SANTIAGO DE CHILE – Brandanschläge auf Kirchen und Drohungen gegen Franziskus, aber auch freudige Hoffnung: Die 22. Apostolische Reise des Papst bringt den Papst bis Donnerstag dieser Woche nach Chile. Der Besuch wird vor allem wegen des Mapuche-Konflikts stark politisiert. Um sein eigenes Heimatland macht der Papst dabei erneut einen Bogen.
In Santiago de Chile haben kurz vor der Reise des Papstes Anschläge mit primitiven Bomben auf vier Kirchen die Stimmung fröhlicher Erwartung des Pontifex in der mit „Bienvenido“-Plakaten geschmückten Stadt erschüttert. Verletzt wurde niemand. Doch die Botschaft, welche die Brandstifter am Tatort hinterließen, war klar:
„Papst Franziskus, die nächsten Bomben werden in Deiner Soutane sein“.
In weiteren Schriften werfen die Täter Franziskus vor, er vertrete eine „ekelhafte Moral“. Man werde die angestrebte „Herrschaft über Körper, Ideen und Handlungen“ nicht annehmen und diese mit „dem Feuer der Schlacht in die Luft sprengen“.
„Das war eine feige Tat. Ich bin verärgert, gequält, weil das eine arme Gemeinde ist, die davon betroffen ist“, sagte der örtliche Pfarrvikar Marcelo Cabezas.
Der stellvertretende Innenminister, Mahmud Aleuy, besuchte die beschädigten Kirchen und sagte, die chilenische Regierung werde die Täter strafrechtlich verfolgen, wenn sie gefunden werden.
Was steckt hinter der Gewalt?
Es ist nicht das erste Mal, dass an Kirchen Feuer gelegt wird. In den letzten Jahren wurden in Chile immer wieder Kirchen und Kapellen als Zeichen politischen Protests in Brand gesteckt. Meist werden dahinter Aktivisten im Mapuche-Konflikt vermutet, und auch die jüngsten Brandstifter drohen nicht nur dem Papst, sondern schreiben über „Autonomie und Widerstand“ für die ethnische Minderheit.
Die Mapuche sind die größte indigene Gruppe des Landes. Viele von ihnen leben in der Region Araukanien, die Papst Franziskus während seiner Reise besuchen wird. Chile eroberte Araukanien zwischen 1861 und 1883; bis heute gibt es Spannungen zwischen der Regierung und dem Mapuche-Volk. Die Ureinwohner fordern die Rückgabe von Ahnenland, die Achtung ihrer kulturellen Identität und, in einigen Fällen, Autonomie. Mit rund 10 Prozent der Bevölkerung sind sie eine bedeutende Minderheit in Chile, das 15 Millionen Einwohner zählt.
Die Anliegen der Mapuche werden von der Kirche oft prominent unterstützt; dennoch haben Aktivisten offenbar entschieden, die Aufmerksamkeit auf den Papstbesuch zu nutzen – auch wenn dabei, wieder einmal, der Kirche geschadet wird.
In diesem Kontext ist auch die vorübergehende Besetzung der Apostolischen Nuntiatur zu sehen – die „Botschaft“ des Vatikans, in der Papst Franziskus am heutigen Montagabend ankommen und übernachten wird. Die chilenische Polizei hat inzwischen die Besetzer, Mitglieder der Gruppe „Andha Chile“, entfernt.
Die Erzdiözese Santiago veröffentlichte eine Erklärung, in der es hieß: „Wir sind tief betroffen von diesen Vorfällen, die dem Geist des Friedens widersprechen, der den Besuch des Papstes im Land belebt.“
Die Brand-Anschläge seien der Versuch, „Aufmerksamkeit zu erregen“, zitiert „Vatican Insider“ Pater Felipe Herrera, Sprecher der Vorbereitungskommission des Papstbesuchs. Es handle sich nicht um Terror-Anschläge, sondern Ausdruck sozialer Unruhe, so der Priester.
Argentinien kommt zum Papst
Unabhängig politischer Anliegen freuen sich viele Katholiken einfach auf den Besuch des Papstes – nicht nur in Chile und Peru, sondern auch Argentinien.
Dass Franziskus erneut einen Bogen um seine Heimat macht, ist für sie enttäuschend — viele tausend werden deshalb nach Chile kommen, schließlich sind auf der Südhalbkugel gerade Sommerferien.
Warum Franziskus seit seiner Wahl im März 2013 sein Heimatland vermeidet: Darüber wird immer wieder spekuliert. Schließlich war der Papst nicht nur mehrfach bereits in Südamerika – er könnte eigentlich zum sechsten Mal seine Heimat besuchen. Seine Vorgänger taten dies auch, wie die „New York Times“ gestern schrieb: Papst Johannes Paul II. kam 1979 in sein damals noch kommunistisch beherrschtes Heimatland Polen, weniger als ein Jahr nachdem er Pontifex wurde. Sein Nachfolger, Papst Benedikt XVI., kam bekanntlich mit seiner ersten Auslandsreise 2005 nach Köln zum Weltjugendtag, und besuchte 2006 seine Heimat Bayern.
Spekulationen über etwaige politische Gründe – etwa die Sorge, nicht politisch dort vereinnahmt zu werden – wurden auch noch durch Berichte angeheizt, dass die Argentinische Bischofskonferenz bereits fünf Mal Franziskus eingeladen habe. Was auch immer die Ursache sein mag: Für viele Argentinier bringt – bei aller Freude über diesen Besuch – dieser Umstand mit sich, dass sie schon auf die nächste Lateinamerika-Reise des Papstes hoffen – vielleicht schon im Jahr 2019. (CNA Deutsch)