, der gleichzeitig amtierender Rektor des Camposanto Teutonico ist. Davor war mehrere Jahrzehnte lang der süditalieinische Priester Don Antonio Tedesco für die Seelsorger der deutschsprachigen Rompilger zuständig. In seiner Amtszeit übersiedelte das deutsche Pilgerzentrum – das eine Einrichtung der Deutschen Bischofskonferenz ist – von einem Büro beim Petersplatz ins Stadtzentrum. (rv)