Reise ins Baltikum vom 23. bis 25. September: Das Programm des Papstes

VATIKANSTADT – Auch wenn noch nicht alle Termine zu 100 Prozent fix sind: Die Pressestelle des Heiligen Stuhls hat ein aktualisiertes Programm der Reise vorgestellt, die Papst Franziskus vom 22. bis 25. September in die baltischen Länder Litauen, Lettland und Estland unternehmen wird.

Samstag, 22. September

07:30 Abflug mit dem Flugzeug von Rom/Fiumicino nach Vilnius. (Litauen)

11:30 Ankunft am Internationalen Flughafen Vilnius. Willkommenszeremonie.

12:10 Höflichkeitsbesuch beim Präsidenten im Präsidentenpalast.

12:40 Treffen mit den Behörden, der Zivilgesellschaft und dem diplomatischen Korps im Präsidentenpalast. Ansprache des Heiligen Vaters.

16:30 Besuch des Heiligtums Mater Misericordiae. Gebet des Heiligen Vaters.

17:30 Treffen mit den Jugendlichen in der Dompromenade. Ansprache des Heiligen Vaters.

18:40 Besuch der Kathedrale.

Sonntag, 23. September

08:15 Fahrt nach Kaunas.

10:00 Heilige Messe im Santakos Park in Kaunas. Predigt des Heiligen Vaters.

12:00 Engel des Herrn im Santakos Park in Kaunas. Angelus gebetet vom Heiligen Vater.

12:25 Mittagessen mit den Bischöfen im Haus der Kurie.

15:00 Treffen mit Priestern, Ordensleuten und Seminaristen in der Kathedrale von Kaunas. Ansprache des Heiligen Vaters.

16:00 Transfer zum Museum für Opfer des Völkermords in Vilnius.

17:30 Besuch und Gebet im Museum der Opfer des Völkermords. Gebet des Heiligen Vaters.

Montag, 24. September

07:20 Abflug mit dem Flugzeug vom Flughafen Vilnius nach Riga (Lettland).

08:20 Ankunft am Internationalen Flughafen Riga.

08:50 Uhr Offizielle Begrüßung.

09:05 Begrüßungszeremonie im Innenhof des Präsidentenpalastes.

09:30 Uhr Höflichkeitsbesuch beim Präsidenten im Präsidentenpalast.

10:10 Treffen mit den Behörden, der Zivilgesellschaft und dem diplomatischen Korps im Empfangssaal des Präsidentenpalastes. Ansprache des Heiligen Vaters.

Blumenplatzierung und Zeremonie am Freiheitsdenkmal….

10:40 Ökumenisches Treffen in Rigas Doms. Ansprache des Heiligen Vaters.

11:50 Besuch der katholischen Kathedrale von Santiago. Grüße vom Heiligen Vater.

12:30 Mittagessen mit den Bischöfen im Erzdiözesanhaus der Heiligen Familie.

14:30 Transfer mit dem Hubschrauber vom Rigaer Hafen Halipad zum Heiligtum der Gottesmutter in Aglona.

16:30 Heilige Messe im Bereich des Heiligtums der Gottesmutter von Aglona. Predigt des Heiligen Vaters.

18:30 Verabschiedung am Hubschrauberlandeplatz Aglona.

18:45 Transfer mit dem Hubschrauber zum Internationalen Flughafen Vilnius.

Dienstag, 25. September

08:15 Verabschiedung am Internationalen Flughafen Vilnius.

08:30 Abflug mit dem Flugzeug vom Internationalen Flughafen Vilnius nach Tallinn (Estland).

09:50 Ankunft am Internationalen Flughafen Tallinn. Offizieller Empfang

10:15 Begrüßungszeremonie im Präsidentenpalast Esplanade.

10:30 Uhr Höflichkeitsbesuch beim Präsidenten im Präsidentenpalast.

11:00 Treffen mit den Behörden, der Zivilgesellschaft und dem diplomatischen Korps im Rosengarten des Präsidentenpalastes. Ansprache des Heiligen Vaters.

11:50 Ökumenische Begegnung mit den Jugendlichen in der evangelischen Kirche St. Karl. Ansprache des Heiligen Vaters.

13:00 Mittagessen mit dem päpstlichen Gefolge im Kloster der Brigidinerinnen von Pirita.

15:15 Begegnung mit denen, die von den Werken der Kirche der Nächstenliebe unterstützt werden, in der Kathedrale der Heiligen Petrus und Paulus. Grüße vom Heiligen Vater.

16:30 Heilige Messe auf dem Platz der Freiheit. Predigt des Heiligen Vaters.

18:30 Verabschiedung am Internationalen Flughafen Tallinn.

18:45 Abflug mit dem Flugzeug vom Internationalen Flughafen Tallinn nach Rom.

21:20 Ankunft am Internationalen Flughafen Rom/Ciampino. (CNA Deutsch)

Handyvideo: Der Papst freut sich auf Peru

Das passiert bei diesem Papst immer wieder, dass auf einmal ein Youtube-Video von ihm auftaucht, von dem die meisten im Vatikan keine Ahnung hatten. So auch diesmal: Das Erzbistum von Lima in Peru hat eine Videobotschaft von Franziskus auf seine Homepage gestellt, ein Handyvideo offenbar. Darin spricht der Papst davon, dass er sich auf seine Reise nach Peru freut. Diese ist – zumindest so viel weiß man schon im Vatikan – für den Januar 2018 geplant.

„Liebe Brüder und Schwestern in Peru, ich werde Sie bald besuchen, und ich freue mich schon darauf! Sie sind ein Volk mit großen Ressourcen – und die schönste Ressource, die ein Volk haben kann, sind die Heiligen. Sie haben so viele, große Heilige, die Lateinamerika geprägt haben.“

Wie zur Bekräftigung dieser Worte steht neben dem Papst eine kleine Statue des hl. Martin von Porres, eines peruanischen Dominikaners aus dem 16. Jahrhundert.

„Die Heiligen haben die Kirche aufgebaut: von der Zerstreuung zur Einheit. Ein Heiliger arbeitet immer auf dieser Linie, wie Jesus: das Zerstreute zur Einheit führen. Ein Christ muss diesem Weg folgen und ein Peruaner mit so vielen Heiligen im Rücken eigentlich auch: für die Einheit arbeiten. Wer für die Einheit arbeitet, sieht nach vorne. Das kann man mit Skepsis, mit Bitterkeit tun – aber ein Christ kann das nicht. Ein Christ sieht mit Hoffnung nach vorne, weil er das zu erreichen hofft, was der Herr ihm versprochen hat.“

Franziskus variiert da das Motto, das die Organisatoren für seine Reise nach Peru ausgesucht haben. Es heißt: Unidos por la esperanza, geeint für die Hoffnung. Vor seinem Eintreffen in Peru wird der Papst auch Chile besuchen – allerdings nicht Argentinien, seine Heimat, die bleibt auch diesmal außen vor.

„Bis bald! Einheit und Hoffnung – arbeiten Sie daran. Ich bete für Sie, tun Sie es auch bitte für mich…“ (rv)

Fatima: Schritt für Schritt mit Papst Franziskus

Freitag, 12. Mai

14.00 Uhr: Abflug von Rom-Fiumicino mit einer Alitalia-Maschine

16.20 Uhr: Ankunft auf dem Militärflughafen Monte Real. Der portugiesische Präsident Marcelo Nuno Duarte Rebelo de Sousa empfängt den Gast aus Rom, es folgt eine private Begegnung der beiden im Kontrollturm. Ein Elektromobil bringt den Papst zur Kapelle des Militärflughafens, wo Franziskus einige kranke Soldaten und ihre Familien begrüßt und vor dem Allerheiligsten betet.

18.35 Uhr: Im Helikopter fliegt der Papst zum Stadion von Fatima, von dort fährt er im Papamobil weiter zum Heiligtum.

19.15 Uhr: Im Heiligtum von Fatima empfangen der Rektor und Zehntausende Pilger den Papst. Vor dem Gnadenbild der Muttergottes von Fatima betet Franziskus zusammen mit den Anwesenden. Danach verehrt er der Statue die „Goldene Rose“, eine päpstliche Auszeichnung, die für Jesus steht. Das Gebet ist die erste öffentlich übertragene Begegnung von Franziskus in Fatima.

22.10 Uhr: Nach dem Abendessen in der Pilgerherberge „Nossa Senhora do Carmo“, in der Franziskus auch nächtigen wird, fährt der Papst im Papamobil zur Kapelle der Marienerscheinungen von Fatima. Dort betet er in Stille, weiht Kerzen und entzündet sodann eine davon an der Osterkerze. Nach einer Ansprache betet der Papst den Rosenkranz mit den Fatima-Pilgern. Im Anschluss leitet Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin eine Marienprozession, während Franziskus sich zur Nachtruhe zurückzieht.

Samstag, 13. Mai

10.10 Uhr: Franziskus empfängt im Pilgerhaus den portugiesischen Premierminister Luis Santos da Costa.

11.00 Uhr: Im Heiligtum feiert der Papst, nachdem er die Gräber der Hirtenkinder verehrt hat, die Heilige Messe, bei der er zwei der Seherkinder heiligspricht: die Geschwister Francisco und Jacinta Marto. Vor dem Schlusssegen richtet er das Wort an Kranke.

13.30 Uhr: Das Mittagessen nimmt der Papst im Pilgerhaus mit den portugiesischen Bischöfen und seinem Gefolge ein.

16.00 Uhr: Militärflughafen: Nach einer kurzen Abschiedszeremonie mit dem portugiesischen Präsidenten im Kontrollturm besteigt der Papst eine Maschine der portugiesischen Fluggesellschaft TAP und fliegt zurück nach Rom.

19.05 Uhr: Ankunft in Rom-Ciampino und direkter Transfer in den Vatikan.

Die fett markierten Programmpunkte sind jene, die Radio Vatikan live und auf Deutsch überträgt. Die angegebenen Zeiten beziehen sich auf mitteleuropäische (römische) Zeit.

(rv)

Die Papstpredigt bei der Messe in Tiflis

georgienHier die Papstpredigt im Wortlaut bei der Eucharistiefeier in Tiflis im Micheil-Meschi-Stadion vom 1. Oktober 2016:

Unter den vielen Schätzen dieses wunderschönen Landes fällt die große Bedeutung der Frauen auf. Sie – so schrieb die heilige Theresia vom Kinde Jesu, deren Gedenktag wir heute feiern – „lieben den Lieben Gott in viel größerer Zahl als die Männer“ (Selbstbiographie, Handschrift A: Einsiedeln 101984, S. 144). Hier in Georgien gibt es viele Großmütter und Mütter, die beständig den Glauben, der von der heiligen Nino in diesem Land ausgesät wurde, hüten und weitergeben und das frische Wasser der Tröstung Gottes in viele Situationen der Wüste und des Konflikts hineintragen.

Dies hilft uns, die Schönheit dessen zu begreifen, was der Herr heute in der ersten Lesung sagt: » Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch « (Jes 66,13). Wie eine Mutter die Lasten und Mühen ihrer Kinder auf sich nimmt, so bürdet Gott sich gerne unsere Sünden und unsere Sorgen auf. Er, der uns kennt und uns unendlich liebt, ist empfänglich für unser Gebet und versteht unsere Tränen zu trocknen. Wenn er uns anschaut, ist er jedes Mal von leidenschaftlicher Liebe bewegt und lässt sich erweichen, weil wir jenseits des Bösen, zu dem wir fähig sind, immer seine Kinder sind. Er möchte uns in den Arm nehmen, uns beschützen, uns von den Gefahren und dem Bösen befreien. Lassen wir in unserem Herzen diese Worte widerhallen, die er heute an uns richtet: „Wie eine Mutter, so tröste ich euch“.

Der Trost, den wir inmitten der stürmischen Ereignisse des Lebens brauchen, ist genau die Gegenwart Gottes im Herzen. Denn seine Gegenwart in uns ist die Quelle des wahren Trostes, der bleibt, der vom Bösen befreit, der den Frieden bringt und die Freude wachsen lässt. Wenn wir daher als Getröstete leben wollen, müssen wir dem Herrn in unserem Leben Raum geben. Und damit der Herr beständig in uns wohne, müssen wir ihm die Tür öffnen und dürfen ihn nicht ausschließen. Es gibt Türen des Trostes, die wir immer offenhalten müssen, weil es Jesus gefällt, durch sie einzutreten: das Evangelium, das wir täglich lesen und immer bei uns tragen, das Gebet der Stille und der Anbetung, die Beichte und die Eucharistie. Durch diese Türen tritt der Herr ein und gibt den Dingen einen neuen Geschmack. Wenn sich aber die Tür des Herzens schließt, kommt sein Licht nicht an und man bleibt im Dunkel. Dann gewöhnen wir uns an den Pessimismus, an die Dinge, die nicht in Ordnung sind, an die Gegebenheiten, die sich nie ändern werden. Und am Ende verschließen wir uns in der Traurigkeit, in den Katakomben der Angst, allein in uns selbst. Wenn wir hingegen die Türen des Trostes aufreißen, tritt das Licht des Herrn ein!

Gott tröstet uns aber nicht nur im Herzen; durch den Propheten Jesaja fügt er nämlich hinzu: » In Jerusalem findet ihr Trost « (66,13). In Jerusalem, das heißt in der Stadt Gottes, in der Gemeinschaft: Wenn wir verbunden sind, wenn Gemeinschaft unter uns herrscht, dann wirkt der Trost Gottes. In der Kirche findet man Trost, die Kirche ist das Haus des Trostes: Hier möchte Gott trösten. Wir können uns fragen: Ich bin in der Kirche, bin ich auch Überbringer des Trostes Gottes? Verstehe ich es, den anderen als Gast aufzunehmen und den zu trösten, den ich müde und enttäuscht sehe? Auch wenn er Betrübnis erleidet und auf Verschlossenheit stößt, ist der Christ immer aufgerufen, dem, der sich aufgegeben hat, Hoffnung zuzusprechen, den Entmutigten aufzurichten, das Licht Jesu zu bringen, die Wärme seiner Gegenwart, die Stärkung seiner Vergebung. Viele leiden, erfahren Prüfungen und Ungerechtigkeiten, leben in Besorgnis. Da ist die Salbung des Herzens nötig, dieser Trost des Herrn, der die Probleme nicht nimmt, aber die Kraft der Liebe schenkt, die den Schmerz in Frieden tragen kann. Den Trost Gottes empfangen und bringen: dieser Auftrag der Kirche ist dringend. Liebe Brüder und Schwestern, fühlen wir uns dazu aufgerufen, nicht in dem zu erstarren, was in unserer Umgebung nicht in Ordnung ist, oder in Traurigkeit zu verfallen, wenn wir unter uns irgendeine Unstimmigkeit wahrnehmen. Es tut nicht gut, sich an ein in sich geschlossenes kirchliches „Mikroklima“ zu gewöhnen; es tut uns gut, weite und offene Horizonte der Hoffnung miteinander zu teilen, indem wir in unserem Leben den demütigen Mut aufbringen, die Türen zu öffnen und aus uns selbst hinauszugehen.

Es gibt aber eine Grundbedingung für den Empfang des Trostes Gottes, an die uns sein Wort heute erinnert: klein werden wie die Kinder (vgl. Mt 18,3-4), » wie ein kleines Kind bei der Mutter « sein (Ps 131,2). Um die Liebe Gottes zu empfangen, braucht es dieses Kleinsein des Herzens: Nur als kleines Kind kann man von der Mutter im Arm gehalten werden.

Wer so klein sein kann wie ein Kind, sagt uns Jesus, » der ist im Himmelreich der Größte « (Mt 18,4). Die wahre Größe des Menschen besteht darin, sich vor Gott klein zu machen. Denn Gott erkennt man nicht mit hehren Gedanken und viel Studium, sondern mit der Kleinheit eines demütigen und vertrauensvollen Herzens. Um vor dem Höchsten groß zu sein, braucht man nicht Ehren und Anerkennung, irdische Güter und Erfolge anzusammeln, sondern man muss sich von sich selbst frei machen. Gerade das Kind hat nichts zu geben und alles zu empfangen. Es ist zerbrechlich, abhängig von Vater und Mutter. Wer sich klein macht wie ein Kind, wird arm an sich selbst, aber reich an Gott.

Die Kinder, die keine Probleme haben, Gott zu verstehen, können uns vieles lehren: Sie sagen uns, dass er große Dinge mit dem vollbringt, der ihm keinen Widerstand leistet, der einfach und ehrlich ist und ohne Falschheit. Das zeigt uns das Evangelium, wo große Wunder mit kleinen Dingen gewirkt werden: mit wenigen Broten und zwei Fischen (vgl. Mt 14,15-20), mit einem Senfkorn (vgl. Mk 4,30-32), mit dem Weizenkorn, das in der Erde stirbt (vgl. Joh 12,24), mit der Gabe eines einzigen Bechers Wasser (vgl. Mt 10,42), mit zwei kleinen Münzen einer armen Witwe (vgl. Lk 21,1-4), mit der Demut Marias, der Magd des Herrn (vgl. Lk 1,46-55).

Das ist die überraschende Größe Gottes, eines Gottes, der voller Überraschungen ist und Überraschungen liebt: Verlieren wir nie den Wunsch nach den Überraschungen Gottes und das Vertrauen auf sie. Und es wird uns gut tun, daran zu denken, dass wir immer und vor allem seine Kinder sind: nicht Herren des Lebens, sondern Kinder des Vaters; nicht selbständige und selbstgenügsame Erwachsene, sondern Kinder, die es immer wieder nötig haben, in den Arm genommen zu werden und Liebe und Vergebung zu empfangen. Selig die christlichen Gemeinschaften, die diese unverfälschte Einfachheit des Evangeliums leben! Arm an Besitz, sind sie reich an Gott. Selig die Hirten, die sich nicht auf das hohe Ross der Logik des weltlichen Erfolgs setzen, sondern dem Gesetz der Liebe folgen: durch Aufnahme, Zuhören und Dienen. Selig die Kirche, die sich nicht auf die Kriterien des Funktionalismus und der Organisationseffizienz verlässt und sich nicht um Imagepflege kümmert. Kleine, geliebte Herde von Georgien, die du dich so der Nächstenliebe und der Bildung widmest, nimm die Ermutigung des Guten Hirten an, vertrau dich ihm an, der dich auf die Schultern nimmt und dich tröstet!

Ich möchte diese Gedanken mit einigen Worten der heiligen Theresia vom Kinde Jesu, deren Gedenken wir heute begehen, zusammenfassen. Sie zeigt uns ihren „kleinen Weg“ zu Gott, „die Hingabe des kleinen Kindes, das angst los in den Armen seines Vaters einschläft“ (Selbstbiographie, Handschrift B: Einsiedeln 101984, S. 192), denn „Jesus fordert keine großen Taten, sondern nur Hingabe und Dankbarkeit“ (ebd., S. 193). Aber leider – so schrieb sie damals, aber es ist auch heute wahr – findet Gott „so wenig Herzen, die sich ihm ohne Rückhalt hingeben, die die ganze Zärtlichkeit seiner unendlichen Liebe verstehen“ (ebd.). Die junge Heilige und Kirchenlehrerin war hingegen eine Expertin in der „Wissenschaft der Liebe“ (ebd., S. 192) und sie lehrt uns, dass „die vollkommene Liebe darin besteht, die Fehler der anderen zu ertragen, sich nicht über ihre Schwächen zu wundern, sich an den kleinsten Tugendakten zu erbauen, die man sie vollbringen sieht“. Sie erinnert uns auch daran, dass „die Liebe nicht in der Tiefe des Herzens verschlossen bleiben darf“ (Selbstbiographie, Handschrift C, S. 232). Erbitten wir heute alle zusammen die Gnade eines einfachen Herzens, das in der sanften Kraft der Liebe glaubt und lebt. Bitten wir darum, mit dem unbeschwerten und umfassenden Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes zu leben. (rv)

Papst Franziskus betet in Auschwitz für Gottes Vergebung

cna_AuschwitzAUSCHWITZ-BIRKENAU – Einen zutiefst ernsten Besuch hat Papst Franziskus den ehemaligen Nazi-Konzentrationslagern Auschwitz und Birkenau abgestattet, in denen nach heutigem Wissenstand über 1.5 Millionen Menschen getötet wurden.

Statt eine Rede zu halten, verharrte der Pontifex in Schweigen und Gebet. Ins Gästebuch der Gedenkstätte trug er zwei schlichte Zeilen ein:

„Herr, erbarme Dich Deines Volkes! Herr, Vergebung für so viel Grausamkeit!“

Zuvor betete der Papst in der abgedunkelten Zelle des heiligen Maximilian Kolbe, einem katholischen Priester, der in Auschwitz zum Märtyrer wurde.

Der Besuch des Papstes am 29. Juli führe in zwei der drei Hauptlager von Auschwitz. Im Innenhof des ersten Lagers betete Franziskus still für einige Minuten. Dann wurde er mit dem Auto in den berüchtigten Block 11 gebracht. Dort wurde er von Polens Premier Beata Szydlo empfangen und begrüßte einzeln eine zehnköpfige Gruppe von Überlebenden des Holocaust.

Der Papst erhielt eine Kerze, mit der er am Ort einen Bronze-Leuchter entzündete. Die Lampe, an der Bilder des Zauns von Auschwitz als auch des Heiligsten Herzen Jesu zu sehen sind, war ein Geschenk für das Museum von Auschwitz.

Dann besuchte Franziskus den „Block 11“ – ein Ziegelgebäude, in dem Gefangene gefoltert wurden – und betete für längere Zeit in der Zelle von Sankt Maximilian Kolbe.

Anschließend wurde der Papst nach Birkenau gefahren, auch bekannt als Auschwitz II. Von dem KZ, in dem die Gaskammern und Krematorien der Nazis standen, ist wenig übriggeblieben. Hier wurden hunderttausende Menschen ermordet.

Der Papst betete still vor einer Reihe von Gedenktafeln an diesem Ort; er entzündete eine Kerze und verharrte im Gebet. Dann sang ein Mann Psalm 130:

Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir.

Abschließend traf sich Franziskus mit einer Gruppe von 25 nicht-jüdischer „Gerechten unter den Völkern“: Das ist der Ehrentitel des Staates Israel für Menschen, die während der Nazi-Herrschaft ihr Leben riskierten, um Juden vor der Ermordung zu retten.

Ebenfalls anwesend bei der Zeremonie waren Holocaust-Überlebende wie die 75 Jahre alte Lidia. Sie erzählte Journalisten, wie sie im Alter von drei Jahren nach Auschwitz gebracht wurde, nackt ausgezogen und eine Nummer auf den Arm tätowiert bekam. Nach der Befreiung durch die Alliierten dauerte es fast 20 Jahre, bis sie mit ihrer Mutter wieder vereint war. (CNA Deutsch)

Papstbesuch in Kuba: Hoffnung auf weitere Öffnung

KubaKuba hofft auf mehr Offenheit und auf wirtschaftliche Hilfen, auch im Blick auf den Besuch von Papst Franziskus. Das sagt Yosvany Carvajal, Pfarrer der Kathedrale von Havanna und Leiter des Kulturzentrums Felix Varela. Papst Franziskus wird in genau einer Woche, am 19. September, zu seiner zweiten Reise nach Amerika aufbrechen, auf dem Programm stehen nach Kuba außerdem die Vereinigten Staaten. „Kuba erwartet seinen dritten Papst, um uns im Glauben zu stärken. Ganz Kuba erwartet einen Papst, der selber Lateinamerikaner ist, der unsere Sprache spricht, der an der Seite der Armen und Kleinen ist. Diese Kirche, die selber arm und klein ist, empfängt Papst Franziskus in großer Dankbarkeit.“

Engagiert sei die Kirche weit über die eigenen Glaubensgrenzen hinaus, im sozialen Bereich setze man sich im Land für die Menschenwürde ein und das treffe auf die Anliegen, für die ja auch Papst Franziskus stehe, so Carvajal. „Die Kirche in Kuba ist im Dialog mit der Welt“, fasst er diese Haltung zusammen, und man sehe ja auch an der Entwicklung der Beziehungen zwischen Kuba und den USA, wie wichtig Dialog sei. Nicht zuletzt habe auch die Kirche und habe der Papst seine Rolle bei dieser Entwicklung gespielt. „Deswegen wartet nicht nur die katholische Kirche auf Papst Franziskus, sondern das gesamte kubanische Volk, das sich für die Gesten der Nähe und den Einsatz bedanken möchte, den der Papst in der Versöhnung der Menschen und der Nation gezeigt hat.“

Es gebe viel Hoffnung im Land, gerade auch was die Beziehungen zu den USA beträfen. „Die Kubaner wünschen sich, dass sich die Tore noch weiter öffnen. Wir leben dieses neue Kapitel unserer Geschichte hoffnungsvoll. Es gibt Öffnung und Dialog mit einem alten Feind der Regierung, aber nicht des Volkes. Das Volk hat immer in Verbindung mit den Vereinigten Staaten gestanden, auch nach der Revolution, als so viele dorthin gegangen sind. Vor allem die Familienbeziehungen waren also immer sehr stark.“ Carvajal hat die Hoffnung, dass sich für diese Familien jetzt viel verbessern wird. Er wünscht sich auch Investitionen in die Wirtschaft der Insel, Kuba brauche Hilfe. (rv)

„Papstworte nicht in eingeengtem Zusammenhang sehen“

Pater LombardiVatikansprecher Federico Lombardi hat dazu eingeladen, die Worte von Papst Franziskus bei der Begegnung mit Volksbewegungen im weiten Zusammenhang zu sehen. Das Kirchenoberhaupt hatte bei dem Treffen, das stellenweise an eine antikapitalistische politische Kundgebung erinnerte, unter anderem Kolonialismus durch Freihandelsabkommen und „aufgezwungene Sparmaßnahmen“ kritisiert, wobei er offen ließ, ob damit etwa TTIP bzw. Griechenland gemeint sein könnten. Boliviens Präsident Evo Morales kannte solche Zurückhaltung nicht, er erklärte vorab in seiner Ansprache vor dem Papst das Referendum in Griechenland zum „Beginn der Befreiung Europas“.

Nach der außerordentlich langen Begegnung in einer Messehalle in Boliviens größter Stadt Santa Cruz baten Journalisten Lombardi um eine Einordnung. Sie wollten unter anderem wissen, wie der Papst nach einer solchen Rede ausschließen könne, von Politikern für ihre Zwecke missbraucht zu werden. „Ich verstehe das Problem“, so Lombardi. „Es ist klar, dass es Instrumentalisierungen gibt. Es ist aber auch irgendwie normal und nicht nur hier so. Meine Antwort ist, dass der Papst eine solch große Autorität hat und eine Fähigkeit, sich auf einem sprachlichen Niveau auszudrücken, die es erlaubt, ihn sofort zu verstehen. Man kann das, was er sagt, nicht in einem eingeengten Zusammenhang sehen.“

Der Papst habe bestimmte Prozesse in der Entwicklung Boliviens klar gelobt, das sei offensichtlich, er habe aber nicht gesagt, das sei ein Modell für alle, so Lombardi weiter. Der Papst habe in einer viel weiteren Perspektive gesprochen und mit einem inneren Gleichgewicht. „Mir scheint, dass der Papst ein Ermutiger und ein Katalysator für diese Volksbewegungen ist“, fügte Lombardi an. Er respektiere aber gleichzeitig ihre Autonomie und ihre Kreativität, er gebe ihnen nicht seine Richtung vor. Er ermutige und helfe auf seine Weise, um gemeinsam ein Netzwerk aufzubauen, so dass die Arbeit dieser Bewegungen wirkungsvoller werde. (rv)

Papstrede zur Begrüßung in Bolivien

BolivienHerr Präsident,
geschätzte Vertreter des öffentlichen Lebens,
liebe Brüder im Bischofsamt,
liebe Brüder und Schwestern,

zu Beginn dieses Pastoralbesuchs möchte ich alle Männer und Frauen Boliviens grüßen und ihnen meine besten Wünschen für Frieden und Wohlergehen aussprechen. Ich danke dem Präsidenten des Plurinationalen Staates Bolivien für den mir erwiesenen herzlichen Empfang und für seine freundlichen Worte zur Begrüßung. Dank sage ich auch den Herren Ministern und den Vertretern des Staates, der Streitkräfte und der Staatspolizei, die so gütig waren, mich zu empfangen. Meinen Brüdern im Bischofsamt, den Priestern, den Ordensleuten, den Christgläubigen und der ganzen pilgernden Kirche in Bolivien möchte ich meine Empfindungen brüderlicher Verbundenheit im Herrn zum Ausdruck bringen. Im Herzen trage ich besonders die Söhne und Töchter dieses Landes, die aus vielfachen Gründen eine „andere Erde“ suchen mussten, damit diese sie aufnehme, einen anderen Ort, wo diese Mutter sie fruchtbar werden lasse und ihnen das Leben möglich mache.

Ich freue mich, in diesem Land einzigartiger Schönheit zu sein, das in seinen verschiedenen Gegenden von Gott gesegnet wurde: das Hochland, die Täler, das Amazonastiefland, die Wüsten, die unvergleichlichen Seen. Die Präambel seiner Verfassung hat dies auf poetische Weise festgehalten: „Vor unvordenklichen Zeiten erhoben sich Berge, entsprangen Flüsse, bildeten sich Seen. Unser Amazonien, unser Chaco, unser Hochland und unsere Ebenen und Täler hüllten sich in Pflanzen und Blumen“. Es erinnert mich daran, dass „die Welt [..] mehr [ist] als ein zu lösendes Problem, sie ist ein freudiges Geheimnis, das wir mit frohem Lob betrachten“ (Enzyklika Laudato si’, 12). Es ist aber vor allem ein Land, das in seinen Menschen gesegnet ist mit seiner reichen kulturellen und ethnischen Wirklichkeit, die einen großen Reichtum und einen bleibenden Aufruf zum gegenseitigen Respekt und zum Dialog darstellt: jahrtausendealte ansässige Völker und gegenwärtige ansässige Völker. Wie viel Freude bereitet es uns zu wissen, dass das Kastilische, das in diese Länder gebracht wurde, heute mit 36 indigenen Sprachen zusammenlebt und sich vermischt – wie es bei den Nationalblumen Kantuta und Patujú das Rot und das Gelb tun –, um Schönheit und Einheit in der Verschiedenheit zu geben. In diesem Land und Volk hat die Verkündigung des Evangeliums starke Wurzeln geschlagen, und die Jahre hindurch hat das Evangelium das Zusammenleben erleuchtet und so zur Entwicklung des Volkes beigetragen und die Kultur gefördert.

Ich komme als Gast und Pilger, um den Glauben derer zu stärken, die an den auferstandenen Christus glauben. Denn wir Gläubige sollen, während wir in diesem Leben pilgernd unterwegs sind, Zeugen seiner Liebe, Sauerteig einer besseren Welt sein und am Aufbau einer gerechteren und solidarischen Welt mitarbeiten.

Bolivien macht gerade wichtige Schritte, die Inklusion von weiten Bereichen des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Lebens voranzubringen. Es kann auf eine Verfassung zählen, welche die Rechte der Einzelnen, der Minderheiten, der Umwelt anerkennt, wie auch auf Einrichtungen, die für diese Wirklichkeiten empfänglich sind. All das verlangt einen Geist öffentlicher Zusammenarbeit, des Dialogs und der Teilnahme der Einzelnen und der gesellschaftlichen Handlungsträger in den Fragestellungen, die alle angehen. Der ganzheitliche Fortschritt eines Volkes beinhaltet das Wachstum in Bezug auf die menschlichen Werte und die Übereinstimmung in gemeinsamen Idealen, denen es gelingt, die Willen zu vereinen, ohne jemanden auszuschließen oder abzuweisen. Wenn es sich beim Wachstum um ein bloß materielles handelt, läuft man immer Gefahr, wieder neue Unterschiede zu schaffen, bei denen der Überfluss der einen auf dem Mangel der anderen beruht. Daher erfordert der gesellschaftliche Zusammenhalt neben der Transparenz auf institutioneller Ebene Anstrengung bei der Erziehung der Bürger.

In diesen Tagen möchte ich gerne die Berufung der Jünger Christi fördern, die Freude des Evangeliums zu verkünden und Salz der Erde und Licht der Welt zu sein. Die Stimme der Hirten, die eine prophetische sein muss, spricht zur Welt im Namen der Mutter Kirche, ausgehend von ihrer auf dem Evangelium gründenden vorrangigen Option für die Geringsten. Die brüderliche Nächstenliebe, der lebendige Ausdruck des neuen Gebots Jesu, drückt sich in Programmen, Werken und Einrichtungen aus, welche die ganzheitliche Förderung des Menschen suchen, so wie die Sorge und der Schutz für die Schwächsten. Man kann nicht an Gott Vater glauben, ohne in jedem Menschen einen Bruder oder eine Schwester zu sehen, und man kann Jesus nicht nachfolgen, ohne das Leben für die hinzugeben, für die er am Kreuz gestorben ist.

In einer Zeit, die oft dazu neigt, die grundlegenden Werte zu vergessen oder zu verkehren, verdient die Familie ein besonderes Augenmerk seitens der Verantwortlichen für das Gemeinwohl. Sie bildet nämlich die Grundzelle der Gesellschaft, die feste Bande der Einheit beisteuert, auf denen das menschliche Zusammenleben beruht, und sie gewährleistet durch die Zeugung und Erziehung ihrer Kinder die Erneuerung der Gesellschaft.

Die Kirche fühlt ebenso besondere Sorge für die jungen Menschen, die im Einsatz für den Glauben und für große Ideale eine viel versprechende Zukunft sind, „Wächter, die die Morgenröte und den neuen Frühling des Evangeliums ankündigen“ (Johannes Paul II., Botschaft zum 18. Weltjugendtag, 6). Für die Kinder Sorge zu tragen, dafür zu sorgen, dass die Jugend sich für edle Ideale einsetzt, ist die Garantie für die Zukunft einer Gesellschaft. Einer Gesellschaft, die ihre eigene Versicherung findet, wenn sie ihre alten Leute schätzt, ehrt und für sie sorgt, wenn sie die Wahl trifft, eine „Gedächtniskultur“ zu schaffen, die den alten Menschen nicht nur die Lebensqualität in ihren letzten Jahren sicherstellt, sondern die Herzenswärme, wie es Ihre Verfassung gut zum Ausdruck bringt.

Herr Präsident, liebe Brüder und Schwestern, ich danke Ihnen, dass ich hier sein darf. Diese Tage werden es uns möglich machen, verschiedene Momente der Begegnung, des Dialogs und der Feier des Glaubens zu erleben. Es freut mich, in Ihrer Heimat zu sein, die sich als friedliebend bezeichnet, welche die Kultur des Friedens und das Recht auf Frieden fördert.

Ich stelle diesen Besuch unter den Schutz der Unserer Lieben Frau von Copacabana, der Königin Boliviens, und bitte sie, dass sie alle ihre Kinder beschütze. Vielen Dank! Der Herr segne sie! Jallala Bolivien! (rv)

Papst an Politik und Gesellschaft: Teilhabe, Solidarität, Verantwortung

Papst FranziskusFür alle Mitglieder der Gesellschaft wie in einer Familie sorgen – das legte der Papst Vertretern der Politik und Zivilgesellschaft ans Herz, vor denen er in der Kirche des heiligen Franziskus in Quito sprach.

„Ausgehend vom Familienleben“ wolle er ein paar „Schlüssel für das bürgerliche Zusammenleben“ aufzeigen, begann Franziskus seine Ansprache. Zuvor hatte er am Eingang der Kirche vom Bürgermeister die Stadtschlüssel überreicht bekommen. Wie in einer gesunden Familie könnten Inklusion und Solidarität auch für eine Gesellschaft fruchtbar sein, betonte der Papst. In der Politik und im sozialen Leben herrsche leider allzu oft das Recht des Stärkeren, klagte er, es herrschten dort „Konfrontation und Ausschließung“:

„Meine Position, meine Idee, mein Vorhaben wird ausgebaut, wenn ich fähig bin, den anderen zu besiegen, mich durchzusetzen. Ist das Familie? In den Familien tragen alle zum gemeinsamen Vorhaben bei, alle arbeiten für das gemeinsame Wohl, aber ohne den Einzelnen ,auszuhebeln‘. Im Gegenteil, sie stützen und fördern ihn. Die Freuden und die Leiden eines jeden machen sich alle zu Eigen. Das ist Familie! Könnten wir doch den politischen Gegner, den Hausnachbarn mit den gleichen Augen sehen wie wir unsere Kinder, die Ehefrau oder den Ehemann, den Vater oder die Mutter sehen!“

Die Liebe zur Gesellschaft und zum Mitbürger müsse sich im Denken zeigen, aber noch mehr im Handeln, unterstrich der Papst: „Die Liebe strebt immer nach Kommunikation, niemals nach Isolierung. Aus dieser Zuneigung wachsen einfache Gesten, die die persönlichen Bande verstärken.“

Als Stützen der Gesellschaft nannte Franziskus hier Unentgeltlichkeit, Solidarität und Subsidiarität – Werte, wie sie in einem gesunden Familienleben eingeübt würden. Für ein gerechtes Zusammenleben, in dem alle Mitglieder ein würdiges Leben führen könnten, seien unentgeltliches Teilen und „gute Werke“ unerlässlich, so der Papst: „Die Güter sind für alle bestimmt, und auch wenn einer ihren Besitz vorweist, lastet auf ihnen eine soziale Hypothek. So wird das wirtschaftliche Konzept, das auf dem Prinzip von An- und Verkauf beruht, durch das Konzept der sozialen Gerechtigkeit überwunden, das das grundlegende Recht der Person auf ein würdiges Leben verteidigt.“

Nachhaltiges Wirtschaften mit Ressourcen

An dieser Stelle kam der Papst auf die in Ecuador „so reichlich“ vorhandenen „natürlichen Ressourcen“ zu sprechen. Der Wirtschaft redete er ins Gewissen, vom reinen Profitstreben Abstand zu nehmen, ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen und die Natur nicht auszubeuten: „Verwalter dieses Reichtums zu sein, den wir empfangen haben, verpflichtet uns gegenüber der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit und gegenüber den künftigen Generationen, denen wir dieses Erbe nicht hinterlassen dürfen ohne eine angemessene Sorge für die Umwelt, ohne ein Bewusstsein der Unentgeltlichkeit, das aus der Betrachtung der Welt als Schöpfung hervorgeht.“

Die Ureinwohner im Amazonasgebiet seien ein Vorbild für diese Sicht auf die Umwelt, so der Papst. Ihr Lebensraum sei eine der „artenreichsten Zonen“ mit „enormer Bedeutung für das weltweite Ökosystem“. Deutlich sprach sich Franziskus hier gegen die Abholzung dieser „grünen Lunge des Kontinents“ zwecks Bodenbewirtschaftung aus. Ecuador habe hier – zusammen mit anderen Ländern des Amazonas-Gebietes – die Gelegenheit, „Die Pädagogik einer ganzheitlichen Ökologie zu praktizieren“, so Papst Franziskus, und diesen Lebensraum zu schützen.

Ecuador erlebe heute „tiefe soziale und kulturelle Veränderungen“ und „neue Herausforderungen“, fuhr der Papst fort: „Die Migration, die städtische Konzentration, der Konsumismus, die Krise der Familie, der Mangel an Arbeit, die Börsen der Armut – diese Phänomene schaffen eine Ungewissheit und erzeugen Spannungen, die für das gesellschaftliche Zusammenleben bedrohlich werden.“

Inklusion und Räume des Dialoges

Vor diesem Hintergrund müssten „die Normen und Gesetze ebenso wie die Vorhaben der zivilen Gemeinschaft“ für die Inklusion sorgen und „Räume des Dialogs“ und „der Begegnung“ eröffnen. „Repression“, „maßlose Kontrolle“ und „die Beeinträchtigung der Freiheiten“ müssten ein für alle Mal der Vergangenheit angehören, appellierte der Papst wohl mit Blick auf die Diktaturvergangenheit des südamerikanischen Landes. Franziskus sprach sich hier für eine Politik aus, die allen Bürgern und besonders jungen Menschen Arbeitsplätze zugestehe – „mit einem wirtschaftlichen Wachstum, das allen zugutekommt und nicht in den makroökonomischen Statistiken bleibt; mit einer nachhaltigen Entwicklung, die ein starkes und gut verknüpftes soziales Netz erzeugt“.

Wesentlich sei ebenso die Wahrung der Freiheit, fuhr der Papst – das Stichwort der Subsidiarität aufgreifend – fort: Menschen und Gruppen hätten das „Recht, ihren Weg zu gehen, auch wenn dieser zuweilen beinhaltet, Fehler zu machen. In der Achtung der Freiheit ist die zivile Gesellschaft gerufen, jede Person und jede soziale Kraft zu fördern, damit sie ihre jeweils eigene Rolle einnehmen und ihre Besonderheit zum allgemeinen Wohl einbringen können. (…) Anzunehmen, dass unsere Option nicht notwendig die einzig legitime ist, bedeutet eine heilsame Demutsübung. (…) In einer partizipativen Demokratie ist jede der sozialen Kräfte – die Gruppen der Ureinwohner, die afrikanisch stämmigen Ecuadorianer, die Frauen, die bürgerlichen Gruppierungen und alle, die für die Gemeinschaft in öffentlichen Diensten arbeiten – unentbehrlicher Protagonist dieses Dialogs.“

Die Kirche wolle bei dieser Suche nach dem Gemeinwohl ihren Beitrag leisten, so Franziskus abschließend. (rv)

Vatikansprecher: Papst will neuen Schwung bringen

Pater LombardiPapst Franziskus hat vor seinem Abflug nach Ecuador am Sonntagmorgen zehn Obdachlose Roms getroffen. Diese wünschten dem Papst eine „gute Reise nach Lateinamerika“. Auch habe der Papst in einem Telegramm an Kolumbien, während er dieses Land überflog, „ein friedliches Zusammenleben und ein prosperierendes Wachstum“ gewünscht. Grußtelegramme übermittelt der Papst traditionell an Länder, die er bei seinen Reisen überfliegt. Damit ging Franziskus auf die Friedensverhandlungen für das südamerikanische Land ein, die sich derzeit in einer schwierigen Phase befinden. Unser Korrespondent in Quito, Mario Galgano, hat dazu mit Vatikansprecher Federico Lombardi ein Interview geführt.

RV: Wie fühlt sich Papst Franziskus nach dem 13-stündigen Flug von Rom nach Quito?

Lombardi: Er fühlt sich wohl. Er ist sehr zufrieden, hier in Quito zu sein. Das hat er auch in seiner ersten Rede bei der Ankunft gesagt. Ich glaube, er betrachtet seine persönliche Biographie, die hier in Lateinamerika begonnen hat, auch aus spiritueller und theologischer Seite. Sein geistliches Reichtum ist hier entstanden und hat sie nach Rom, also zur Universalkirche, gebracht. Nun kommt er wieder nach Hause und das mit mehr Erfahrungen als zuvor. Er hat ja in den vergangenen zwei Jahren sozusagen die gesamte Welt kennengelernt. Er war bereits in Asien, im Nahen Osten und natürlich in Europa. So hat er die Probleme dieser Welt erfahren. Nun kommt er also zurück zu seinen Wurzeln. Er spricht nun zu seinen Leuten aus einer neuen Perspektive.

Für uns Nicht-Lateinamerikaner wird das also eine sehr interessante Reise sein. Das ist die Kirche: das Reichtum der Verschiedenheiten. Er kommt ja hierhin nicht nur mit dem Aparecida-Dokument und Evangelii Gaudium, sondern er nimmt ja auch Laudato si mit, also ein Werk mit einer Reflexion über die Probleme der heutigen Welt und er hat ja aus seinen lateinamerikanischen Wurzeln die Inspiration zu dieser Enzyklika genommen. Das ist für mich persönlich, eine tiefe Erfahrung, die ich jetzt erleben darf.

RV: Wie immer besuchte der Papst vor dem Abflug die Muttergottes-Basilika Santa Maria Maggiore in Rom. Diesmal hat er noch eine weitere Begegnung hinzugefügt und zwar traf er Obdachlose.

Lombardi: Wie Sie wissen, gibt es um den Vatikan viele arme Menschen. Der Papst hatte von Anfang einen Erzbischof (Almosenmeister Konrad Krajewski, Anm. d. Red.) ernannt, der sich um sie kümmern soll. Am Sonntagmorgen ist eine kleine Gruppe von ihnen zum Papst und hat ihm eine gute Reise gewünscht. Das ist ein wichtiges Zeichen. Er hat die Armen immer in seinem Herzen. Das sind die Armen in Rom und auf der ganzen Welt. Damit sagt er uns, dass er sich immer für die Armen kümmern will, denn sie sind im Mittelpunkt des Evangeliums.

RV: Eine Besonderheit dieses Besuchs in drei lateinamerikanischen Ländern ist es – und das haben wir beispielsweise in dem Überflug-Telegramm an Kolumbien gesehen – diese politische Dimension, die den Anschein hat, die derzeitige Reise besonders zu prägen. Wie sehen Sie das? Es gibt ja in Ecuador derzeit auch viele Proteste gegen den Präsidenten Rafael Correa. Wie gehen Sie damit um?

Lombardi: Das ist die Realität dieser Länder. Es gibt immer Spannungen oder verschiedene Interessensgruppen und politische Parteien, die das ausnützen. Das ist normal. Die Frage ist: wie kann man eine Dynamik des Gemeinwohls entwickeln? Wie kann einen wirklichen Sinn der Verantwortung für alle bringen? Das sind Fragen, die an alle – für politische Verantwortliche und für das Volk – gelten. Der Papst weiß, dass das Volk eine große Verantwortung trägt. Das Volk selber muss aktiv sein und nicht einfach von politischen Akteuren abhängig sein. Der Papst bringt somit eine Inspiration für alle mit. Diese Eingebung kommt vom Evangelium und ist für das ganze Volk gültig. Es geht darum, gegen den Individualismus einzustehen und für den Sinn der Verantwortung aller. Wir werden sicherlich in den kommenden Tagen während der Papstreise in dieser Hinsicht viel dazu hören. Er wird ja die Vertreter der sogenannten „Movimenti Popolari“ – also Volksbewegungen der Gesellschaften – treffen. Und da wird es eine wichtige Rede geben.“ (rv)