Verboten zum Trotz: Katholische Messe in Saudi-Arabien

„Jeder Mann und jede Frau, junge und alte“ sind dazu aufgerufen „am Dialog und am Austausch teilzunehmen“. Das sagte Kardinal Jean-Louis Tauran während einer Messe, die er am vergangenen Sonntag in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad für die kleine katholische Gemeinde in Saudi-Arabien hielt.

Der Vorsitzende des päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog hielt sich für verschiedene Treffen mit hochrangingen muslimischen Führungspersönlichkeiten in der Hauptstadt des Königreichs auf. Auch wollte er die dortigen Christen – unter ihnen hauptsächlich Migranten, die Arbeiten mit wenig Ansehen ausführen – ermutigen und ihnen versichern, dass der Papst und der Heilig Stuhl für sie beten. Obwohl jede nicht-islamische Religionsausübung in Saudi-Arabien verboten ist, feierte er mit der kleinen christlichen Gemeinde eine Messe.

Die stark besuchte Messe wurde vom Kurienbischof und Islamwissenschaftler Miguel Ángel Ayuso Guixot und Vorsitzendem des Islambüros Khaled Akasheh konzelebriert. In seiner Predigt sagte Kardinal Tauran, dass in einem Kontext wie dem Saudi-Arabiens „Religion und Arbeit sich im Dienste des Menschen und der Wahrheit vereinigen können“. In dieser Hinsicht sagte er, er sei davon überzeugt, „dass Christen und Muslime zusammen leben können“, weil, so erklärte er weiter, „wir zur selben Familie Gottes gehören. Und seit Jahrhunderten haben wir es geschafft, friedlich gemeinsam zu leben“. Darüber hinaus schätzen beide Religionen „Tugenden wie Ehrlichkeit, die Fähigkeit zuzuhören, den Sinn für Gastfreundschaft“.

“ Auruf zum Leben in Frieden ”

Nachdem er versichert hatte, dass „wir bereit sind euch in jeder Hinsicht zu helfen, eine gute intellektuelle und berufliche Bildung zu erhalten“, unterstrich er auch, wie „dank des interreligiösen Dialogs im alltäglichen Leben, wir alle spüren, dass wir den gleichen Herausforderungen gegenüberstehen und daher als Gläubige dazu aufgerufen sind, Gott zu gehorchen und in Frieden zu leben und zu arbeiten.“ Im Anschluss lud er die Anwesenden dazu ein, an einer Welt mitzuwirken, die ein Ort sei, an dem man gut leben und die Würde der menschlichen Person immer verteidigen könne. Kultur und Bildung seien die beiden wichtigsten Stützpfeiler einer jeden Gesellschaft, betonte Tauran.

Deshalb wandte sich der Präsident des Dikasteriums für den interreligiösen Dialog an „die Menschen, die hierher kommen, um zu versuchen, ihr Leben zu verbessern“ um daran zu erinnern, dass „wir immer in unserer Menschenwürde und in unseren unveräußerlichen Menschenrechten geachtet werden müssen“. Deshalb freue er sich zu hören, dass die Fortschritte im interreligiösen und interkulturellen Dialog weitergingen. Er fügte hinzu, dass auch der Papst hoffte dass die Religionsfreiheit zunehmend Realität werden. Auf diese Weise, so folgerte er, trügen auch die Migranten dazu bei, ihre Präsenz in dem Land, in dem sie zu Gast seien, zu verändern und ein Ort zu sein, an dem das Gebet an erster Stelle käme, Solidarität eine konkrete Realität sei und Brüderlichkeit das Licht sei, das für alle leuchte.

In Saudi-Arabien leben circa 27 Millionen Menschen, davon sind etwa neun Millionen Einwanderer. Der Islam ist dort Staatsreligion, dennoch leben dort 1,4 Millionen Christen, die ihre Religion aber nicht offen ausleben dürfen und mit Verfolgung rechnen müssen. Open Doors zufolge steht Saudi-Arabien auf dem 12. Platz der Länder mit der stärksten Christenverfolgung.

Kardinal Tauran wird sich noch bis zum 20. April in Saudi-Arabien aufhalten. (vatican news – nv)

Selten: Ein Kurienkardinal in Riad

 

Ein Kardinal in Saudi-Arabien: Schon das ist eine Nachricht für sich. Denn bis heute sind Kreuze oder Messen im Königreich, das die heiligsten Stätten des Islam hütet, bei strengen Strafen verboten.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Es ist Kurienkardinal Jean-Louis Tauran, der sich vom 14. bis 20. April in der saudischen Hauptstadt Riad aufhält. Der Franzose leitet den Päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog; er wird unter anderem von dem Comboni-Pater Miguel Ángel Ayuso Guixot begleitet, der den zweithöchsten Posten im Dialograt innehat.

Eine Premiere ist Taurans Besuch in Saudi-Arabien nicht: Der Führer der maronitischen Gemeinschaft des Libanon, Kardinal Boutros Béchara Rai, hatte im vergangenen November, auf dem Höhepunkt einer innerlibanesischen Krise, ebenfalls in Riad Gespräche geführt. Dabei war Béchara Rai auch mit König Salman und dem umtriebigen Kronprinzen Mohammed Bin Salman zusammengetroffen.

Solche hochrangigen Termine im Königshaus scheint Kurienkardinal Tauran nicht zu haben. Stattdessen gilt seine Visite vor allem der Muslimischen Weltliga. Der Generalsekretär des Verbands, Scheich Muhammad Abdul Karim Al-Issa, ist im letzten September in Rom vom Papst empfangen worden; Tauran will die Kontakte zur Muslimischen Weltliga enger knüpfen.

Der Vatikanzeitung „L‘Osservatore Romano“ zufolge warb der Kardinal in ersten Gesprächen in Riad für „geistliche Gastfreundschaft“ von Christen und Muslimen untereinander – und für „religiösen Pluralismus“. Fundamentalismus und Extremismus bedeuteten eine „Entstellung“ der Religion; die Verantwortlichen der verschiedenen Religionen sollten sich „besser kennen“, um sich dann auch „stärker anerkennen“ zu können. Es gebe keinen „Zusammenprall der Kulturen“, sondern stattdessen „einen Zusammenprall der Ignoranz und des Radikalismus“, befand Tauran.

Der Gast aus dem Vatikan wohnt, wie die Vatikanzeitung mitteilt, „in einer diplomatischen Struktur“ in der saudischen Hauptstadt. Dort konnte er auch eine kleine Gruppe von Christen treffen, die als ausländische Gastarbeiter in Riad leben. (vatican news)