Der Vatikan hat an diesem Samstag die endgültige Version der Propositiones vorgestellt, also der Vorschläge, die aus der Arbeit der Bischofssynode dem Papst zur Erstellung eines postsynodalen Schreibens übergeben werden. Es sind insgesamt 58, geordnet in vier Hauptteile.
Was ist Neuevangelisierung?
Nach einer Einleitung befasst sich ein erster Teil mit der Frage, was genau Neuevangelisierung sein will. Eng an den ursprünglichen Auftrag anschließend, den der Vater an den Sohn und der Sohn an seine Jünger erteilt habe, sei es nun Auftrag der Kirche, den Glauben weiterzugeben. Dies geschieht unter konkreten Umständen und unter Wahrung des kirchlichen Charakters. Weiter geht es um die Frage der Rolle der Kultur, der Erstverkündigung und um die Funktion und Wichtigkeit der Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils als „vitales Instrument".
Der Kontext der Neuevangelisierung
Nach den eher grundsätzlichen einführenden Propositionen handeln die Nummern 13 – 25 vom konkreten Kontext, in dem die Neuevangelisierung stattfindet. Versöhnung und Menschenrechte werden genauso erwogen wie Religionsfreiheit, die kirchliche Soziallehre, Massenmedien und Kunst. Besondere Betonung findet das „Grundgesetz des Glaubens", die grundsätzliche Vereinbarkeit von Vernunft und Glauben. Die intellektuellen Anstrengungen, die vernünftige Einsicht in die Schöpfung [das Naturrecht] in den Dialog mit der Welt einzubringen, sei ein Weg zu einer „Theologie der Glaubwürdigkeit" (Nr. 17).
Was tut Neuevangelisierung?
Ein dritter Teil befasst sich mit den pastoralen Antworten auf diese Umstände (Propositiones 26 – 40). Wie sich in den Beratungen bereits gezeigt hat, liegt ein erstes Schwergewicht auf den Pfarreien und auf der Erziehung. Drei Propositionen behandeln das Feld der Erwachsenenbildung, Theologie und Katechese. Die Option für die Armen wird ebenfalls behandelt, denn Jesus identifiziere sich mit den Menschen in Not.
In einem weiteren Komplex der Propositionen geht es um die geistliche Dimension der Neuevangelisierung, um die Beichte und die Liturgie, um die Firmung und die Volksfrömmigkeit: Grundlinie ist hierbei immer die persönliche Begegnung mit Christus.
Wer sind die „Neuevangelisierer"?
Im vierten Teil geht es um die Akteure der Neuevangelisierung. Das wichtigste Subjekt sei die Ortskirche, denn Verkündigung hänge stark von den Umständen und Kulturen ab. Die Propositionen legen großen Wert auf Zusammenarbeit. Diese geschieht innerhalb eines Bistums, zwischen Bewegungen und Leitungsebene sowie zwischen einzelnen Initiativen. Die Rollen der Laien allgemein und der Frauen im Besonderen erfahren eine besondere Wertschätzung. Proposition 48 behandelt die während der Beratungen so wichtige Frage der Familien als Haus-Kirchen. Hier werden gescheiterte Familien und Ehen ebenso erwähnt wie die alleine lebenden Menschen. Hier brauche es besondere pastorale Anstrengungen. Ferner werden Priester, Ordensleute und die Jugend mit eigenen Propositionen bedacht. Für die Jugend seien vor allem der Youcat und die Weltjugendtage von besonderer Bedeutung.
Unter den kirchlichen Aktivitäten werden die Dialoge genannt, mit Nichtchristen, in der Ökumene und zwischen den Religionen. Die Synode fordert insbesondere zu einer Intensivierung des Dialoges mit dem Islam auf.
Propositio 57 fasst das zuvor gesagte zusammen: Verkündigung könne nur geschehen, wenn das Leben des Verkünders selbst nach dem Evangelium gestaltet sei: Auch der eigene Glauben müsse ständig erneuert werden, um geteilt werden zu können. Hier greifen die Propositionen die Aufforderung zur Selbstevangelisierung auf, ebenfalls ein prominentes Thema bei der Synode.
Zwei vatikanische Institutionen finden explizite Erwähnung in dem Dokument: Zum einen der päpstliche Rat zur Förderung der Neuevangelisierung, der Modell stehen solle für ähnliche Einrichtungen in den Bischofskonferenzen. Zum anderen der „Vorhof der Völker" des päpstlichen Kulturrates. (rv)