Papst Franziskus gibt die Gärten der Päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo für die Öffentlichkeit frei. Ab sofort können Besucher den 55 Hektar großen Park besichtigen, der zu den exterritorialen Besitzungen des Heiligen Stuhles in Italien zählt. Castel Gandolfo diente den Päpsten seit den Zeiten des Barberini-Papstes Urban VIII. (1623-1644) als Sommerresidenz. Franziskus ist der erste Papst seither, der sich entschlossen hat, die Villa nicht zu nutzen. Die Päpste vor ihm haben sich rund drei Monate im Jahr in Castel Gandolfo aufgehalten. Besuche in den päpstlichen Gärten sind über die Webseite der Vatikanischen Museen zu buchen. Die Eintrittskarte kostet 26 Euro, eine Führung ist obligatorisch.
Der schönste Abschnitt des Parks in Castel Gandolfo, und der erste, der nun zugänglich wird, ist der sogenannte Barberini-Garten. Er bietet einen Magnolien-Garten, einen Rosen- und einen Kräuterweg und mehrere Nymphäen, also architektonisch gestaltete Brunnen. Auch die Ruinen eines römischen Amphitheaters und etliche Antikenfragmente sind hier zu bewundern. Von den Gästen aus genießt man einen Blick auf das Latium und bei klarer Sicht bis zum Meer.
Allgemein lockt Castel Gandolfo mit übereinandergestaffelten Reizen: Die biscuitgelbe päpstliche Villa thront auf einem Hügel, überragt von den beiden aufklappbaren Metallkuppeln der vatikanischen Sternwarte, die hier 1936 eröffnet wurde. Zu Füßen der Anlage ruht der dunkelblaue Vulkansee von Albano. Kastanien- und Eichenwälder auf den umliegenden Bergen fächeln selbst an den heißesten Augusttagen gute Luft nach Castel Gandolfo, und der Wein, der hier wächst, zählt zu den besten der Gegend. Kurz: Der Barberini-Papst Urban VIII. wusste, was er tat, als er hier ab 1624 seine Sommervilla errichtete.
Freilich war er nicht der erste, dem es dieser köstliche Flecken Erde angetan hatte. Anderthalb Jahrtausende zuvor hatte der römische Kaiser Domitian über dem Albaner See einen Palast bauen lassen, von dem ein 120 Meter langer Bogengang erhalten ist. Weil Domitian ein besonders phantasievoller Verfolger der frühen Christen war, kann man in Castel Gandolfo einen späten, aber gelassenen Triumph der Päpste über die Antike erblicken.
Urban rief seinen bevorzugten Architekten, Carlo Maderno – jener, der gleichzeitig in Rom die Fassade des Petersdoms baute. Er sollte den antiken Kaiserpalast, der lange Jahrhunderte vornehmlich als Steinbruch gedient hatte, nicht vollends zerstören, sondern mit neuem Leben füllen. Ein Auftrag, der geradezu die heutige Denkmalschutzidee vorwegnimmt. Urbans Sensibilität für das alte Gemäuer erstaunt, da er in Rom ganz anderes befahl. Wie die Römer spöttelten: „Quod non fecerunt barbari fecerunt Barberini“ – Was nicht die Barbaren zerstörten, das zerstörten die Barberini. Maderno wurde dem päpstlichen Auftrag gerecht.
Das Wasser des Sommerresidenz kommt aus einem unterirdischen Leitungssystem, das Kaiser Domitian angelegt hatte. Auf dem Gelände der Papstvilla in den Albaner Bergen liegt ein Bauernhof, dessen glückliche Hühner und Kühe reichlich Milch und Eier für die päpstliche Tafel liefern. Was übrig bleibt, wandert in die Regale des Vatikan-Supermarktes. Der Sommersitz des Papstes ist mit 55 Hektar größer als der Vatikan, und der Pontifex hatte ihn bisher für sich allein, während die vatikanischen Gärten schon seit Paul VI. interessierten Besuchern offen standen. (rv)