Ein Dokument mit weitem Horizont – das ist die Apostolische Exhortation „Africae Munus", der Auftrag Afrikas. Es handelt sich um Papst Benedikts abschließende Überlegungen zur Afrika-Synode von 2009 zum Thema Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden. Samstagmittag hat Benedikt XVI. das Schreiben in Benin feierlich unterzeichnet, und zwar in der Basilika von Oudiah, der ersten Kathedrale Westafrikas.
Gudrun Sailer hat das Dokument gelesen. Was ist die Essenz daraus?
„Man könnte diese Botschaft an Afrika vielleicht so auf den kürzesten Nenner bringen: Afrika ist ein Kontinent der Hoffnung und damit der Zukunft. Aber es bleibt noch viel zu tun, damit Versöhnung und Gerechtigkeit eines Tages zu Frieden in allen afrikanischen Ländern führen können."
Welche „Baustellen" macht der Papst für die Kirche in Afrika aus, damit dieses Ziel irgendwann erreicht werden kann?
„Zunächst einmal: Die Kirche mischt sich nicht ein in politische Belange, schreibt der Papst. Sie hat aber den Auftrag, die Gewissen der Männer und Frauen zu formen und so – quasi über den Umweg der Bildung, auch der Bewusstseinsbildung – für gerechtere Verhältnisse zu sorgen. Die afrikanischen Christen werden aber nur dann einen nachhaltigen Beitrag leisten können, wenn ihre, so schreibt der Papst wörtlich, „Intelligenz des Glaubens" an ihre „Intelligenz der Realität" heranreicht. Deshalb betont der Papst sehr die Frage der religiösen Ausbildung und der Katechese. Nur gebildete Christen sind dazu imstande, ein neues Afrika zu bilden, das wäre ein Afrika, in dem die von Gott vorgesehene Gerechtigkeit herrscht."
Der Papst wird teilweise sehr konkret, wenn er Ungerechtigkeiten in afrikanischen Gesellschaften benennt. Welche sind die Missstände, die er aus dem christlichen Blickwinkel besonders hervorhebt?
„Konkret nennt er die Ausbeutung von Rohstoffen, ohne dass die Bevölkerung etwas davon hätte, das bezeichnet der Papst als „inakzeptabel und amoralisch", und da dürfen sich auch westliche Konzerne mitgemeint fühlen. Gerecht ist auch, und das wiederum ist ein Appell an alle, die in Afrika politische Verantwortung haben, z.B. Wasser und Boden allen zur Verfügung zu stellen und nicht an Private zu verkaufen, außerdem nicht eigensüchtig und nicht korrupt zu sein, sondern im politischen Amt mehr Diener als Herrscher zu sein. Das alles ist recht konkret und reflektiert auch deutlich Aussagen, die in der Afrika-Synode 2009 oft und oft gefallen sind."
Was schreibt der Papst in seinem Afrika-Dokument über die traditionellen Religionen?
„Benedikt hebt klar und wiederholt den Wert traditioneller afrikanischer Religionen und Kulturen hervor. Was Gutes in ihnen ist, das muss vom Inneren her quasi erleuchtet werden. Der Papst bringt auch Wertschätzung für traditionelle afrikanische Ältestenräte zum Ausdruck, die können viel zum Frieden zwischen den Stämmen beitragen. Er ruft aber z.B. die Männer als Ehemänner und Väter dazu auf, bestimmte rituelle Praktiken abzulehnen, die insbesondere die Frau unterdrücken, da kann man z.B. an Genitalverstümmelung denken. Männer und Frauen sind gleich an Würde, leider aber, schreibt der Papst, setzt sich dieses Bewusstsein in Afrika zu langsam durch. Und er benennt auch als bleibendes Problem eine „doppelte Religionszugehörigkeit", also Synkretismus, Christen, die auch an Hexerei-Zeremonien und ähnlichem sich beteiligen."
Was sagt der Papst über die Beziehungen mit Muslimen?
„In einigen Ländern Afrikas, nicht in allen, gibt es Schwierigkeiten mit aggressiven Formen muslimischer Religiosität. In anderen, wie beispielsweise in Benin, ist es ein friedliches und respektvolles Zusammenleben. Der Papst hebt hervor, dass Katholiken in jedem Fall und auch mit Hartnäckigkeit muslimischen Gläubigen ihre Wertschätzung zeigen sollen."
Benedikt beschreibt auch Schritt für Schritt die verschiedenen Ordnungen von Berufungen innerhalb der Kirche: Bischöfe, Ordensleute, Priester, Seminaristen, Katecheten und schließlich Laien. Welchen Stellenwert räumt der Papst den Laien in Afrika ein?
„Eine hohe, etwa was ihre Rolle in der Gesellschaft betrifft. Die katholischen Laien müssen ihrer Verantwortung aber auch gerecht werden, indem sie die Soziallehre der Kirche gründlich studieren. Der Papst ruft die Laien dazu auf, sich aktiv in Wirtschaft, Politik, Bildung, Kultur einzubringen und dort ihre Werte weiterzugeben. Ganz besonders muss die Kirche in den afrikanischen Medien aktiver als bisher sein, schreibt der Papst. Das versteht man gut, wenn man an die Unzahl kleiner afrikanischer Radiostationen denkt, die in der Steppe senden und von Menschen gehört werden, die selten Zeitungen sehen und die gegebenenfalls nicht lesen können. Diese Buschradios haben eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf ihrer Hörer, sie können sie zu Versöhnung und Frieden aufrufen." (rv)
Text des Orignaldokuments: > > Africae Munus