Kardinal Lehmann äußerte sich in einer Pressekonferenz in Rom direkt nach der Papstwahl zu Papst Franziskus. Wir haben hier die Grundaussagen zusammengestellt. Anhören können Sie diese mit einem Klick auf das Lautsprechersymbol oben links.
Bergoglio als Papstkandidat
„Ich war eigentlich ganz froh, dass es fast so aussah in den letzten Tagen, also ob man Bergoglio eigentlich vergessen hätte. Über ihn war nicht so viel die Rede, wie von anderen. Das ist immer ganz interessant, es gibt immer ein Auf und Ab. Erst in den letzten zwei oder drei Tagen spürte man – auch durch die Art und Weise, wie er geredet hat – das da Potenz hinter steckt. Und das spürte man auch heute in kleinen Gesten. Das erste umwerfende war natürlich, dass der erste Jesuit als Papst auf die Frage nach seinem Namen sagte: ‚Franziskus in Erinnerung an Franz von Assisi’. Das war natürlich eine eigene Marke, die sichtbar geworden ist.
Bevor er die Kardinäle im Einzelnen begrüßt, hat er entdeckt, dass ganz hinten ein behinderter kränklicher Mitbruder aus Indien sitzt – Kardinal Ivan Dias – der auch hier schon in Rom gewesen ist in der Missionsabteilung. Da ist er extra zu ihm hin, hat ihn als Ersten begrüßt und das war ein wichtiges Zeichen. Also er war außerordentlich unkompliziert und dabei ist er knapp und die Gesten sind sehr individuell und expressiv. So dass ich glaube, dass er sich nicht schwer tun wird mit den Menschen.“
Während und nach der Wahl
„Ich war zwei Plätze neben ihm gesessen und habe ihn bewundert, mit welcher Ruhe er den ganzen Tag alles hat über sich ergehen lassen. Und dann geht ein Mann durch die Türe und kommt nach einer halben Stunde als Papst in weiß gekleidet wieder. Und er weiß sich sofort zu benehmen. Weiß sofort die richtige Sprache, das hat mir sehr imponiert.“
Bergoglios Gesten
„Ich würde jetzt am Anfang nicht so viel hinein geheimnissen. Er vertritt natürlich eine gesunde und normale Theologie und Ekklesiologie und auch vom Papsttum. Ich sehe eher seinen Willen und seine Fähigkeit, gleich auch die Adressaten, hier die vielen Menschen von Rom, die zusammen geströmt sind, konkret anzusprechen: ‚Ich bin jetzt euer Bischof’. Das ist natürlich auch ein Gewinn, dass er das sofort und so konkret zum Ausdruck bringt.“
Bergoglio und die argentinische Politik
„Ich habe mit zwei Kardinälen aus Lateinamerika geredet, die ich kenne und die haben mir alle gesagt, dass er auf die Politik einen Einfluss hat, aber nie in eine Abhängigkeit gekommen ist. Man hat immer wieder versucht, ihm was anzuhängen mit Blick auf die schwierigen Zeiten in Argentinien, das sei aber nicht gelungen.“
Bergoglio und die Kurie
„Er kennt mit Sicherheit die Probleme der Kurie. Ich bin froh, dass er da nicht so verwickelt ist. Und das er nicht so bekannte Freundschaften hier mit einflussreichen Leuten hat und das diese für ihn auch keine Kategorie ist in seinem bisherigen Leben. Aber er ist schlau genug, um Einflüsse zu wissen. Da wird man ihm Zeit lassen müssen. Aber da kann man nicht absehen, was er da macht. Aber wenn er da Durchsetzungsfähig ist. Und im Laufe der Woche konnte er schon ahnen, was für Aufgaben in der Kurie auf ihn zukommen. Das gehörte mit zur Unbefangenheit des Redens in den letzten Tagen Da hat jeder, der damit rechnen musste, ein Paket mitgenommen.“ (rv)