„Vier unglaublich bewegende Tage für unser Land": So beschreibt der neue britische Premierminister, der Konservative David Cameron, die Papstvisite in Großbritannien. Am Sonntag Abend meint er bei der Verabschiedung Benedikts in Birmingham, der Staatsbesuch sei „wahrhaft historisch gewesen":
„Sie haben zu einer Nation mit sechs Millionen Katholiken gesprochen, aber Ihnen haben auch mehr als sechzig Millionen Staatsbürger überhaupt und weitere Millionen von Menschen anderswo in der Welt zugehört. Sie hatten eine Botschaft nicht nur für die katholische Kirche, sondern für jeden von uns – egal, ob gläubig oder nicht."
Der Papst habe „wirklich die ganze Gesellschaft herausgefordert, mal einen Moment innezuhalten und nachzudenken" – und er denke, so der Politiker, das könne „nur eine gute Sache sein". Großbritannien wolle seine Zusammenarbeit mit dem Heiligen Stuhl in internationalen Schlüsselfragen verstärken: Cameron nannte Klimawandel, Weltfrieden, Entwicklung und Religionsgespräch. Was die Millenniumsziele betreffe, auf die Benedikt die Briten angesprochen hatte, meinte der „Prime Minister": „Diese Nation wird ihre Hilfsversprechen halten, und wir werden auch andere Länder dazu anhalten, das ebenfalls zu tun."
Papst Benedikt fand in seiner letzten Rede auf britischem Boden noch ein freundliches Wort für die multikulturelle Gesellschaft, die er bei seiner Ankunft am Donnerstag noch vorsichtig als „interessantes Unternehmen" qualifiziert hatte.
„Die große Vielfalt des modernen Großbritanniens ist eine Herausforderung für die Regierung und für das Volk, aber sie bietet auch eine gute Möglichkeit für einen weiteren interkulturellen und
interreligiösen Dialog zur Bereicherung der ganzen Gemeinschaft."
Er sei dankbar für die Gelegenheiten dieser Tage, mit Politikern und Vertretern der Zivilgesellschaft Großbritanniens zusammenzukommen. „Ich hoffe aufrichtig, daß diese Gelegenheiten dazu beitragen, die ausgezeichneten Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Vereinigten Königreich weiter zu festigen und zu vertiefen, besonders in der Zusammenarbeit für internationale Entwicklung, in der Sorge für die Umwelt und beim Aufbau einer bürgerlichen Gesellschaft mit einem erneuerten Sinn für gemeinsame Werte und Zielsetzungen." (rv)
Schlagwort: Papstreise Großbritannien
GB-Papst: „Religion korrigiert Vernunft“
Papstreise nach GB : 3. Tag
Eine Demokratie, deren Werte ausschließlich auf gesellschaftlichem Konsens beruhen, macht sich angreifbar. Darauf hat Papst Benedikt XVI. in einer intellektuell dichten Rede in der Londoner Westminster Hall hingewiesen. Die Rolle der Religion in der politischen Debatte bestehe aber nicht darin, moralische Normen für rechtes Handeln zu liefern, betonte der Papst am Freitagabend vor führenden Vertretern der britischen Politik, Wirtschaft und Kultur. Moralische Normen seien auch Nichtgläubigen aufgrund der Vernunft ohne weiteres zugänglich, so Benedikt. Vielmehr müsse die Religion in der gesellschaftlichen Debatte über Werte eine „korrigierende Rolle“ gegenüber der Vernunft einnehmen. Nicht alle begrüßten dieses Wirken der Religion als Korrektiv, auch weil „entstellte Formen der Religion wie Sektierertum und Fundamentalismus“ am Werk seien.
Als Beispiel für seine Ausführungen über Staat und Religion nannte der Papst die globale Finanzkrise. Sie habe gezeigt, dass „pragmatische Kurzzeitlösungen für komplexe soziale und ethische Probleme unbrauchbar“ seien. Millionen von Menschen in anderen Erdteilen litten heute darunter, dass die Weltwirtschaft ohne verlässliche ethische Grundlagen handelte. Benedikt lobte die aktuelle Regierung Großbritanniens für ihren Entschluss, 0,7 Prozent des nationalen Einkommens für Entwicklungshilfe auszugeben. Allerdings erwähnte er im selben Absatz seiner Rede auch „die enormen Mittel, die Regierungen zur Rettung von Finanzinstitutionen aufbringen konnten“. Großbritannien bildet mit seiner Kapitale London den Nabel der europäischen Finanzwelt.
Außerdem wandte sich Benedikt XVI. gegen eine staatlich beförderte Zurückdrängung der Religion in die Privatsphäre. Selbst in Ländern, die großen Wert auf Toleranz legen“ – so wie Großbritannien – werde das Christentum an den Rand gedrängt. Es gebe „besorgniserregende Zeichen“ für eine Missachtung der Gewissens- und Religionsfreiheit. Kritisch verwies er etwa auf eine Behinderung öffentlicher religiöser Feiern wie Weihnachten. Sie stünden unter der „fragwürdigen Annahme, dass solche Bräuche Angehörige anderer Religionen oder Nichtgläubige auf irgendeine Weise verletzen könnten“.
Zugleich hob Benedikt XVI. die Gemeinsamkeiten zwischen der pluralistischen Demokratie Großbritanniens und der katholischen Soziallehre hervor. Letztere verwende zwar andere Begriffe, habe aber vom Ansatz her viele Gemeinsamkeiten mit der angelsächsischen Demokratie.
Im Publikum saßen mehrere frühere Premierminister: Tony Blair und Gordon Brown für Labour, Margaret Thatcher und John Major für die Konservativen. Der derzeitige Premierminister David Cameron konnte wegen der Beisetzung seines Vaters nicht teilnehmen. Er traf den Papst an diesem Samstag.
Während der Papst in Westminster Hall zu Fragen des Glaubens in der Zivilgesellschaft sprach, demonstrierten draußen vor der Tür Opfer sexuellen Missbrauchs, Atheisten und weitere Gegner des Papstbesuchs. Ein Sprecher der laizistischen Vereinigung „Protest the Pope“ sagte der BBC: „Es hätte nie einen Staatsbesuch geben sollen.“ Immer noch gebe es Streit darüber, ob der Vatikan ein Staat sei. In erster Linie handele es sich um einen geistlichen Besuch und um die Seligsprechung von Kardinal John Henry Newman. (rv)
GB: Zu Besuch an einer katholischen Jungenschule in London
35 Jungen in der Klasse schauen per Beamer den Papstbesuch im Saint Marys College, und wo gebetet wird, da beten sie mit. Saint Ignatius College, Enfield, im Norden Londons. Papst Benedikt besucht zwar Twickenham, aber alle katholischen Schulen in Großbritannien übertragen das live in den Unterricht. Eine moderne, junge Gesellschaft mit modernen Mitteln. So feiern 1.200 Schüler der Jungenschule gemeinsam mit dem Papst. Ihr berühmtester Altschüler, Alfred Hitchcock, wäre vom Medieneinsatz begeistert. Ein schöner Beitrag, sehr interessant, findet XY. Und Edward findet spannend zu sehen, wie sich der Papst in England schlägt, so so lange schon kein Papst mehr hier war. Dass Papstreisen gut und nötig sind, darüber herrscht unter den Jungs Einigkeit: Sein Besuch bei uns zeigt unter anderem, dass die römisch-katholische Religion nicht nur was für Bischöfe und Kardinäle im Vatikan ist.
Die Jungs aus einer 6. Klasse sitzen in ihrem Klassenraum mit ihrem Lehrer, P. Tim Byron. Es ist eine multinationale Klasse, die Familien kommen aus Afrika, Asien, Südamerika und aus den verschiedensten Ländern Europas. „Sehr religiös“ sei die Erziehung hier bei den Jesuiten, sagt Edward. Die Kapelle sei ein echtes Zentrum. Die Jungs lernen alle das Messdienern, erzählt Noah. Er selbst wird morgen mit 200 Schulkollegen nach Birmingham reisen, um bei der Seligsprechung Kardinal Newmans durch den Papst dabeizusein. Doch, das sei ihm wichtig, den Papst mal persönlich zu sehen und nicht nur im Fernsehen so wie jetzt gerade im Klassenzimmer: „Denn der Papst ist nicht nur das, was viele glauben, dass er sei, sondern er hat gute Ideen und er ist sehr schlau.“
Die katholische Kirche in Großbritannien unterhält etwa 2.800 Bildungsinstitutionen, von Schulen bis zu Universitäten. Etwa zehn Prozent aller Schüler und Studenten besuchen eine dieser Institutionen. Das macht die katholische Kirche zu einer der stärksten Bildungsinstitutionen im Land und Bildung zu einer der Säulen des kirchlichen Engagements in England, sagt John Paul Morrison, den Direktor ders Saint Ignatius College, Enfield.
„Katholische Schulen haben Tausende von Kindern in England herangebildet, und diese Tatsache erkennt der Papst mit seinem Besuch an einer Schule an. Unsere Auffassung ist, dass wir nicht nur Information weitergeben, sondern Bildung. Bildung des Charakters, spirituelle Identität, moralische Werte.“ (rv)
Presseschau am Freitag: „Die Schlacht um den Glauben“
Papstreise nach GB: 2. Tag
Wenn man den Erfolg des Papstbesuches an der öffentlichen Wahrnehmung misst, dann ist er jetzt schon ein voller Erfolg. An den Zeitungsständen, in Radios und im Fernsehen wird das Anliegen der Reise aufgenommen und es wird diskutiert: die moderne, säkulare Gesellschaft und der Glaube. Natürlich ist es der Eventcharakter der Reise und natürlich auch ein wenig Starkult, aber darüber wird in Länge und Breite die Bedeutung des Glaubens für den Menschen und die Gesellschaft diskutiert.
Die Times nennt es die „Schlacht um den Glauben", die in dieser öffentlichen Diskussion mit dem Papst ausgetragen werde, und bringt Ansichten von allen Seiten. Independent und Daily Telegraph sprechen vor allem über die Herausforderungen, die sich einer modernen Gesellschaft stellen.
Ein Kommentar in der Zeitung The Independent zweifelt sogar die Geschichtsinterpretation an, demnach nach der Befreiung von der Kirche automatisch mehr Freiheit komme und führt so Papst Benedikts Thema aus der Ansprache vor der Königin weiter.
Die Diskussion wird getragen von einem weiten Interesse, das so nicht erwartet worden war. Immer wieder werden zwar auch die Kritiker und die Proteste in Erinnerung gebracht, die aber im Augenblick kaum keine Rolle spielen. Das Interesse an dem, was der Papst sagt, überwiegt.
Alle Medien sind voll mit Berichterstattung und Begleitprogrammen. Bei der BBC und SKY laufen sogar Sendungen, die die einzelnen Teile der Messe erklären, um Zuschauern das Verfolgen der Ereignisse zu ermöglichen. Und selbst die Autofahrt des Papstes von Edinburgh nach Glasgow wurde in voller Länge und live übertragen.
Natürlich ist auch der Missbrauch ein Thema, aber auch hier ist die Botschaft des Papstes angekommen. Das Thema ist noch nicht vorbei, das wird aus verschiedenen Stellungnahmen klar, aber noch einmal und für die betroffenen Menschen hat Papst Benedikt seinen Standpunkt klar gemacht, und alle Medien wiederholen es. Dafür bekommt er viel Zustimmung.
Benedikt hat bis jetzt immer wieder die christlichen Wurzeln Großbritanniens, die Spiritualität und den Glauben als Quellen für Respekt und Freiheit in der menschlichen Gesellschaft angesprochen. Und genau darüber spricht das Land in diesen Tagen. (rv)
Benedikt XVI.: „Religionen müssen ein Teamwork bilden“
Papstreise nach GB: 2. Tag
Der interreligiöse Dialog fordert von allen Religionen eine aktive Beteiligung. Das betonte der Papst an diesem Freitagnachmittag in London. Seite an Seite müssen sich die Religionsgemeinschaften für das Wohl der gesamten Gesellschaft einsetzen. Das sagte Benedikt XVI. bei der Begegnung mit Vertretern anderer Religionen. An dem Treffen nahmen Vertreter von Judentum, Islam, Hinduismus, Sikhismus und anderen Traditionen teil. Der Papst bekannte sich ausdrücklich zum Gespräch der Glaubensgemeinschaften.
„Ich möchte die Wertschätzung der Katholischen Kirche für das wichtige Zeugnis zum Ausdruck bringen, das Sie alle als gläubige Menschen in einer Zeit ablegen, in der religiöse Überzeugungen nicht immer verstanden und geschätzt werden."
Besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) habe die katholische Kirche die Wichtigkeit des Dialogs und der Zusammenarbeit betont.
„Ich darf Ihnen versichern, dass die katholische Kirche den Weg der Begegnung und des Dialogs aus wahrem Respekt für Sie und Ihr religiöses Bekenntnis verfolgt. Zugleich mahne ich die Religionen zum Verzicht auf Hass und Gewalt. Jeder wirkliche Glauben beinhaltet die Pflicht, in Frieden mit unserem Nächsten zu leben."
Religiöse Menschen seien gehalten, einander in Liebe und „mit größtem Respekt für andere religiöse Traditionen" zu begegnen. Bei der Toleranz müsse stets das „Prinzip der Gegenseitigkeit" gelten. Religiöse Minderheiten müssten die Freiheit haben, ihren Kult auszuüben und öffentlich Gottesdienst zu feiern. Jeder Mensch müsse seinem Gewissen folgen dürfen, ohne deswegen ausgegrenzt oder verfolgt zu werden. Das gelte selbst bei einem Konfessionswechsel.
Benedikt XVI. führte weiter aus, der Dialog dürfe nicht auf einer theologischen Ebene bleiben, sondern müsse auch einen Austausch über das Gebet und den gemeinsamen Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einschließen. In Großbritannien sei das Bemühen um freundschaftliche Kontakte zwischen den Glaubensgemeinschaften zunehmend ein „charakteristisches Merkmal der religiösen Landschaft", so der Papst.
Er widersprach der These, dass Religion und Wissenschaft unvereinbar seien. Human- und Naturwissenschaften vermittelten ein wertvolles Verständnis verschiedener Aspekte des Lebens; sie könnten aber „nicht sagen, warum und mit welchem Ziel wir existieren, noch können sie eine umfassende Antwort auf die Frage liefern, warum überhaupt etwas ist und nicht vielmehr nichts".
Weitere Kernsätze
„Auf geistlicher Ebene sind wir alle auf unterschiedliche Weisen persönlich auf einem Weg, der eine Antwort auf die wichtigste aller Fragen gibt – die Frage nach dem letzten Sinn des menschlichen Daseins. Ihre Präsenz und Ihr Zeugnis in der Welt verweisen auf die grundlegende Bedeutung dieser geistlichen Suche, auf die wir uns eingelassen haben, für das Leben der Menschen. Innerhalb ihres jeweiligen Fachbereichs vermitteln uns die Human- und Naturwissenschaften ein wertvolles Verständnis verschiedener Aspekte unseres Lebens und helfen uns, das Zusammenspiel der Kräfte in der materiellen Welt tiefer zu erfassen. Diese Wissenschaften beantworten jedoch nicht die grundlegende Frage und können dies auch nicht tun, da sie sich allesamt auf einer anderen Ebene bewegen.
Die Suche nach dem Heiligen nimmt den anderen Bereichen des menschlichen Forschens nicht ihren Wert. Im Gegenteil, sie stellt sie in einen Zusammenhang, der ihnen größere Bedeutung verleiht als Weisen, wie wir verantwortungsvoll für die Schöpfung sorgen können.
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil betont die Katholische Kirche besonders die Wichtigkeit des Dialogs und der Zusammenarbeit mit den Angehörigen anderer Religionen. Damit dies fruchtbar werden kann, ist ein Prinzip der Gegenseitigkeit unter allen Dialogpartnern und den Angehörigen der verschiedenen Religionen erforderlich.
Der Dialog zwischen den Religionen muß auf einer Reihe verschiedener Ebenen geführt werden und sollte sich nicht auf offizielle Gespräche beschränken. Zum gelebten Dialog gehört auch das einfache Miteinander-Leben und Voneinander-Lernen, um so im Verständnis und im Respekt füreinander zu wachsen. Ein solcher Dialog kann auch gemeinsame Überlegungen einschließen, wie wir das menschliche Leben in jedem Stadium schützen können und wie wir erreichen können, dass die religiöse Dimension der einzelnen und der Gruppen nicht aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen wird." (rv)
GB/Dokument: Papstpredigt in Glasgow am Donnerstag
„Liebe Brüder und Schwestern in Christus! „Das Reich Gottes ist euch nahe!" (Lk 10,9). Mit diesen Worten aus dem Evangelium, das wir eben gehört haben, begrüße ich euch alle ganz herzlich im Herrn. Wahrhaftig ist das Reich des Herrn bereits in unserer Mitte! In dieser Eucharistiefeier, in der die Kirche in Schottland sich vereint mit dem Nachfolger Petri um den Altar versammelt, laßt uns erneut unseren Glauben an Christi Wort und unsere Hoffnung auf seine Verheißungen bekräftigen – eine Hoffnung, die nie enttäuscht. Ich grüße herzlich Kardinal O’Brien und die schottischen Bischöfe; ich danke besonders Erzbischof Conti für seine freundlichen Worte zur Begrüßung in eurem Namen; und ich möchte meine tiefe Dankbarkeit für die Arbeit ausdrücken, welche die britische und die schottische Regierung sowie die Glasgower Stadtväter geleistet haben, um dieses Ereignis zu ermöglichen.
Das heutige Evangelium erinnert uns daran, daß Christus fortfährt, seine Jünger in die Welt zu senden, um die Ankunft seines Reiches zu verkünden und seinen Frieden in die Welt zu bringen, indem sie Haus für Haus, Familie für Familie, Stadt für Stadt damit beginnen. Ich bin als Bote jenes Friedens zu euch, den geistlichen Kindern des heiligen Andreas, gekommen und möchte euch im Glauben des Petrus bestärken (vgl. Lk 22,32). Mit einer gewissen inneren Ergriffenheit begrüße ich euch unweit des Ortes, an dem mein lieber Vorgänger Papst Johannes Paul II. vor fast dreißig Jahren mit euch die Messe feierte und von der größten Menschenmenge willkommen geheißen wurde, die sich jemals in der schottischen Geschichte versammelt hat.
Vieles ist seit diesem historischen Besuch in Schottland und in der Kirche in diesem Land geschehen. Mit großer Zufriedenheit stelle ich fest, daß der Aufruf von Papst Johannes Paul II. an euch, Hand in Hand mit euren Mitchristen voranzugehen, zu größerem Vertrauen und zu größerer Freundschaft mit den Mitgliedern der Church of Scotland, der Scotish Episcopal Church und anderen geführt hat. Ich möchte euch ermutigen, auch weiterhin mit ihnen zu beten und zu arbeiten für den Aufbau einer helleren Zukunft für Schottland, die auf unserem gemeinsamen christlichen Erbe basiert. In der heutigen ersten Lesung haben wir den heiligen Paulus gehört, wie er die Römer ermahnt anzuerkennen, daß wir als Glieder Christi einander zugehören (vgl. Röm 12,5), und in gegenseitiger Achtung und Liebe zu leben. In diesem Geist begrüße ich die ökumenischen Vertreter, die uns mit ihrer Anwesenheit beehren. In dieses Jahr fällt der vierhundertfünfzigste Jahrestag des Reformations-Parlamentes, aber auch der hundertste Jahrestag der Weltmissions-Konferenz in Edinburgh, die weithin als die Geburtsstunde der modernen ökumenischen Bewegung angesehen wird. Laßt uns Gott danken für die in ökumenischer Verständigung und Zusammenarbeit liegende vielversprechende Hoffnung auf ein geeintes Zeugnis für Gottes rettende Wahrheit in der heutigen schnellebigen Gesellschaft.
Unter den unterschiedlichen Gaben, die der heilige Paulus für den Aufbau der Kirche aufzählt, ist die des Lehrens (vgl. Röm 12,7). Die Verkündigung des Evangeliums war immer begleitet von der Achtung für das Wort: das inspirierte Wort Gottes und die Kultur, in der dieses Wort Wurzeln schlägt und blüht. Hier in Schottland denke ich an die drei mittelalterlichen Universitäten, die in diesem Land von den Päpsten gegründet wurden, einschließlich der Saint Andrews University, die auf das sechshundertjährige Jubiläum ihrer Gründung zugeht. In den letzten dreißig Jahren haben sich die katholischen Schulen, unterstützt von den zivilen Behörden, der Herausforderung gestellt, einer größeren Anzahl von Schülern eine umfassende Ausbildung zu bieten, und das hat den jungen Menschen nicht nur auf dem Weg geistigen und menschlichen Wachstums geholfen, sondern ihnen auch den Zugang zum beruflichen und öffentlichen Leben verschafft. Das ist ein Zeichen großer Hoffnung für die Kirche, und ich ermutige die katholischen Fachkräfte, Politiker und Lehrer Schottlands, niemals ihre Berufung aus den Augen zu verlieren, ihre Begabungen und Erfahrungen in den Dienst des Glaubens zu stellen und dabei die moderne schottische Kultur auf allen Ebenen einzubeziehen.
Die Evangelisierung der Kultur ist um so wichtiger in unserer Zeit, in der eine „Diktatur des Relativismus" droht, die unveränderliche Wahrheit über das Wesen des Menschen, seine Bestimmung und sein höchstes Gut zu verdunkeln. Es gibt jetzt Bestrebungen, den religiösen Glauben aus dem öffentlichen Diskurs auszuschließen, ihn zu privatisieren oder ihn sogar als Bedrohung der Gleichheit und der Freiheit darzustellen. Tatsächlich aber ist Religion eine Garantie für echte Freiheit und Achtung, da sie uns dazu führt, jeden Menschen als Bruder oder Schwester zu betrachten. Aus diesem Grund appelliere ich besonders an euch gläubige Laien, entsprechend eurer in der Taufe begründeten Berufung und Sendung nicht nur öffentlich Vorbilder im Glauben zu sein, sondern euch auch für die Förderung der Weisheit und der Sichtweise des Glaubens in der Öffentlichkeit einzusetzen. Die Gesellschaft braucht heute klare Stimmen, die unser Recht betonen, nicht in einem Dschungel selbstzerstörerischer und willkürlicher Freiheiten zu leben, sondern in einer Gesellschaft, die für das wahre Wohl ihrer Bürger sorgt und ihnen angesichts ihrer Schwäche und Unsicherheit Wegweisung und Schutz bietet. Habt keine Angst, diesen Dienst an euren Brüdern und Schwestern wie auch für die Zukunft eurer geliebten Nation auf euch zu nehmen.
Der heilige Ninian, dessen Fest wir heute feiern, fürchtete sich nicht, eine einsame Stimme zu sein. In den Fußstapfen der Jünger, die unser Herr vor ihm aussandte, war Ninian einer der allerersten katholischen Missionare, die ihren britischen Zeitgenossen die gute Nachricht von Jesus Christus brachten. Seine Missionskirche in Galloway wurde ein Zentrum für die erste Evangelisierung dieses Landes. Dieses Werk wurde später vom heiligen Mungo, dem Patron Glasgows, und von anderen Heiligen weitergeführt, zu deren größten wohl der heilige Kolumban und die heilige Margareta gehören. Von ihnen inspiriert, haben sich über viele Jahrhunderte hin zahlreiche Männer und Frauen dafür eingesetzt, euch den Glauben zu überbringen. Bemüht euch, dieser großen Tradition würdig zu sein! Laßt euch durch den Aufruf des heiligen Paulus in der ersten Lesung immer neu anspornen: „Laßt nicht nach in eurem Eifer, laßt euch vom Geist entflammen und dient dem Herrn! Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet!" (Röm 12,11-12).
Nun möchte ich ein spezielles Wort an die Bischöfe von Schottland richten. Liebe Brüder, ich möchte euch in der Hirtensorge für die Katholiken Schottlands ermutigen. Wie ihr wißt, gilt eine eurer ersten pastoralen Pflichten euren Priestern (vgl. Presbyterorum Ordinis, 7) und ihrer Heiligung. Wie sie für die katholische Gemeinde ein alter Christus sind, so seid ihr es für sie. Lebt in eurem brüderlichen Dienst an euren Priestern die Liebe, die von Christus ausgeht, in Vollkommenheit, indem ihr mit ihnen allen zusammenarbeitet, besonders mit denjenigen, die wenig Kontakt zu ihren Mitbrüdern haben. Betet mit ihnen um Berufungen, daß der Herr der Ernte Arbeiter in seine Ernte sende (vgl. Lk 10,2). Genauso wie die Eucharistie die Kirche bildet, ist das Priestertum zentral für das Leben der Kirche. Setzt euch persönlich dafür ein, eure Priester zu einer Gruppe von Männern heranzubilden, die andere anspornen, sich ganz und gar dem Dienst des allmächtigen Gottes zu widmen. Tragt Sorge auch für eure Diakone, deren Dienstamt in besonderer Weise dem der Bischöfe zugeordnet ist. Seid ihnen ein Vater und ein Ratgeber in Heiligkeit, und ermuntert sie, in der Ausübung ihrer Sendung als Verkünder, zu der sie berufen wurden, an Kenntnis und Weisheit zuzunehmen.
Liebe Priester von Schottland, ihr seid zur Heiligkeit berufen und dazu, dem Volk Gottes zu dienen, indem ihr euer Leben in Einklang mit dem Geheimnis des Kreuzes des Herrn gestaltet. Verkündet das Evangelium mit lauterem Herzen und reinem Gewissen. Gebt euch Gott allein hin, und ihr werdet für junge Männer zu einem leuchtenden Vorbild eines heiligen, einfachen und frohen Lebens werden: Sicher werden dann diese ihrerseits den Wunsch hegen, sich euch in eurem zielstrebigen Dienst am Volk Gottes anzuschließen. Möge das Beispiel des heiligen John Ogilvie in seiner Hingabe, Selbstlosigkeit und Tapferkeit euch alle inspirieren. Ähnlich möchte ich euch, die Mönche, die Nonnen und alle Ordensleute Schottlands, ermuntern, ein Licht auf einem Berggipfel zu sein durch ein authentisches christliches Leben in Gebet und Tat, das auf leuchtende Weise die Kraft des Evangeliums bezeugt.
Zum Schluß möchte ich noch ein Wort an euch, liebe junge Katholiken Schottlands, richten. Ich möchte euch dringend ans Herz legen, ein Leben zu führen, das des Herrn (vgl. Eph 4,1) und euer selbst würdig ist. Viele Versuchungen stehen euch Tag um Tag vor Augen – Drogen, Geld, Sex, Pornographie, Alkohol –, von denen die Welt euch vorgaukelt, sie brächten Glück, doch diese Dinge sind zerstörerisch und zwiespältig. Nur eines ist dauerhaft: die Liebe, die Jesus Christus persönlich zu einem jeden von euch hat. Sucht ihn, lernt ihn kennen und liebt ihn, dann wird er euch befreien von der Sklaverei gegenüber der verlockenden, aber oberflächlichen Existenz, für die die heutige Gesellschaft so häufig wirbt. Legt ab, was wertlos ist, und lernt von eurer eigenen Würde als Kinder Gottes. Im heutigen Evangelium bittet Jesus uns, um Berufungen zu beten: Ich bete darum, daß viele von euch Jesus kennen und lieben lernen und durch diese Begegnung dahin gelangen, sich ganz Gott hinzugeben, besonders diejenigen unter euch, die zum Priestertum und zum Ordensleben berufen sind. Dies ist der Ruf, den Gott jetzt an euch richtet: Die Kirche heute ist eure!
Liebe Freunde, noch einmal drücke ich meine Freude darüber aus, diese Messe mit euch zu feiern. Gern versichere ich euch meines Gebetes in der alten Sprache eures Landes: Sìth agus beannachd Dhe dhuibh uile; Dia bhi timcheall oirbh; agus gum beannaicheadh Dia Alba. Gottes Frieden und Segen sei mit euch allen; Gott umgebe euch; und Gott segne das schottische Volk!" (rv)
GB: Benedikt in Schottland – Erste Eindrücke
Papstreise nach Großbritannien: 1. Tag
Unser Redaktionsleiter P. Bernd Hagenkord beobachtet Papst Benedikts Reise nach England und Schottland für uns. Hier seine ersten Eindrücke.
Stürmisch war es und typisch britisch: stürmisch des Windes wegen und typisch britisch, weil der Empfang gleich eine ganze Reihe von Eigenheiten des Landes zeigte. Der Herzog von Edinburgh am Flughafen, die Soldaten im Schottenrock, das Understatement der Verantwortlichen, alles das gehört zum Besonderen hier in Großbritannien. Tief in Tradition verankert und gleichzeitig sehr modern, so zeigt sich das Land dem Besucher.
Viel ist im Vorfeld über den Charakter des Staatsbesuches gesprochen worden. Die Ankunft des Papstes in Edinburgh und der Empfang im Palast von Holyroodhouse haben ein erstes Bild davon gezeigt: die Begegnung mit den Katholiken, die Gespräche mit den andren Christen, besonders den Anglikanern, aber ganz besonders der Besuch in einer säkularen Welt sind die Anliegen Benedikts XVI.
In seiner Begrüßungsansprache an die Königin hat Benedikt XVI. auf die christlichen Wurzeln hingewiesen, die immer noch das Land prägen.
Diese Wurzeln möchte er ansprechen und über die Rolle von Religion, die Bedeutung Gottes in der modernen und säkularen Welt sprechen. Und dazu ist er hier, in einem der am meisten säkularisierten Länder Europas, genau am richtigen Platz. Auch Königin Elisabeth II. hat diesen Aspekt der Reise hervorgehoben.
Auf den Straßen waren keine Menschenmassen zu sehen, auch das war auffällig.
Ein freundlicher Empfang, aber auch hier regiert das Understatement.
Es wird schwierig werden für den Papst. Die Menschen sind interessiert und gespannt, aber gejubelt wird eher verhalten – auch das ist Teil des Besuchs. Benedikt begegnet einer Gesellschaft, in der Religion nicht selbstverständlich ist, und er besucht eine katholischen Kirche, die eine Minderheit ist.
Der zweite Tage der Reise, der Freitag, wird zeigen, wie er die Menschen in Großbritannien erreicht. (rv)
Der unsichtbare Papst – ein Korrespondentengespräch
Papstreise nach Großbritannien: 1. Tag
Erster Tag der Papstreise nach Großbritannien: Von London aus verfolgt unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord SJ Benedikts erste Schritte auf schottischem Boden. Wir fragten ihn, inwieweit die Briten für die Visite aus Rom gerüstet sind. Reden denn die Leute über den Staatsgast aus dem Vatikan?
„Wir haben die Möglichkeit gehabt, einige Orte schon vorher zu besuchen, zum Beispiel den Lambeth Palace – die Halle und auch die Privaträume, wo das Treffen mit Primas Rowan Williams sein wird –, die Westminster Cathedral und anderes. Alles ist bestens vorbereitet. Und auch inhaltlich: Ich habe mit einigen Verantwortlichen sprechen können und den Eindruck, dass der Papst hier sehr willkommen ist, vor allem auch in der anglikanischen Kirche. Man will die Gelegenheit nutzen, miteinander zu sprechen. Die Vorbereitungen sind bestens – jetzt werden wir sehen, was der Papst und die Menschen, die er trifft, daraus machen…"
Und merkt man in der britischen Hauptstadt schon etwas davon, dass der Papst an diesem Donnerstag Abend dort eintrifft?
„Die Zeitungen an jeder Straßenecke haben ein Bild vom Papstbesuch auf der Titelseite, aber sonst ist der Besuch in London – noch – unsichtbar. Ein wenig merkwürdig ist das schon, vor allem für uns Journalisten. Da ist ein Großereignis – und es ist nicht wirklich sichtbar. Wenn man nicht wüßte, was in den nächsten Tagen passiert, könnte man das glatt uebersehen. Einige der Stände, wo man Souvenirs kaufen kann, Teddys in Gardeuniformen und so, verkaufen zwar auch gelb-weisse Fahnen, aber nur wenig. Sonst ist da so gut wie nichts sichtbar. Mit den Verkehrssperrungen wird das zwar schnell anders werden, es zeigt aber auch, dass der Papst kein Heimspiel hat, wenn ich das einmal so ausdrücken darf. Es wird nicht einfach für ihn werden, die Menschen zu erreichen, mit ihnen zu sprechen; zu viele interessiert das einfach nicht."
Für was interessiert sich der Mann auf der Straße denn im Moment sonst, wenn nicht für den bevorstehenden Papstbesuch in London?
„Bei den Straßengesprächen oder in den Pubs ist das kein großes Thema. Auf der Straße redet man über die Verurteilung von George Michael und über die fehlende Polizei und über Politik, aber der Papst ist nicht wirklich ein Thema. Es ist ein großer Unterschied zu Johannes Paul II. Mit seinem Charisma hat er auch in nicht-katholischen Ländern Massen angezogen. Benedikt ist anders. Und das sieht man ganz deutlich besonders bei diesem Besuch: Er will Themen ansprechen, den Atheismus und seine Folgen, die Ökumene mit den Anglikanern, die Frage nach Gott in der Gesellschaft, all diese Dinge… und das ist natürlich keine einfache Kost. Benedikt reist nicht, um bejubelt zu werden, sondern um Themen anzusprechen. Und wenn man das tut, muss man sich klar sein, dass das in einer modernen Gesellschaft nicht alle interessiert. Und er ist trotzdem gekommen. Das zeigt, das Benedikt diese Diskussionskultur Ernst nimmt und sich beteiligen will. Aber er muss Überzeugungsarbeit leisten. Mein Eindruck ist, dass man nicht so genau weiss, was man von Benedikt halten soll. Bei Johannes Paul war das einfacher; jetzt muss man denken und genau zuhören, einfacher Jubel für den Star reicht nicht. Die Starkultur ist sehr stark hier, besonders auch in der Politik und überhaupt im öffentlichen Leben; da will Papst Benedikt nicht so richtig reinpassen. Oder besser: Da will er sich auch gar nicht einfügen. Deswegen werden, denke ich, erst die nächsten Tage zeigen, was die Briten von Benedikt halten."
Der Papst hat ja schon auf dem Flug nach Edinburgh das Thema Missbrauchs-Skandale angesprochen…
„Das ist schon fast eine Tradition geworden. Es gibt Dinge, die den Besuch begleiten werden, und die Missbrauchs-Debatte gehört dazu. Es ist ja nicht das erste Mal, dass Benedikt im Flugzeug die heiklen Punkte quasi schon vorweg nimmt. Damit schafft er das Thema nicht aus der Welt, aber er kann den richtigen Ton finden. Die Menschen, zu denen er kommt, sind ja schon viel länger als wir in Deutschland oder Österreich oder der Schweiz mit diesen Missbrauchsfällen beschäftigt, und die Menschen wollten hören, wie der Papst dazu steht. Das hat er im Flugzeug noch einmal sehr klar und sehr persönlich ausgedrückt. Das hier ist eine gebrochene Kirche, durch diese Missbrauchsfälle gebrochene Kirche, und dem hat der Papst mit seinen Worten Respekt erwiesen."
Der Papst befindet sich auf dieser Reise sozusagen im Epizentrum des neuen (und manchmal auch kämpferischen) Atheismus. Wie wird sich das auswirken?
„Atheismus ist vielleicht die geheime Überschrift über der Reise, zumindest eine Kapitelüberschrift. Viel von der harten Kritik um Vorfeld und auch jetzt auf den Bildschirmen kommt von Menschen, die sich als Atheisten bezeichnen und die eine Rolle spielen hier, mindestens in den Medien. Dass er das auch im Flugzeug angesprochen hat, zeigt, dass er genau weiss, was ihm hier begegnen wird. Ich glaube, man muss diese Kritik als das nehmen, was sie ist. Man muss mit den Kritikern sprechen, und genau dazu wird der Papst sicherlich auch einiges sagen, spätestens in der Westminster Hall. Natürlich gibt es auch hier die üblichen Verdächtigen, die selber keine Kritik vertragen, aber so ist das. Was der Papst immer wieder sagt, ist, dass eine Welt ohne Gott und ohne Religion keinen Grund hat, dass das gefährlich ist für uns Menschen. Und das wird sicherlich auch hier ein Thema für ihn sein." (rv)
GB: Papst trifft Königin
Papstreise nach Großbritannien: 1. Tag
Unter Dudelsackklängen und reger Anteilnahme zahlreicher Gläubiger und Neugieriger gelangte Benedikt durch das Zentrum Edinburghs, das zum UNO-Weltkulturerbe zählt, in den königlichen Palast. Die Queen in einem taubengrauen Kostüm mit Hut nahm das Kirchenoberhaupt im Morning Room in Empfang, während gleichzeitig in einem anderen Saal Kardinalstaatsskretär Tarcisio Bertone den britischen Vizepremier Nick Clegg traf.
In seiner Ansprache vor der Queen und anderen politischen und kirchlichen Autoritäten, darunter dem anglikanischen Primas Erzbischof Rowan Williams, würdigte der Papst den damaligen Widerstand Großbritanniens gegen die Nazidiktatur. Er wandte sich gegen den heutigen „aggressiven Säkularismus" und forderte die britischen Medien dazu auf, respektvoll mit der Menschenwürde umzugehen. Hier die Kernsätze der ersten Rede Papst Benedikts auf britischem Boden:
„Eure Majestät! Ich danke Ihnen für Ihre liebenswürdige Einladung zu einem offiziellen Besuch in das Vereinigte Königreich… Tiefe christliche Wurzeln sind immer noch in jeder Schicht britischen Lebens vorhanden… Der Glaube wird eine starke Kraft zum Guten in Ihrem Königreich bleiben – zum Nutzen für Christen ebenso wie für Nichtchristen.
Selbst aus unserer Zeit können wir uns in Erinnerung rufen, wie Großbritannien und seine Verantwortlichen der Nazityrannei widerstanden haben, die Gott aus der Gesellschaft entfernen wollte und vielen das allgemeine Menschsein absprachen, besonders den Juden, die als „lebensunwert" betrachtet wurden. Ebenso möchte ich an die Haltung jenes Regimes gegenüber christlichen Pastoren und Ordensleuten erinnern, welche die Wahrheit in Liebe sagten, sich den Nazis entgegenstellten und diesen Widerstand mit ihrem Leben bezahlten.
Wenn wir über die nüchternen Lektionen des atheistischen Extremismus des 20. Jahrhunderts nachdenken, wollen wir nicht vergessen, wie der Ausschluß von Gott, Religion und Tugend aus dem öffentlichen Leben uns letztlich zu einer verkürzten Vision des Menschen und der Gesellschaft führt und damit zu einer herabwürdigenden Sicht des Menschen und seiner Bestimmung.
Die Regierung Eurer Majestät und die Regierung Irlands haben … dazu beigetragen, eine Friedensresolution für den Nordirland-Konflikt auf den Weg zu bringen. Ich ermuntere alle Beteiligten, auf dem … Weg zum Frieden weiter mutig voranzuschreiten.
Das Vereinigte Königreich bleibt politisch und wirtschaftlich eine Schlüsselfigur auf der internationalen Bühne… Entsprechend haben auch die britischen Medien, deren Meinungen ein so breites Publikum erreichen, eine schwerwiegendere Verantwortung als die meisten anderen Medien und eine größere Gelegenheit, … die Ausbreitung authentischer Menschenrechte zu fördern.
Heute strebt das Vereinigte Königreich danach, eine moderne und multikulturelle Gesellschaft zu sein. Bei diesem interessanten Unternehmen möge es stets seinen Respekt vor jenen traditionellen Werten und kulturellen Ausdrucksformen bewahren, die von aggressiveren Formen des Säkularismus nicht länger für wichtig erachtet oder nicht einmal mehr toleriert werden."
Religion war immer zentral für die Identität Großbritanniens, sagte die Queen, und sie könne eine Rolle spielen beim Zusammenleben in einer multikulturellen Gesellschaft. In Großbritannien sei Kultfreiheit an der Basis der Demokratie. (rv)
Papst in Großbritannien: Ökumene-Chef gibt sich hoffnungsvoll
Bald ist es soweit und Benedikt XVI. wird erstmals als Papst britischen Boden berühren. Die Diskussionen rund um die Papstreise nach Großbritannien reißen nicht ab. Insbesondere die Beziehung zu den Anglikanern bleibt weiterhin ein heikles Thema. Doch der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, der Schweizer Erzbischof Kurt Koch, ist zuversichtlich, dass Papst Benedikts Reise in dieser Hinsicht ein Erfolg wird. Er selber wird den Papst bei der Reise vom 16. bis 19. September begleiten.
„Ich gehe mit einer großen Hoffnung nach Großbritannien, wo gewisse Reserven gegenüber der katholischen Kirche und besonders gegen den Papst präsent sind. Ich hoffe aber, dass sie spüren können, wie Papst Benedikt XVI. ein sehr sensibler Christ ist, der ökumenisch offen ist und eine gute Botschaft bringen will. Er will vor allem eine Botschaft der Ermutigung bringen. Davon bin ich überzeugt, dass diese Reise Hoffnung geben wird, auch was die Zukunft der Ökumene betrifft."
Kritische Stimmen aus der anglikanischen Kirche sind besorgt über das vatikanische Dokument „Anglicanorum Coetibus". In diesem Dokument geht es die anglikanischen Gruppen, die zur katholischen Kirche wechseln wollen. Erzbischof Koch:
„Es hat immer Konversionen gegeben. Es gehört zum Einmaleins der Ökumene, dass man Gewissensentscheide der Einzelnen ernst nimmt. Wenn einer in einer Kirche groß geworden ist, aber in eine andere Kirche gehen möchte, so müssen wir das respektieren. Genauso wie wenn ein Katholik in eine protestantische Kirche geht, müssen wir das respektieren. Neu ist, dass Gemeinschaften und größere Gruppierungen und vielleicht sogar Bischöfe diesen Weg einschlagen können. Deshalb hat der Papst hierfür einen anderen Weg suchen müssen, als bei der Konversion von Einzelnen."
Ein Blick in die Schweizer Heimat: Am Mittwoch wurde in Solothurn der Nachfolger Kurt Kochs als Bischof von Basel gewählt. Ein Kommentar aus Rom:
„Die Wahl ist geschehen. Ich weiß aber nichts Genaueres. Gott sei Dank! Ich hoffe, dass es eine gute Zukunft geben wird und ich bin weiterhin sehr verbunden mit dem Bistums – das mir natürlich immer am Herzen liegt – dem neuen Bischof wünsche ich, Mut in der Zeit seiner Besinnung und nachher alles Gute und Gottes Segen für seine Arbeit. Ich freue mich, wenn ich weiß wer es sein wird." (rv)