Gläubige und Pilger aus der ganzen Welt kommen in das Heilige Land, um die religiösen Feiern in der Grabeskirche zu verfolgen, Christen aller Konfessionen sind am Karfreitag dort, um mit Holzkreuzen den Leidensweg Jesu – die Via Dolorosa – nachzuempfinden. Dieses Jahr überlagern sich die religiösen Feste in Jerusalem. Trotz unterschiedlicher Kalendersysteme feiern die Christen der Ost- und Westkirche zur selben Zeit Ostern und zusätzlich die Juden ihr Pessach-Fest. Alle wollen nach Jerusalem! Der Journalist Ulrich Sahm ist vor Ort und hat in einem Interview mit dem Domradio vom Ausnahmezustand erzählt:
„Da steht natürlich das ganze Land Kopf. In diesen Tagen werden in einem Land von einer Bevölkerung von nur acht Millionen Menschen eine Million Menschen allein den Flughafen passieren. Pilger, die kommen und Israelis, die in den Pessach-Urlaub irgendwohin fliegen, in die Türkei oder anderswohin. Die Polizei steht Kopf, weil fürchterliche Staus erwartet werden. Insofern ist es furchtbar.“
Es ist selten, dass Ostern der West- und Ostkirche an einem Termin zusammenfallen. Das passiert erst wieder 2017 und dann wieder 2025. Warum? West- und Ostkirche konnten sich bisher nicht auf ein gemeinsames Datum für die Feier der Auferstehung Christi einigen. In den meisten orthodoxen Kirchen richtet sich die Lage der Festtage nach dem alten Julianischen Kalender und nicht nach dem Gregorianischen Kalender, den Papst Gregor XIII. im 16. Jahrhundert im Zug seiner Kalenderreform einführte. Dieser gemeinsame und große Ansturm der Gläubigen führt in Jerusalem zu erhöhten Sicherheitsmaßnahmen, kontrollierten Zugängen in der Altstadt und schließlich auch zu Beschränkungen am Tempelberg. In den vergangenen Tagen ist es zu Ausschreitungen zwischen Palästinensern und israelischer Polizei gekommen, gefährlich sei es aber nicht, so Ulrich Sahm.
„Anschläge, würde ich sagen, kann man fast ausschließen. Es gibt Spannungen auf dem Tempelberg, zum Beispiel haben dann die Israelis beschlossen, dass keine Touristen und keine Juden auf den Tempelberg steigen dürfen und dass nur Frauen und Männer über 50 mit israelischem Ausweis dort beten gehen dürfen. Also, es wird versucht, da auch diese Spannungen ein wenig zu mindern, zu lindern. Anschläge werden eigentlich nicht erwartet. Es hat ja schon einige Jahre lang keine richtigen großen Anschläge mehr gegeben, Selbstmordattentate oder dergleichen. Insofern ist Jerusalem eigentlich ein sehr ruhiger Fleck geworden, auch wenn es fürchterlich voll ist.“
Den Ostergottesdienst feiern die Katholiken in der Grabeskirche aufgrund des besonderen Zeitplans der unterschiedlichen Religionen bereits am frühen Samstagmorgen. Laut Sahm kann es passieren, dass durch die Absperrungen und Kontrollen auch einige Christen, die aus fernen Ländern wie Äthiopien angereist sind, bei der Osterzeremonie nicht teilnehmen können. Er befürchte aber keine großen Auseinandersetzungen:
„Da gibt es nun einen so genannten Status quo, das heißt Regeln, die sind über 300 Jahre alt, die aufgestellt worden sind und die dafür sorgen, dass jede religiöse Gemeinschaft, Kirche, Konfession, dass jeder an seinen Altären genau zu festgelegten Zeiten betet oder Gottesdienste feiert, dass die Prozessionen eine nach der anderen abgehalten werden, damit es da nicht zu Zusammenstößen kommt. Es gibt manchmal Prügeleien, weil bei manchen die Uhren nicht so ganz richtig gehen. Aber dafür ist ja Polizei präsent und die sorgt dann dafür, die Streithähne auseinanderzutreiben.“
(rv)