Mehr Synodalität, mehr offene Rede: Papst Franziskus will sich noch mehr als seine Vorgänger auf den Rat der Bischöfe stützen. Eine „Selbstentmachtung“ des Papsttums nannte das eine Zeitung an diesem Wochenende. Die Regeln der Bischofssynoden werden flexibler, und der Vatikanverantwortliche für Synoden, der „Generalsekretär“, trägt erstmals in der Geschichte den Kardinalshut. Kardinal Lorenzo Baldisseri gab an diesem Montag zum Auftakt der „Dritten Außerordentlichen Versammlung der Bischofssynode“ einen Überblick über Bewährtes und Erneuertes.
„In Ihrer ersten Predigt in der Sixtinischen Kapelle, Heiliger Vater, haben Sie als ersten Impuls Ihres Pontifikats das Wort „camminare“, gehen, genannt. Und das gemeinsame Gehen ist genau das: syn-odos, Synode… Eine Außerordentliche Versammlung der Bischofssynode hat, wie sich aus den Statuten ergibt, eine spezifische Zielsetzung und ist etwas anderes als eine Ordentliche oder eine Sondersynode, auch was die Zusammensetzung der Teilnehmer und die Dauer der Synode betrifft… Der Heilige Vater hat entschieden, den synodalen Parcours in zwei – oder, wenn man das Konsistorium von Ende Februar mitrechnet, sogar in drei – Etappen einzuteilen. Dieser neue synodale Weg soll zu Effizienz und Pünktlichkeit führen.“
Baldisseri grüßte die 253 Teilnehmer der Synode; unter ihnen seien die Präsidenten von 114 Bischofskonferenzen aus aller Welt, die Vorsteher von 13 Bischofssynoden von Ostkirchen sowie drei Vertreter des Verbands von Generaloberen. Die Kurie sei durch die 25 Leiter von vatikanischen Dikasterien vertreten, hinzu kämen 15 Mitglieder des „Ordentlichen Rats“, 26 vom Papst ernannte Teilnehmer, 8 Vertreter anderer Kirchen bzw. kirchlicher Gemeinschaften, 16 Experten und 38 Auditoren. Diese Letztgenannten, Männer und Frauen, seien „Spezialisten und Engagierte in der Familienpastoral, deren Kompetenz und persönliche Erfahrung eine Bereicherung der Synodenarbeiten“ darstellten. Insgesamt sind auf der Synode im Vatikan gut sechzig Kardinäle vertreten, etwa 110 Bischöfe – und 13 „Ehepaare, Eltern und Familienoberhäupter“.
„Die Synode ist ein Weg“
„Das Vorbereitungsdokument (der Synode), die sogenannten Lineamenta, ist am 5. November 2013 in sechs Sprachen vorgestellt worden. Darauf folgte eine breite Befragung in der ganzen Kirche… Der Fragebogen hat unter Hirten wie Gläubigen großes Interesse ausgelöst. Das zeigt der hohe Prozentsatz derer, die geantwortet haben: 83,11 Prozent derer, die dazu von Amts wegen berechtigt waren. Das waren 88 Prozent der Bischofskonferenzen, 77 Prozent der ostkirchlichen Synoden und 65 Prozent der römischen Kurieneinrichtungen. Dazu kommen die zahlreichen Antworten von Einzelnen und Gruppen sowohl von innerhalb als auch von außerhalb der Kirche. Die Beiträge wurden aufmerksam studiert, u.a. in einer Sitzung des „Ordentlichen Rats“ im Februar unter Vorsitz des Papstes, dann erarbeitete ein Team von neun Experten auf Grundlage der Antworten auf den Fragebogen das Arbeitsdokument, das sogenannte Instrumentum laboris.“
„Erste Neuerung“ bei den Bischofssynoden ist nach Baldisseris Darstellung, dass sie als „synodaler Weg“ angelegt sind: „ein Weg, der sich zwischen zwei Synoden erstreckt, der jetzigen und der Ordentlichen Synode“ im Herbst 2015. Eine zweite Neuerung bestehe darin, dass der vom Vatikan aus verschickte Fragebogen sich um breite Resonanz und Feststellung des Ist-Zustands bemüht habe. Dabei seien „ein Geist der Freiheit und der Ehrlichkeit“ ausdrücklich „gewünscht“ gewesen. Eine dritte Neuerung ist die Vorgabe von Themen für die einzelnen Sitzungen der Synode, damit Redebeiträge nicht mehr so disparat ausfallen wie bei früheren Bischofsversammlungen im Vatikan. Und – vierte Neuerung – in jedes Thema führt, nach einer kurzen Rede des jeweiligen Sitzungspräsidenten, zunächst ein Auditor ein, vor allem Ehepaare. „Sie können persönliche Erfahrungen zum Thema einbringen und die Perspektive der Laien bieten, was sicher die Synodendebatte bereichern wird“, so Kardinal Baldisseri.
Am Schluß der Beratungen im Plenum und in den Arbeitsgruppen sollen keine Vorschläge (propositiones) mehr stehen wie in anderen Formen von Bischofssynoden üblich, sondern ein Abschlussdokument. Dieses wird dem Papst übergeben, der es nach Belieben veröffentlichen kann oder auch nicht. Vor allem aber wird es zum Ausgangspunkt für die Vorbereitung der Ordentlichen Bischofssynode, die im Oktober 2015 erneut im Vatikan zusammentreten soll.
Erste Twitter-Synode
„Auch was die Verbreitung von Nachrichten über die Synode betrifft, gibt es Neues. Dieser Dienst wird vom Vatikanischen Pressesaal koordiniert; er wird allgemeine Informationen in seinem News-Bulletin veröffentlichen, und außerdem gibt es tägliche Briefings für Journalisten in verschiedenen Sprachen, an denen auch Synodenväter teilnehmen. Die wichtigsten Nachrichten über den Verlauf der Synodenarbeiten werden auf Twitter in aller Kürze mitgeteilt werden.“
Zum ersten Mal in der fast fünfzigjährigen Geschichte der vatikanischen Bischofssynoden waren die „Synodenväter“ diesmal gebeten worden, ihre Redebeiträge vorab einzuschicken.
„Das geschah sicher nicht, um den Inhalt der Beiträge zu kontrollieren, sondern um mehr synodalen und kollegialen Geist zu erlauben. Dadurch wird nämlich die Einführung ins Synodenthema, die sogenannte „Relatio ante disceptationem“, ein sicherer Ausgangspunkt für die Arbeit im Plenum in der ersten Arbeitswoche. Nach dieser Woche gibt es eine „Relatio post disceptationem“, die den Synodenvätern als Ausgangspunkt für ihre Besprechungen in den Arbeitsgruppen (circuli minores) übergeben wird.“ (rv)