Ein römischer „Guide Michelin“ für Arme ist dieser Tage in seiner 26. Ausgabe erschienen. Der ganz besondere Restaurantführer verzeichnet Orte in Rom, an denen Obdachlose essen, aber auch schlafen und sich waschen können: rund 600 Adressen alles in allem. Den „Guide Michelin“ der Armen stellt alljährlich die römische Basisgemeinde Sant´Egidio zusammen. Die Auflage liegt diesmal bei 13.000 Exemplaren, die Zahl der Obdachlosen in Rom liegt ihrer Schätzungen nach stabil bei etwa 7.700 Menschen. Nur ein Drittel von ihnen finden Aufnahme in Nachtschlafstellen. Die übrigen übernachten auf der Straße – auch zu Weihnachten. Die gute Nachricht: unter den römischen Bürgern wächst die Hilfsbereitschaft für Obdachlose. Marco Impagliazzo, Präsident von Sant´Egidio:
„Heute verstehen viele Leute, was der Papst sagt. Seine beständigen Aufrufe bleiben im Gedächtnis und veranlassen die Leute, etwas zu tun. Das Problem ist, dass sie oft keinen Ort haben, wo sie ihre Hilfsbereitschaft ausleben können. Bei Sant´Egidio melden sich immer mehr Menschen, die als Freiwillige helfen wollen, und wir kommen dem gerne nach. Aber mein Appell wäre, dass die Pfarreien und katholischen Vereinigungen ihre Pforten öffnen und ihren Mitgliedern die Chance geben, dort zu helfen.“
Seit Beginn des Jahres sind auf Initiative von Papst Franziskus auf dem Petersplatz Duschen und ein Haarschneide-Service für Obdachlose eingerichtet. Außerdem haben die Jesuiten in unmittelbarer Vatikan-Nähe einen Schlafsaal für Männer eingerichtet; Frauen können schon seit vielen Jahren bei den Mutter Teresa-Schwestern neben der vatikanischen Audienzhalle unterkommen, die dort auch eine Armen-Mensa betreiben.
Sant´Egidio versammelt zu seinen Weihnachtsessen an verschiedenen Standorten Roms in diesem Jahr 20.000 Menschen: Arme und Helfer. Die Basisgemeinde hatte diese Weihnachtsessen zum ersten Mal 1982 organisiert und dabei 15 Obdachlose bewirtet, erzählt Impagliazzo. Das Beispiel machte Schule: in diesem Jahr können Bedürftige zwischen 150 verschiedenen Weihnachtsessen wählen, die in Rom von verschiedenen Organisationen ausgerichtet werden. Der „pranzo di Natale“ gilt in Italien als einer der wichtigsten Familientermine des Jahres. (rv)