Papst Benedikt XVI. hat bei seinem Besuch auf Malta am Samstagabend die Paulusgrotte besucht. Die Grotte befindet sich in Rabat, eine Ortschaft in der Nähe der Hauptstadt Valletta. Der Völkerapostel Paulus strandete der Tradition nach vor genau 1.950 Jahren und lebte drei Monate lang auf Malta. In der Grotte sagte der Papst:
„Der Aufenthalt des Völkerapostels Paulus ist ein unvergessliches Ereignis für die Geschichte der Insel. Mit seiner Botschaft hat Paulus das Christentum tief verwurzelt und die nationale Identität Maltas geprägt. Auch heute ist diese Insel ein christliches Zeugnis angesichts der vielen Bedrohungen gegen die Heiligkeit des Lebens und die Würde von Ehe und Familie notwendig. Nach wie vor braucht die Gesellschaft grundlegende moralische Werte. Nur sie bilden die Grundlage für echte Freiheit und tatsächlichen Fortschritt. Das gleiche Evangelium, das vor 1.950 Jahren der Apostel Paulus auf der Insel predigte, muss auch heute im Rahmen einer Neuevangelisierung die Menschen zur Umkehr, zu einem neuen Leben und zu einer Zukunft in Hoffnung anhalten."
Nach seiner Ankunft in Rabat betete der Papst zunächst still vor dem Tabernakel in der Kirche. Dann stieg er in die Grotte hinab. Als Geschenk hinterließ er eine silberne Votivlampe und seinen Pileolus, die weiße Kopfbedeckung des Papstes.
Geistigen Vater Maltas
Paulus sei durch seinen durch einen heftigen Sturm erzwungenen Aufenthalt zum geistigen Vater Maltas geworden, sagte der Papst. Er dankte den rund 250 Missionaren für ihre Arbeit, die an dem Gebetstreffen in der Paulusgrotte teilnahmen. Wie der Völkerapostel Paulus verkündeten und bezeugten sie das Christentum in der Welt. Rund um die Kirche in Rabat herrschte Volksfeststimmung. (rv)
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Die Paulusgrotte – Keimzelle des maltesischen Christentums
Die Paulusgrotte gilt den Maltesern als jener Ort, an dem der heilige Paulus drei Monate lang unter den Römern gefangen saß und gelehrt hat. Unser Kollege Stefan Kempis war schon vor dem Papstbesuch dort und beschreibt seine Eindrücke vor Ort:
La Valletta, Busbahnhof, gleich vor den festungsartigen Mauern der Hauptstadt, die im 16. Jahrhundert von den Malteserrittern angelegt wurde. Von hier fährt Bus Nummer 81 in einen noch älteren Teil der Geschichte von Malta: 25 Minuten Fahrt für einen Sprung ins Jahr 60, in die Zeit des Apostels Paulus. Wir fahren nach Rabat, zur Pauluskirche: In der alten Grotte darunter soll der Völkerapostel, wie die letzten Seiten der „Apostelgeschichte" erzählen, drei Monate lang gelebt und gelehrt haben, als Gefangener des Römischen Reichs. Der Bus fährt durch mehrere Städte und Dörfer, aber man merkt kaum die Übergänge, eher ist es, als fahre man durch immer neue Viertel immer der gleichen Stadt. Fernab der Küste ist Malta leicht hügelig, windig, trocken: Überall Kakteen, Palmen, gelblicher Stein.
Ankunft in Rabat: Das Städtchen, in dem auch Benedikt XVI. bei seinem Besuch übernachtet, liegt wie ein Adlernest auf einer Kuppe, beherrscht von der Silhouette der barocken Basilika, mit ihrer rotweißen Kuppel. Im Innern des Gotteshauses barocker Überschwang; Arbeiter legen letzte Hand an. Ein paar Stufen hinunter in die dunkle Krypta, dann öffnet sich ein Gittertor zu einer Art Höhle: Hier in diesem kleinen Raum schlug also die Stunde Null für Maltas Christentum.
„Paulus ist unser Vater", erklärt mit großer Selbstverständlichkeit Luis Suban, der Erzpriester der Basilika. „Er ist unser Vater im Glauben. Da ist es doch natürlich, dass der Papst 1.950 Jahre nach Paulus` Schiffbruch nach Malta kommt… Übrigens", so glaubt Suban, „hat der Papst ja sowieso ein Faible für Malta. Sein zweiter Sekretär kommt von hier und ein enger Mitarbeiter in der Glaubenskongregation, und wäre er nicht zum Papst gewählt worden, wäre er im Juni 2005 nach Malta gekommen – das war schon alles geplant. Ich hoffe, wir bereiten ihm einen schönen Empfang – der Besuch wurde ja im Februar angekündigt, und wir sind immer noch nicht fertig mit den Vorbereitungen…"
Die Grotte ist klein und eng; Besucher haben sie im Lauf der Jahrhunderte erweitert, indem sie Staub von den Wänden kratzten, galt dieser doch als wundertätig, als Heilmittel gegen Schlangengift.
„Da, wo die heutige Kirche liegt, war der Stadtrand des antiken Melite; hier, gleich vor den Toren der Stadt, war das römische Gefängnis. Und das hier ist eine Zelle dieses römischen Kerkers… Die Statue dort kommt aus der Schule des Bernini, sie wurde von einem Großmeister des Barock hier aufgestellt. Dann sieht man hier Bilder von Johannes Paul II., der ebenfalls 1990 diesen Ort besucht hat – er hat hier zwanzig Minuten lang alleine gebetet! -, und das hier sind Lampen, die die Johanniter und Malteserritter gestiftet haben. Hier schließlich sehen Sie vier Lampen, die Papst Paul VI. gestiftet hat. Und diese Treppen dort führen in die Katakomben…"
„Paulus-Katakomben" – am Eingang zu diesem Komplex kommen wir später vorbei, als wir wieder draußen sind an der frischen Luft. Der christliche Friedhof stammt aus dem vierten Jahrhundert – erster sicherer Nachweis für eine christliche Gemeinde auf der Insel, wenn man vom Zeugnis der „Apostelgeschichte" einmal absieht. Rabats Gassen sind eng, gewunden, orientalisch. In einem mit Büchern nur so vollgestopften Zimmer besuchen wir noch auf einen Sprung den wohl eminentesten Paulusforscher der Insel, den Priester John Azzopardi – er kommt aus einer der bekanntesten Familien von Malta.
„Ich habe immer in einem Paulus-Ambiente gelebt", sagt Azzopardi, „alle meine Forschungen kreisen darum. Paulus auf Malta – das ist eine eigene Kultur für sich. Er ist ein Symbol, er hat einen wichtigen Teil von Maltas Identität mitgeformt. Darüber habe ich übrigens gerade ein Buch geschrieben, das ich heute abend im Büro des Ministerpräsidenten vorstelle… Wir sind das einzige Volk der Welt zusammen mit Griechenland, das den von Paulus gebrachten Glauben bis heute bewahrt hat. Und wir sind die einzigen überhaupt, die ihn nicht nur Völkerapostel nennen, sondern unseren Vater! Genau das steht auch in einer schönen lateinischen Inschrift über der Paulusgrotte: Anderen ist er Lehrer, uns ist er Vater…"
Azzopardi kann beredt schildern, wie herzlich Paulus, obzwar Gefangener, von den Maltesern dereinst aufgenommen worden ist. Wenn Paulus allerdings heute Schiffbruch vor Malta erleiden würde – das weiß auch der Geistliche – dann würde er ohne große Umstände in ein Internierungslager für Immigranten geschafft.
„Wissen Sie, die Immigration bedeutet für uns große wirtschaftliche Probleme… Unmenschliche Bedingungen in den Lagern? Naja – vielleicht aus der Sicht unserer Bequemlichkeiten. Aber die Zahl der Ankömmlinge ist so groß und die Probleme so schwerwiegend… die Regierung gibt sich schon große Mühe."
Es wird Abend: Bus Nummer 81 schaukelt zurück nach La Valletta. An Bord auch einige Immigranten mit schwarzer Hautfarbe. Hinter uns zurück bleibt die beeindruckende Silhouette von Rabat. (rv)