Kapuziner-Oberer: „Pater Pio half manchmal auf harte Weise

 

Einen der meistverehrten Heiligen der Kirche besucht Papst Franziskus am Samstag: den Kapuziner Pater Pio. Wir sprachen mit dem Generalminister des Kapuzinerordens, dem der stigmatisierte Heilige angehörte.

Gudrun Sailer – Vatikanstadt.

Der Schweizer Mauro Jöhri steht seit bald zwölf Jahren an der Spitze des Kapuzinerordens; im September beendet er sein Mandat. Wie erklärt sich Bruder Mauro die Popularität Pater Pios, was sagt der Heilige den Menschen heute?

Bruder Mauro: „Pater Pio hat das, was Jesus für uns getan hat, in seinem Leben wiederholt: in seinem Leib, durch die Wundmale, aber ich glaube noch mehr durch seine ganze Leidensgeschichte, die er durchgemacht hat. Er wurde missverstanden und zum Schweigen verurteilt, aber er hat sich nicht aufgelehnt. Er ist seinen Weg konsequent gegangen. Er war ein Gottsucher, ein Mensch, der sicher die Erfahrung des Leidens Christi auf sich genommen hat und aus tiefstem Grund mit erfahren hat. Darum war er glaubwürdig. Er war auch ein Mensch, der die Gabe hatte, die Herzen der Menschen zu durchschauen und zu helfen, manchmal auf sehr harte Weise. Aber die Menschen haben bei ihm etwas gefunden, was sie mit Gott verbindet, was sie weiterbringt. Und darum strömen sie heute noch zu ihm.“

Vatican News: Wie geht denn die Strenge von Pater Pio zusammen mit seiner Popularität? Braucht es auch Strenge, um Menschen zu Gott zu führen?

Bruder Mauro: „Wenn Strenge mit Liebe zu tun hat oder wenn ich sehen, wie ich jemanden weiterbringen kann und der Mensch spürt, dass die Strenge nicht Abweisung ist, sondern dass sie im Zusammenhang steht mit einem Willen, ihn weiterzubringen, – er muss einfach gewisse Hürden nehmen – dann ist Strenge eine wohltuende Strenge, weil sie zum Licht führt. Manchmal ist es, bevor ich zum Licht gelange, eben notwendig, dass ich auch durch harte Zeiten hindurchmuss. Pater Pio hat sie auch selber durchgemacht, und er hatte die Gabe zu sehen, wie und wo er Leute abholen konnte, wie er sie begleiten konnte. Manchmal waren seine Aussagen schockierend, er hat auch Leute vom Beichtstuhl weggewiesen. Aber sie sind zu ihm zurückgekehrt.“

Vatican News: Wie erklären Sie jemandem, der mit der Kirche und dem Glauben nicht so viel zu tun hat, was es mit diesen Stigmata, diesen Wundmalen Christi zu tun hat, die Pater Pio hatte?

Bruder Mauro: „Das ist schwer zu vermitteln, ganz klar. Das sind Phänomene, die sehr selten vorkommen, und Phänomene, die man auch vortäuschen kann. Aber bei Pater Pio ist wirklich kann man kaum sagen, er hätte das von sich aus gewollt oder es wäre eine Sache der Einbildung gewesen. Einmal sagte er in einem Witz: Ich kann mir vorstellen, ich sei ein Ochse, und mir wachsen Hörner. Dabei sind aber noch nie wirklich welche gewachsen. Und so ist es mit den Wundmalen. Dieses Phänomen hat es gegeben. Am Phänomen der Wundmale darf man sich nicht festmachen. Genauso wichtig ist das innere Leiden. Ein Mensch, der uns sagt, was heißt das Böse? Oder was für eine Auswirkung hat das? Dass wir das nicht banalisieren, sondern ernst nehmen.“

Vatican News: Papst Franziskus hat mehrfach betont, dass die Volksfrömmigkeit eine der Säulen der Erneuerung und der Identität der katholischen Kirche ist. Wie verorten Sie in diesem Horizont die Verehrung für Pater Pio?

Bruder Mauro: „Volksfrömmigkeit heißt, die Leute gehen dorthin, wo etwas unmittelbar ist, so keine großen Hürden zu nehmen sind. Wo sie ihre Sorgen und Not abladen können und sich angenommen fühlen. Wo nicht so sehr die Gedanken oder der Intellekt angesprochen wird, sondern die emotionale Welt. Die Leue möchten gerne Gottesdienste, wo sie sich wohlfühlen, wo sie sich auch angesprochen fühlen in ihrer Ganzheit. Und das hat mit Volksfrömmigkeit zu tun. Bei Pater Pio, ich habe es mehrmals erlebt in San Giovanni Rotondo, sind die Gottesdienste sehr schön, gepflegt, mit vielen Menschen. Das alles trägt mit. Und ich kann mir gut vorstellen, dass die Leute nach Hause gehen erleichtert, dass sie den Mut haben, ihren Weg zu gehen, Das ist ein Segen für uns und für die Leute!“ (vatican news)

Italien: Armut ist Grund für Mafiamorde in Apulien

Apulien, Italiens beliebteste Ferienregion für einheimische wie ausländische Touristen, gerät immer stärker in die Fänge seiner lokalen Mafia. Die „Sacra Corona Unita“, wie die organisierte Kriminalität Apuliens heißt, verübte am Mittwoch einen vierfachen Mord am helllichten Tag, wenige Kilometer entfernt von Italiens größtem Wallfahrtsort, dem Pater-Pio-Heiligtum in San Giovanni Rotondo. Der Erzbischof von Foggia, Vincenzo Pelvi, sagt im Gespräch mit uns, im Grunde wüssten die kirchlichen und die staatlichen Institutionen in Apulien ganz genau, was die Wurzel des Problems Mafia dort sei: Armut und Arbeitslosigkeit.

„Ich lade die örtlichen Institutionen zur Zusammenarbeit ein und dazu, nicht zu vergessen, dass die Armut oft die unmittelbarste Form ist, die Gleichgültigkeit und Gewalt hervorbringt“, so der Erzbischof, der aus Neapel stammt und sich als Generalvikar des Erzbistums mit dem Problem der organisierten Kriminalität in Kampanien konfrontiert sah. Dringlich der Appell des Erzbischofs an die Welt der Arbeit: „Es gibt bei uns in Apulien junge und nicht mehr ganz so junge Menschen, die noch nie den Geschmack und den Schweiß, wenn ich das so sagen darf, einer regelmäßigen, stabilen Arbeit erfahren haben. Wenn wir aber jemanden ohne Hoffnung und Perspektive auf Arbeitssuche schicken, dann wird das zu einer moralischen Desorientierung führen, und genau hier greift dann die organisierte Kriminalität ein, die sofortige und hohe Gewinne verspricht.“ Hinter vielen Biografien von sozialem Ausschluss verstecke sich in Wirklichkeit Arbeitslosigkeit und irreguläre Arbeit, so der Erzbischof von Foggia.

Moralische Desorientierung

Dank des Tourismus hatte sich Apulien in den vergangenen Jahrzehnten zu Süditaliens wohlhabendster Region entwickelt. Nun zeigt sich, dass die „Sacra Corona Unita“ wohl eine unterschätzte Größe war. Bisher hatten die Clans ihre Fehden in touristisch weniger wichtigen Zeiten ausgetragen. Eine Mordserie wie die der vergangenen zwei Wochen hatte Apulien noch nie gesehen. In dem malerischen Küstenstädtchen Vieste erschossen Auftragskiller Ende Juli einen 31-jährigen Restaurantbesitzer in seinem Lokal. Vergangenen Mittwoch dann der Vierfachmord unter freiem Himmel bei San Marco in Lamis: Ein 50-jähriger Mafiaboss und sein Schwager wurden in ihrem schwarzen VW Käfer mit Kalaschnikows niedergestreckt. Zwei Bauern fuhren zufällig am Tatort vorbei. Die Täter verfolgten sie und ermordeten auch diese beiden Männer.

Bei Licht betrachtet, kam es in der Provinz Foggia in den vergangenen 30 Jahren allerdings zu fast 300 Morden. Vier von fünf wurden nie aufgeklärt, erklärte der oberste Anti-Mafia-Staatsanwalt Italiens, Franco Roberti. Er warnte ausdrücklich davor, die apulische Mafia zu unterschätzen: Sie sei im Grund noch gewalttätiger als die ‚Ndrangheta in Kalabrien. Italiens Innenminister Minnniti hat inzwischen eine „harte Antwort“ der Regierung auf die Mafiamorde in Apulien angekündigt. (rv)

Italien: Kapuziner verteidigen Umbettung von P. Pio

Die Kapuziner verteidigen die Umbettung des Leichnams von Pater Pio im süditalienischen San Giovanni Rotondo. Die sterblichen Überreste des italienischen Volksheiligen und Kapuziners wurden am Montag Nachmittag aus der Krypta der Ordenskirche in die wenige hundert Meter eigens für ihn errichtete Kirche des Star-Architekten Renzo Piano gebracht. Der neue Ruheort ist eine mit reichen Mosaiken ausgestattete Krypta in der Wallfahrtskirche San Pio da Pietrelcina. Die Umbettung war in den Medien und der Öffentlichkeit in Italien immer wieder kritisiert worden, die neue Kirche sei reich ausgestattet und teuer, P. Pio habe aber immer arm gelebt.
„Pater Pio ruht nun hinter dem Altar der Unterkirche, in der Säule, die die ganze ihm geweihte Kirche trägt", erklärt Antonio Belpiede, der Sprecher der Kapuziner-Ordensprovinz. „Das ist eine starke Symbolik: Er wird eingeschrieben in Christus, der der Felsen der ganzen Kirche ist. Die Umbettung hängt mit der christlichen Tradition zusammen: Es gab sie auch für die heiligen Franziskus, Antonius, Klara, Don Bosco usw. Wenn ein Christ von der Kirche heiliggesprochen wird, bekommt er eine neue Kirche, die auf seinen Namen geweiht ist, und wird dorthin überführt."
Allerdings gebe es für die Umbettung auch praktische Gründe:
„Gründe des gesunden pastoralen Menschenverstands, natürlich. Denn die neue Unterkirche hat keine architektonischen Barrierren, und so können die Schwächeren, die Behinderten oder gesundheitlich Beeinträchtigten dort problemlos hin. Sie ist auch viel größer und hat ein Sicherheitssystem… Und die Gläubigen können dort länger bleiben, nicht nur ein paar Minuten. Es wird also wohl keine kilometerlangen Warteschlangen mehr geben!" (rv)