Alle Priester der katholischen Kirche dürfen während des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit von der Sünde der Abtreibung lossprechen. Das bestimmt Papst Franziskus in einem Brief, in dem er einiges zur Praxis von Beichte und Ablass während des im Dezember beginnenden Jubiläumsjahres festlegt. Normalerweise ist diese Lossprechung Bischöfen sowie jenen Priestern vorbehalten, die von ihnen den Auftrag dazu bekommen. Ausführlich schreibt der Papst über die verschiedenen Gründe, die zu einer Abtreibung führen können, beginnend vom Verlust der Sensibilität für die Annahme neuen Lebens bis zum Druck, der etwa durch Flucht und Vertreibung entsteht. „Ich weiß, dass dies eine existentielle und moralische Tragödie ist. Ich bin sehr vielen Frauen begegnet, die in ihrem Herzen die Narben dieser leidvollen und schmerzhaften Entscheidung trugen,“ so der Brief. Die Vergebung Gottes könne aber Menschen, die „mit ehrlichem und aufrichtigem Herzen das Sakrament der Versöhnung“ empfangen wollten, nicht versagt werden. Deswegen habe er „ungeachtet gegenteiliger Bestimmungen“ entschieden, dass alle Priester die Lossprechung für die Sünde der Abtreibung geben können.
Ablass und Vergebung
In dem Brief, der an den Organisator des Heiligen Jahres, Erzbischof Rino Fisichella, gerichtet ist, erläutert der Papst ausführlich genauere Regeln, die um die Frage von Vergebung und Erlass von Sündenstrafen, also den Ablass, kreisen. Es sei sein Wunsch, dass das Heilige Jahr eine „lebendige Erfahrung der Nähe des Vaters“ werde, um „seine Zärtlichkeit gleichsam mit Händen greifen zu können“, so der Papst in dem Brief.
Papst Franziskus regelt in dem Schreiben auch die Frage der Ablässe, also des Erlasses der Strafen für begangene Sünden, die traditioneller Weise mit dem Heiligen Jahr verbunden sind. Er betont, dass die Sakramente der Beichte und der Eucharistie eine besondere Rolle bei diesen Ablässen spielen und schließt ausdrücklich das Gebet für sich und seine Anliegen in die Feiern dieser Sakramente ein. Außerdem legt er fest, dass diese Feiern nicht nur in Rom, sondern an allen dazu eingerichteten so genannten „Heiligen Pforten“, in Bischofskirchen und Wallfahrtsorten, gefeiert werden können.
Der Papst denkt aber auch an diejenigen, die nicht selber an die Orte der Feiern gelangen können, so etwa an alte Menschen, Kranke und Gefangene. Auch sie können durch Gebet an der besonderen Gnade des Heiligen Jahres teilhaben, für Gefängnisinsassen gilt das „jedes Mal, wenn sie durch die Tür ihrer Zelle gehen und dabei ihre Gedanken und ihr Gebet an Gottvater richten. Möge diese Geste für sie den Durchgang durch die Heilige Pforte bedeuten“, so der Brief wörtlich. Einmal mehr ermuntert der Papst zu den leiblichen und den geistlichen Werken der Barmherzigkeit.
Beichte bei der Piusbruderschaft
Abschließend geht der Papst auf die Sakramente ein, die in der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X. gefeiert werden. Die Priester dieser schismatisch orientierten Gemeinschaft sind aus kirchenrechtlicher Sicht unerlaubt geweiht. Daher galt bisher die Aufforderung an katholische Gläubige, dort nicht zu den Sakramenten wie etwa zur Beichte zu gehen. Diese Aufforderung hebt Papst Franziskus nun in seinem Brief auf: Während des Heiligen Jahres darf man „gültig und erlaubt“ – wie das Kirchenrecht sagt – die Lossprechung in der Beichte auch bei der Piusbruderschaft empfangen. Der Grund: „Dieses Jubiläumsjahr der Barmherzigkeit schließt niemanden aus“, so der Papst.
Diese Regelung geht aber in ihrer Perspektive ausdrücklich über das Heilige Jahr hinaus: „Ich vertraue darauf, dass in naher Zukunft Lösungen gefunden werden können, um die volle Einheit mit den Priestern und Oberen der Bruderschaft wiederzugewinnen.“ (rv)