Flüchtlinge und Menschenhandel – zwei Begriffe, die leider unausweichlich zusammen gehören. Die Flüchtlingskatastrophe in Südostasien hat nun eine neue Ebene an Grausamkeit erreicht: Der Fund von rund 140 Gräbern mit jeweils mehrern toten Flüchtlingen der islamischen Minderheit Rohingya im Dschungel im Norden Malaysias lässt nur erahnen, was die Menschen für Qualen erleiden mussten.
In der Nähe der Gräber befinden sich auch rund 30 verwaiste Lager, die vermutlich von Schlepperbanden eingerichtet wurden. Man weiß, wie die Menschenhändler vorgehen: Flüchtlinge zahlen Tausende von Dollar für die Reise über das Meer, doch dann werden sie in geheimen Lagern gefangen halten bis ein Lösegeld ankommt. Kommt dieses Geld nicht an, so werden sie getötet. Nach Initiativen der thailändischen und malaysischen Regierung gegen diese Lager haben die Schlepper tausende von Flüchtlingen auf See im Stich gelassen. 7.000 trieben auf Booten im Meer vor den Küsten Malaysias und Indonesiens, keines der Länder wollte sie zunächst aufnehmen. Inzwischen durften 3.600 Menschen in Malaysia und Indonesien an Land gehen. Massimo Pallottino von Caritas Italien spricht von einer asiatischen Form der Flüchtlingskatastrophe, wie sie sich auch im Mittelmeer abspiele:
„In Europa sehen sie wenigstens Land, in Asien sperren einige Länder ihre Küsten, schmeißen die Boote wieder retour ins Meer. Zusätzlich ist an dieser Katastrophe – paradoxerweise – die Initiative des Kampfes gegen die Schlepper daran schuld, dass die Menschenhändler einfach die Flüchtlinge im Meer alleine gelassen haben. Sie sind geflüchtet aus Angst vor den Konsequenzen.“
Die Flüchtlinge sind vor allem Angehörige der Rohingya, eine muslimische Minderheit im mehrheitlich buddhistischen Myanmar. Laut UN sind die Rohingya eine der am stärksten verfolgten Minderheiten. Allein in den ersten drei Monaten des Jahres flohen mindestens 25.000 Rohingya aus Myanmar. Sie haben keine Staatsbürgerschaft und daher interessiert sich kein Staat für sie. Keiner vertritt ihre Interessen, sie haben kein ‚Recht auf eine Identität‘ erklärt Palottini. Sie sind ein Volk, das an zwei Grenzen lebt und die Probleme seien tief verwurzelt.
„Die Rohingya sind eine ethno-linguistische Gruppe und seit vielen Generationen leben sie im Staat Rakhine. Sie haben eine andere Sprachen, eine andere Religion. Also sind sie Ausländer – sowohl für Myanmar, als auch für Bangladesch. Bangladesch hat auch immer wieder in der Vergangenheit die Rohingyas ausgewiesen aus ihrem Land, zurück nach Myanmar. Aber in Myanmar erkennt man das Volk nicht an, im öffentlichen Diskurs kann man nicht mal „Rohingya“ sagen, sondern nur Bangladesh. Sie haben also nicht mal das Recht auf Identität und das kontinuierlichen Ping-Pong zwischen der beiden Ländern verursacht das Problem.“
Papst Franziskus betete vergangenen Sonntag für die Flüchtlinge. Kardinal Charles Maung Bo, Bischof in Myanmar, fordert nun auch die Regierung seines Landes zur Lösung der Rohingya-Krise auf. Myanmar habe eine moralische Verantwortung für die Angehörigen dieser Minderheit, sagte der katholische Erzbischof von Rangun am Montag dem Nachrichtendienst „Asianews“. Die derzeitige Situation sei katastrophal. Er lobte die „große Geste der Menschlichkeit“, dass Malaysia, die Philippinen und Indonesien nun die Türen für Flüchtlinge geöffnet hätten, denn sie seien ähnlich wie Flüchtlinge im Mittelmeer Menschen in Myanmar und Bangladesch auf der Suche nach Würde und Sicherheit. Unterdessen kündigte Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki-Moon ein regionales Gipfeltreffen zur „Rohingya-Krise“ am 29. Mai in Bangkok an. (rv)