Papst Franziskus ist in Israel eingetroffen. Von Betlehem in Palästina her kommend landete sein Hubschrauber am Sonntagnachmittag in Tel Aviv. Dort begrüßten ihn der italienische Präsident Schimon Peres und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Von Tel Aviv aus wird der Papst nach Jerusalem weiterreisen, wo er am Sonntagabend mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios in der Grabes- und Auferstehungskirche beten will. Am Sonntagmorgen hatte Papst Franziskus knapp sieben Stunden in der Geburtsstadt Jesu Betlehem verbracht. Nach einer Messe auf dem Krippenplatz aß er mit palästinensischen Familien zu Mittag. Anschließend betete er still in der Geburtsgrotte Jesu unter der orthodoxen Geburtskirche. Vor seiner Weiterreise nach Israel besuchte er auch noch palästinensische Flüchtlingskinder in einem Lager in der Nähe von Betlehem. Ihnen sagte er: „Lasst nicht zu, dass die Vergangenheit euer Leben bestimmt. Schaut immer nach vorn. Arbeitet und kämpft, um die Dinge zu erreichen, die ihr wollt. Die Gewalt besiegt man nicht mit der Gewalt. Gewalt besiegt man mit Frieden. Mit Frieden, Arbeit, und mit der Würde, die Heimat voranzubringen. Ich bitte Gott, dass er euch segnet! Und euch bitte ich, für mich zu beten.“ (rv)
Schlagwort: Patriarchen Bartholomaios
Reise mit Besonderheiten
Nur drei Tage wird die Visite von Papst Franziskus im Heiligen Land dauern – sogar nur zwei Tage und vierzehn Stunden nach offizieller vatikanischer Zählung. Trotzdem nimmt sich Franziskus dabei Zeit für gleich vier Begegnungen mit dem orthodoxen Patriarchen Bartholomaios. Überhaupt weist das Reiseprogramm, das an vielen Punkten die deutliche Handschrift des Papstes selbst trägt, einige Besonderheiten auf.
Klassisch ist der Auftakt in Amman am Samstag: Hier folgt Franziskus den Vorlagen der drei anderen Päpste, die bereits Jordanien besucht haben. Eine Messe im Al-Hussein-Stadion hat auch schon Benedikt XVI. gefeiert. Wie schon 2009 bei Benedikt kommt es auch bei Franziskus nicht zu einem Extra-Besuch in einem jordanischen Flüchtlingslager; dabei liegt in der jordanischen Wüste eines der schlimmsten Lager von Flüchtlingen des syrischen Bürgerkrieges, die es gibt. Immerhin will der Papst einige hundert Flüchtlinge an der Taufstelle Jesu am Jordan treffen. Sehr auffallend ist auch, dass Franziskus in Amman keine Moschee besucht: Johannes Paul II. hatte im syrischen Damaskus die Ommayaden-Moschee betreten, Benedikt XVI. in der Al-Hussein-Bin-Talal-Moschee von Amman eine Grundsatzrede gehalten.
Besonders auffallend im Papst-Programm ist, dass Franziskus erst in die Palästinensergebiete, konkret nach Betlehem, reist – und dann erst nach Israel. Außerdem wird Palästina in den Programmtexten ausdrücklich zum Staat aufgewertet, ein Novum gegenüber den bisherigen Papstreisen. Der Vorrang Betlehems führt dazu, dass Franziskus zur Einreise nach Israel eigens noch einmal nach Tel Aviv fliegt und dafür einen Umweg von insgesamt 125 km per Hubschrauber in Kauf nimmt. Einfacher wäre es gewesen, der Papst würde von Betlehem durch die Sperrmauer ins benachbarte Jerusalem weiterfahren – hier knirscht es im Protokoll-Gebälk.
„Israelische Bedingungen machen Papstreise nach Nazareth unmöglich“
Gegenüber bisherigen Papstreisen gibt es für Franziskus in Jerusalem zwei Neuerungen: einen ökumenischen Gottesdienst in der Grabeskirche und – Balsam für Zionistenherzen – einen Besuch am Grab von Theodor Herzl. Auffallend ist, was fehlt: keine öffentliche Messfeier in Jerusalem, vor allem. Zu Benedikts Messe zwischen Ölberg und Felsendom waren 2009 wegen der horrenden Sicherheitsmaßnahmen längst nicht so viele Christen gekommen wie vorgesehen, daraus hat der Vatikan offenbar seine Schlüsse gezogen. Und kein interreligiöses Treffen, wie es sowohl Johannes Paul II. 2000 als auch Benedikt XVI. 2009 durchgeführt hatten. Beide Male hatte ein und derselbe Islamvertreter die Begegnung mit Hasstiraden gegen Israel zu sprengen versucht – ein drittes Mal will sich das der Heilige Stuhl ersparen.
Dass Franziskus nicht nach Galiläa reist, schmerzt viele Christen. „Es hieß doch ‚Jesus von Nazareth’ und nicht ‚Jesus von Jerusalem’“, sagt sogar ein früherer Sprecher des Lateinischen Patriarchats. Der Lateinische Patriarchalvikar für Nazareth Giacinto-Boulos Marcuzzo macht dafür Israel verantwortlich: „Der Staat Israel hat diesmal mehrere Bedingungen gestellt und neue diplomatische und protokollarische Aspekte eingeführt, darunter den Besuch am Herzl-Grab“, so Marcuzzo im Gespräch mit ‚Oasis’. „Diese Bedingungen haben viel Zeit vom Papst-Programm beansprucht, das macht einen Papstbesuch in Nazareth unmöglich und schränkt auch den pastoralen Aspekt der Reise zugunsten des protokollarischen Aspekts ein.“ (rv)