Kardinal Angelo Bagnasco hat eine wachsende Politikverdrossenheit in Italien beklagt. Die große Zahl der Nichtwähler sowie der nichtausgefüllten oder ungültigen Wahlzettel bei den jüngsten Kommunalwahlen sei eine „deutliche Botschaft, die ernst zu nehmen ist", sagte Bagnasco am Montag in Rom. Der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz forderte eine größere Bescheidenheit und tragfähige politische Visionen in der italienischen Politik. Anlass der Äußerungen war die Eröffnung der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz, die bis Freitag in Rom tagt.
„Damit Entfremdung und Enttäuschung nicht Überhand nehmen, muss sich die Politik im Zeichen der Nüchternheit und visionären Kraft regenieren. Niemand sollte sich falsche Hoffnungen machen, dass es unser Land erlaubt, einfach wieder in seinen alten Zustand zurückzukehren. Man muss dagegen auf die Intelligenz der Bürger setzen, die inzwischen ernüchtert und müde sind."
Aufruf gegen Korruption und Jugendarbeitslosigkeit
Zugleich rief der Kardinal die politischen Parteien zu einem entschiedenen Vorgehen gegen Korruption in ihren eigenen Reihen auf. Jede Form von Korruption sei ein „Verrat am Gemeinwohl", so Bagnasco. Zwar seien in der italienischen Politik gegenwärtig durchaus „ehrenwerte und anständige" Personen zu finden. Zugleich gebe es jedoch auch korrupte Politiker, sagte der Erzbischof von Genua. Bagnasco warf den Parteien zudem eine mangelnde Unterstützung der Reformen der Regierung von Ministerpräsident Mario Monti vor. Es sei „erstaunlich", dass sich die Parteien in der Krise nach einer anfänglichen „Phase der klugen Einsicht" nun aus der Verantwortung zurückziehen wollten, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Der Reformprozess, der den Italienern schon so viele Opfer abgefordert habe, dürfe nicht unvollendet bleiben. Zugleich forderte Bagnasco Maßnahmen zur Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Italien. Es bedürfe „konkreter Signale" für die junge Generation, die einen Weg aus Armut und Diskriminierung wiesen. Ebenso gelte es jedoch einem verbreiteten Konsumdenken entgegenzutreten, das insbesondere durch die Werbung gefördert werde. (rv)