Christen werden an ihrer Barmherzigkeit beurteilt werden. Das sagte Papst Franziskus bei seiner Predigt anlässlich der Öffnung der Heiligen Pforte in seiner Bischofskirche San Giovanni in Lateran an diesem Sonntag. Der Ritus verlief etwas anders als vor knapp einer Woche auf dem Petersplatz: Die Öffnung der Heiligen Pforte fand nach dem Bußritus statt, nicht zum Ende der Messfeier. Auch wurden andere Gebete gesprochen. Gleichzeitig – so sah es der Ablauf vor – sollten auch in den anderen Bischofskirchen der Welt die Heiligen Pforten geöffnet werden, so sie noch nicht offen sind.
In seiner Predigt legte der Papst einen ersten Schwerpunkt auf die Freude, ein wichtiges Thema seines Pontifikates. Er zitierte aus der ersten Lesung „Juble, jauchze“: Gott gebe Hoffnung und erlaube es, der Zukunft gelassen entgegen zu sehen. „Der Herr hat alle Verdammung widerrufen und hat entschieden, in unserer Mitte zu leben“, sagte der Papst mit Blick auf das näher kommende Weihnachtsfest. „Wir dürfen uns nicht von Müdigkeit überwältigen lassen; auch ist uns keine Traurigkeit erlaubt, auch wenn wir dazu Gründe hätten wegen der vielen Sorgen und der vielen Formen von Gewalt, die unsere Menschheit verletzten. Die Ankunft des Herrn füllt aber unser Herz mit Freude. Der Prophet, der in seinem eigenen Namen – Zefania – den Inhalt seiner Verkündigung trägt, öffnet unser Herz für die Zuversicht: Gott schützt sein Volk. In einer Zeit von viel Gewalt und Brutalität, vor allem durch Menschen, die ihre Macht ausspielen, lässt uns Gott wissen, dass er selber sein Volk regieren wird, dass er es nicht mehr der Arroganz der Willkür der Herrschenden überlässt, und es von aller Furcht befreien wird. Heute wird von uns erwartet, dass wir unsere Hände nicht aus Zweifel, Ungeduld oder Leiden sinken lassen“.
Dann ging der Papst auf den Anlass der Feier ein, die Öffnung der Heiligen Pforte auch in dieser Kirche. „Auch dieses einfache Zeichen ist eine Einladung zur Freude“, schloss er an seinen vorherigen Gedanken an. „Es beginnt die Zeit der großen Vergebung, das Heilige Jahr der Barmherzigkeit. Es ist der Augenblick, die Anwesenheit Gottes und seine väterliche Zärtlichkeit neu zu entdecken.“
Wie seinerzeit die Menge vor Johannes dem Täufer, so fragten die Menschen auch heute, was sie denn tun sollten. Darauf habe Gott einen ziemlich radikalen Auftrag, formulierte der Papst: „Vor der Heiligen Pforte, die zu durchschreiten wir berufen sind, werden wir aufgefordert, Instrument der Barmherzigkeit zu sein und zwar in dem Wissen, dass wir danach gemessen werden.“ Der Weg, der in der Taufe beginne, dauere ein ganzes Leben lang, „barmherzig zu sein, wie es der Vater ist.“ Es sei der Auftrag, „die Liebe zu empfangen und zu bezeugen, die weiter geht als die Gerechtigkeit, eine Liebe die keine Grenzen kennt. Und für diese unendliche Liebe sind wir verantwortlich, trotz all unserer Widersprüche.“
Er bete dafür und lade alle zum Gebet ein, „auf dass wir die unendliche Liebe unseres himmlischen Vaters verstehen können, welche das Leben umwandelt und erneuert.“
Die Heilige Pforte an der Papstbasilika Sankt Paul vor den Mauern wurde ebenfalls an diesem Sonntag eröffnet, allerdings nicht vom Papst, sondern vom zuständigen Erzpriester, Kardinal James Michael Harvey. Die Pforte der vierten römischen Papstbasilika (neben Petersdom, Sankt Johannes im Lateran und Sankt Paul vor den Mauern), Santa Maria Maggiore, wird hingegen wieder Franziskus selbst eröffnen. Er nimmt das Ritual am 1. Januar vor, dem Hochfest der Gottesmutter Maria. (rv)