D: Brandmüller warnt vor Schisma in der Kirche

Quell: Radio Vatikan (Screenshot am 28. Oktober)

Kardinal Brandmüller, einer der Dubia Kardinäle warnt vor einem Schisma in der Kirche. „Gelte die erneute zivile Heirat nach der Scheidung in der Kirche nicht mehr als Sünde, führe das zu einem Schisma, einer Spaltung der Kirche, warnte Brandmüller in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Artikel der Kath. Nachrichtenagentur (kna) bei Radio Vatikan (rv) am 28. Oktober 2017.

Zum Artikel:  >> D: Brandmüller verteidigt „Dubia“-Anfrage

Eine Frage des Einzelfalls: Deutsche Bischöfe legen Leitpunkte zu Amoris Laetitia vor

Analyse und Wortlaut der Mitteilung – und: Wie Kardinal Müller in einem neuen Interview ebenfalls Stellung zu offenen Fragen bezieht.

BONN – Die deutschen Bischöfe erlauben unter bestimmten Umständen den Zugang zur Kommunion für geschiedene Wiederverheiratete. Es gehe um den Einzelfall, betonen die Oberhirten, doch grundsätzlich gebe es die „Möglichkeit des Sakramentenempfangs in diesen Situationen“.

Unter dem Titel „Die Freude der Liebe, die in den Familien gelebt wird, ist auch die Freude der Kirche“ werden die am heutigen Mittwoch veröffentlichten „Leitpunkte“ zur Interpretation von Amoris Laetitia zusammengefasst.

Das Dokument trägt den Untertitel: „Eine Einladung zu einer erneuerten Ehe- und Familienpastoral im Licht von Amoris Laetitia“.

Die Bischöfe betonen in ihrem Schreiben unter anderem:

„Paare in Krise, Scheidung und zivilrechtlicher Wiederverheiratung zu begleiten, bedeutet auch eine große Herausforderung und Chance, die Kirche und ihr Eheverständnis zur Sprache zu bringen“.

Doch können nun geschiedene Wiederverheiratete in deutschen Diözesen zur Kommunion? Mit Blick auf diese lange und kontrovers diskutierte Schlüsselfrage, die auch viele Debatten um Amoris Laetitia beherrscht, heißt es auf der Webseite der DBK zum Schreiben:

„Für die Frage nach dem Empfang der Sakramente sehen die Bischöfe in Amoris Laetitia keine allgemeine Regel und keinen Automatismus. Erforderlich sind nach ihrer Überzeugung vielmehr differenzierte Lösungen, die dem Einzelfall gerecht werden. Mit Amoris Laetitia gehen die Bischöfe von einem Prozess der Entscheidungsfindung aus, der von einem Seelsorger begleitet wird.“

Im eigentlichen Dokument wird weiter verdeutlicht, wie dies zu verstehen ist:

„Nicht alle Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die zivil geschieden und wiederverheiratet sind, können ohne Unterscheidung die Sakramente empfangen.“ [Hervorhebung durch die Redaktion]

Statt dessen bedürfe es „differenzierte[r] Lösungen, die dem Einzelfall gerecht werden“, so das Dokument, bei dem es sich, wie die DBK mitteilt, um Schlussfolgerungen handele, die der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz am 23. Januar „abschliessend diskutiert und in einem Dokument zusammengefasst“ habe.

Vier unterschiedlich große Säulen

In dem Text, so die DBK-Mitteilung, würdigen die deutschen Bischöfe das im April 2016 veröffentlichte nachsynodale Schreiben von Papst Franziskus für seinen „pastoralen und theologischen Nutzen“ und legen „als Konsequenzen (…) folgende Säulen einer Ehe- und Familienpastoral“ vor:

  1. Ehevorbereitung
  2. Ehebegleitung
  3. „Stärkung der Familie als Lernort des Glaubens“
  4. „den Umganz mit Zerbrechlichkeit: begleiten – unterscheiden – eingliedern“

Während die ersten drei „Säulen“ in einem Absatz oder einigen wenigen Paragraphen behandelt werden, sind dem vierten, kritischen Thema gleich mehrere Seiten gewidmet. Dabei geht es um den differenzierten Umgang mit geschiedenen Wiederverheirateten: Katholiken, die sich von ihrem Ehemann oder ihrer Ehefrau zivilrechtlich haben scheiden lassen und eine neue, staatliche Ehe eingegangen sind.

„Begleiten – Unterscheiden – Eingliedern“

Die Ehe sei zwar nach katholischem Verständnis unauflösbar, betonen die Bischöfe in ihren Leitlinien. Gleichzeitig müsse man die Einzelsituation von Menschen im Blick haben, und Urteile darüber vermeiden, „welche die Komplexität der verschiedenen Situationen nicht berücksichtigen“.

Mit Verweis auf die Abschnitte 296 und 297 von Amoris Laetitia schreiben die deutschen Bischöfe, dass anhand der Leitbegriffe „begleiten – unterscheiden – eingliedern“ diesen Betroffenen geholfen werden müsse.

Während die Begleitung bedeute, „auf dem Weg des Lebens und des Evangeliums ermutigt“ zu werden, dürfe Unterscheidung nicht dabei stehen bleiben, was die objektive Situation der Betroffenen ist. Mehr noch: Die – mittlerweilen bekannte – Fußnote 351 besage,

„dass man auch in einer Situation, die objektiv irregulär, subjektiv, aber nicht oder zumindest nicht völlig schuldhaft ist, ‚in der Gnade Gottes leben kann (…)“, wenn man die Hilfe der Kirche und in gewissen Fällen auch die Hilfe der Sakramente bekommt. Auch dies spricht für die Möglichkeit des Sakramentenempfangs in diesen Situationen.“

„Am Ende eines solchen geistlichen Prozesses“, schreiben die Bischöfe weiter, „dem es immer um das Eingliedern geht, steht nicht in jedem Fall der Empfang der Sakramente von Buße und Eucharistie. Die individuelle Entscheidung, unter den jeweiligen Gegebenheiten nicht oder noch nicht in der Lage zu sein, die Sakramente zu empfangen, verdient Respekt und Achtung. Aber auch eine Entscheidung für den Sakramentenempfang gilt es zu respektieren.“

Abschliessend schreiben die deutschen Bischöfe:

„Wir ermutigen alle, die den Weg von Ehe und Familie mit der Kirche gehen wollen, den wegweisenden Text Amoris Laetitia persönlich zu bedenken“.

So könne man den Reichtum des Evangeliums der Familie für das eigene Leben entdecken, betonen die Hirten.

Widersprüchliche Interpretationen

Das Schreiben der deutschen Bischöfe erscheint vor dem Hintergrund einer anhaltenden, vielschichtigen Kontroverse: Amoris Laetitia sorgt seit seiner Veröffentlichung vor rund zehn Monaten für teilweise heftige, öffentliche Diskussionen und ist Gegenstand mehrerer Debatten.

Die medial am meisten Aufmerksamkeit erregende Diskussion behandelt die sich zum Teil widersprechenden Interpretationen des achten Kapitels des nachsynodalen Schreibens: Dessen Interpretation schlägt sich – unter anderem – darin nieder, dass keine Einheit herrscht im Umgang etwa mit geschiedenen Wiederverheirateten, die zur Kommunion wollen. In manchen Diözesen ist dies unter – zum Teil unterschiedlichen – Kriterien nun möglich, in anderen weiterhin nicht.

In Malta entscheiden die Gläubigen selber, ob sie „im Frieden mit Gott“ sind, und daher zur Kommunion gehen können; in Deutschland sollen offenbar nun die Seelsorger gemeinsam mit den Betroffenen entscheiden, in einem Prozess der „Begleitung, Unterscheidung und Eingliederung“.

Neues Interview mit Kardinal Müller

Unklar ist, ob dieses Vorgehen vereinbar ist mit heute veröffentlichten Aussagen des Präfekts der Glaubenskongregation zum Thema – wie auch eine Beantwortung der fünf offenen Fragen, die ein im September verfasster Brief an Papst Franziskus enthält, der von vier Kardinälen geschrieben wurde, darunter zwei deutschen, Kardinal Walter Brandmüller und Kardinal Joachim Meisner.

Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, hatte die Veröffentlichung des Bittbriefs bereits vor einiger Zeit kritisiert. Nun hat Kardinal Müller in einem ebenfalls am heutigen Mittwoch publizierten Interview mit dem Magazin „Il Timone“ erneut mehrere Fragen zum Thema beantwortet.

Zwar nennt der Präfekt der Glaubenskongregation nicht die Dubia beim Namen, aber er äußert sich zu den Fragen, welche (auch) diese stellen. So betont Kardinal Müller erneut, dass aus seiner Sicht Amoris Laetitia im Licht der gesamten Lehre der Kirche interpretiert werden müsse. Dass dies einzelne Bischöfe nicht tun würdem, gefalle ihm nicht, so der Präfekt der Glaubenskongregation, und kritisiert auch, ohne dabei konkrete Namen zu nennen, deren Vorgehen.

Des weiteren unterstreicht Kardinal Müller im Interview, welches vor der Publikation der deutschen Bischofsleitlinien erschien, dass Familiaris Consortio und die darin noch einmal bekräftigte Lehre der Kirche keineswegs überholt sei, sondern nach wie vor gültig. So könne man nicht etwa behaupten, es gebe Umstände, unter denen ein Ehebruch keine Sünde sei.

Dagegen schreiben in den ebenfalls heute veröffentlichten Leitpunkten die deutschen Bischöfe unter Verweis auf Abschnitt 301 in Amoris Laetitia:

„Die Kirche ist im Besitz einer soliden Reflexion über die mildernden Bedingungen und Umstände. Daher ist es nicht mehr möglich zu behaupten, dass alle, die in irgendeiner sogenannten ‚irregulären‘ Situation leben, sich in einem Zustand der Todsünde befinden und die heiligmachende Gnade verloren haben“.

„Die Kirche ist im Besitz einer soliden Reflexion über die mildernden Bedingungen und Umstände. Daher ist es nicht mehr möglich zu behaupten, dass alle, die in irgendeiner sogenannten ‚irregulären‘ Situation leben, sich in einem Zustand der Todsünde befinden und die heiligmachende Gnade verloren haben“.

CNA dokumentiert den vollen Wortlaut des Worts der Bischöfe, wie es die DBK zur Verfügung gestellt hat.

„Die Freude der Liebe, die in den Familien gelebt wird, ist auch die Freude der Kirche“

Einladung zu einer erneuerten Ehe- und Familienpastoral im Licht von Amoris Laetitia

Wort der deutschen Bischöfe

Wir freuen uns sehr über das große Geschenk, das Papst Franziskus mit seinem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Amoris Laetitia der Kirche und allen Menschen guten Willens gemacht hat, die sich für ein gelingendes Leben in Ehe und Familie einsetzen. Er hat darin die Erträge des synodalen Weges zusammengefasst und weitergeführt, den die Kirche in den Jahren 2014 und 2015 mit ihm beschreiten konnte. Zugleich hat er die Gedanken und Überlegungen mit der Botschaft der Bibel, der Tradition der Kirche und mit seiner eigenen seelsorgerlichen Erfahrung zu einer überzeugenden Einheit verwoben. Gerade die alltagsnahe und lebensbejahende Sprache, in der Papst Franziskus von Ehe, Partnerschaft, Sexualität, Elternschaft, Familie und vor allem von der Liebe spricht, macht Amoris Laetitia zu einer inspirierenden Quelle für das Leben von Ehe und Familie. Wir laden alle herzlich dazu ein, das Schreiben des Papstes zu lesen und zu studieren. Dabei kann es, wie Papst Franziskus selbst betont, „sowohl für die Familien als auch für die in der Familienpastoral Tätigen nutzbringender sein, wenn sie es Abschnitt für Abschnitt geduldig vertiefen oder wenn sie darin nach dem suchen, was sie in der jeweiligen konkreten Situation brauchen“ (AL Nr. 7). In besonderer Weise empfehlen wir die Lektüre des 4. Kapitels über „Die Liebe in der Ehe“. In der Betrachtung über 1 Kor 13 legt der Heilige Vater ein gutes Fundament, die verschiedenen pastoralen Herausforderungen im Licht der Heiligen Schrift zu lesen und zu konkreten Handlungen zu führen. Denn „das Sakrament der Ehe ist nicht eine gesellschaftliche Konvention, ein leerer Ritus oder das bloße äußere Zeichen einer Verpflichtung. Das Sakrament ist eine Gabe für die Heiligung und Erlösung der Eheleute, denn ihr gegenseitiges Sichgehören macht die Beziehung Christi zur Kirche sakramental gegenwärtig“ (AL Nr. 72). So ist die christliche Ehe ein sichtbares Zeichen für die Liebe Gottes und deren wirksame Kraft: ein Stück gelebte Kirche. Darum spricht die Kirche von Ehe und Familie als von einer Kirche im Kleinen, einer „Hauskirche“.

Als Erstes sagen wir Dank, nicht nur dem Heiligen Vater für seine Impulse, sondern auch all jenen, die sich in der Vorbereitung und Begleitung des synodalen Weges eingesetzt haben, bei den Befragungen im Vorfeld und in der fachlichen Aufbereitung. Danke auch für alles Gebet, das die Synodenteilnehmer und ihre Beratungen begleitet hat. Alle haben auf ihre je eigene Weise dazu beigetragen, dass dieser synodale Weg ein Weg der ganzen Kirche war.

Auf diesem Weg wurden uns auch die vielfältigen Lebenssituationen der Ehepaare und Familien von heute deutlich. Wir sehen mit großem Respekt, welche Anstrengungen in Gesellschaft, Beruf und Erziehung Menschen heute zu bewältigen haben. Alle, die tagtäglich partnerschaftliche Treue, elterliche Liebe, Fürsorge und Erziehung, Solidarität zwischen den Generationen und aufrechte Beziehungen in ihrem familiären Umfeld leben, leisten einen unendlich wertvollen Beitrag für die Gesellschaft, vor allem aber füreinander. Der unermüdliche Einsatz der Eltern, die ihre Kinder ins Leben begleiten und zu selbstverantwortlichen Persönlichkeiten heranbilden, ist unersetzbar. Deshalb danken wir besonders den Eheleuten und den Familien für ihr Lebens- und Glaubenszeugnis. Soweit es uns möglich ist, wollen wir Menschen auf diesem Weg unterstützen.

Welche Konsequenzen ergeben sich nun aus Amoris Laetitia für die Ehe- und Familienseelsorge in Deutschland? Vieles davon wird in den konkreten pastoralen Situationen entwickelt werden müssen. Wir nennen daher nur einige wichtige Leitpunkte. Dies sind erste Schwerpunkte, denen wir uns in der folgenden Zeit besonders widmen wollen. Damit ist der Reichtum von Amoris Laetitia nicht annähernd ausgeschöpft. Wir wollen uns mit dem Evangelium von der Familie, wie es in Amoris Laetitia entfaltet wurde, auch weiterhin befassen und weitere Schwerpunkte entfalten. An dieser Stelle thematisieren wir zunächst:

die Ehevorbereitung;

die Ehebegleitung;

die Stärkung der Familie als Lernort des Glaubens;

den Umgang mit Zerbrechlichkeit: begleiten – unterscheiden – eingliedern.

Ehevorbereitung

Am Anfang der pastoralen Begleitung von Paaren, Eheleuten und Familien steht die Ehevorbereitung. „Die komplexe gesellschaftliche Wirklichkeit und die Herausforderungen, mit denen sich die Familien heute auseinandersetzen müssen, erfordern einen größeren Einsatz der ganzen christlichen Gemeinde im Hinblick auf die Vorbereitung der Brautleute auf die Ehe“ (AL Nr. 206). Wir möchten, dass Paare, die um eine kirchliche Trauung bitten, erfahren, dass wir uns über ihren Entschluss freuen, denn „die Freude der Liebe … ist auch die Freude der Kirche“ (AL Nr. 1). Wir laden sie herzlich ein, mit uns zusammen ihre konkrete Lebenssituation in den Blick zu nehmen und die spirituelle und auch sakramentale Dimension ihrer Partnerschaft zu erschließen. Hier bedarf es weiterer Anstrengungen zur Entwicklung eines Ehekatechumenats, der den Weg zur Ehe als bewussten Glaubensweg begleitet. In den deutschen Diözesen verfügen wir bereits über zahlreiche Modelle, Initiativen und Projekte für eine Vorbereitung auf die Ehe, angefangen von der Förderung junger Menschen in ihrer Beziehungsfähigkeit, etwa in Jugendarbeit, Religionsunterricht und

Familienpastoral, über Paar- und Eheseminare bis hin zur unmittelbaren Vorbereitung des Trauungsgottesdienstes. Viele dieser Angebote finden aber zu punktuell statt und erreichen zu wenige Paare. Das hohe Gut, das das Ehesakrament aus dem Glauben heraus bedeutet, wird jungen Paaren oft zu wenig vermittelt.

Unsere Ehevorbereitungspastoral bedarf daher einer Intensivierung, eines verbindlicheren und zugleich überzeugenderen Charakters. Vor Ort wie auch im Austausch auf diözesaner und überdiözesaner Ebene gilt es, diese seelsorgerlichen Angebote weiterzuentwickeln und auszuweiten.

Ehebegleitung

Wir sehen uns auch in der Pflicht, die Bemühungen um die Ehebegleitung zu verstärken. Dabei soll vor allem das Gelingende mit allen Mühen und Früchten wertgeschätzt werden. Es soll in Gottesdiensten an besonderen Festen und zu Ehejubiläen gefeiert werden. Wichtig ist auch, auf das Sakrament der Ehe und seine Sinnhaftigkeit stärker in der Verkündigung, in der Predigt und in der Erwachsenenbildung einzugehen. Andererseits aber genügt es nicht, sich auf die Verkündigung von Prinzipien zurückzuziehen. „Uns kommt ein verantwortungsvollerer und großherzigerer Einsatz zu, der darin besteht, die Gründe und die Motivationen aufzuzeigen, sich für die Ehe und die Familie zu entscheiden“ (AL Nr. 35).

Ausdrücklich fördern wir alle Bemühungen von Ehe- und Familienkreisen in Pfarreien,

Verbänden und geistlichen Gemeinschaften. In all dem liegt uns die Entfaltung einer Ehe- und Familienspiritualität besonders am Herzen. Von hervorgehobener Bedeutung sind auch die in unserem Land sehr zahlreichen konfessionsverbindenden Ehen. Ihre Situation bedeutet eine besondere Herausforderung, aber ebenso auch eine Chance im ökumenischen Dialog. Wir wissen, dass in einer solchen Ehe der Schmerz der Trennung zwischen den Kirchen besonders stark wahrgenommen wird. Dies wird sicherlich besonders bei der Frage der Taufe und der Erziehung der gemeinsamen Kinder oder bei der Feier der Erstkommunion bzw. Konfirmation erfahren.

Vor allem die noch nicht mögliche volle Gemeinschaft im Herrenmahl lässt den Schmerz der Spaltung der Christenheit in solchen Ehen und Familien deutlich werden. Wir sind uns bewusst, dass es nicht leicht ist, die katholische Position in unserer Zeit zu vermitteln und zugleich in pastoraler Verantwortung mit dieser Frage umzugehen.

Neben der Wertschätzung des Gelingens ist in der Begleitung von Ehepaaren und Familien auch die Hilfe bei Problemen und Schwierigkeiten unverzichtbar. Familien stehen fast täglich in Situationen, die ihnen das Leben schwer machen. Das Spektrum reicht von ökonomischen Herausforderungen über Krankheiten, körperliche Beeinträchtigungen, Erziehungs- und Beziehungsprobleme, Wohnungsnot, Arbeitsplatzverlust, Sorge und Pflege für altgewordene Eltern bis hin zum Tod von Familienangehörigen. Entsprechend vielfältig muss das Hilfeangebot ausgestaltet sein. Die Dienste der Caritas, die Angebote der Ehe- und

Familienpastoral und der kirchlichen Beratungsstellen sowie auch die unmittelbare Ansprechbarkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pfarrseelsorge und in den kirchlichen Einrichtungen wie etwa den Kindertagesstätten leisten hier bereits jetzt sehr viel. Allen, die hier engagiert arbeiten, sagen wir an dieser Stelle unseren herzlichen Dank. Nur so kann Kirche menschenfreundlich und hilfsbereit im Alltag der Menschen erlebt werden. Uns allen gilt der Appell aus Amoris Laetitia: „In den schwierigen Situationen, welche die am meisten Bedürftigen erleben, muss die Kirche besonders achtsam sein, um zu verstehen, zu trösten, einzubeziehen“ (AL Nr. 49).

Familie als Lernort des Glaubens stärken

Mit Amoris Laetitia weisen wir auf die besondere Bedeutung der Familie als Lernort des Glaubens hin: „Die Erziehung der Kinder muss von einem Weg der Glaubensweitergabe geprägt sein“ (AL Nr. 287). Familien sind der Ort der ersten personalen Beziehungen und bilden einen intimen Erfahrungsraum. Kinder haben ein besonders feines Gespür für die großen Fragen des Lebens und Eltern können ihre Kinder für diese Fragen sensibilisieren. Hilfreich sind tägliche Rituale wie das gemeinsame Gebet oder das Segenskreuz, das sie ihnen auf die Stirn zeichnen. Auch die bewusste Gestaltung des Sonntags sowie kirchlicher Feste in der Familie eröffnet einen Zugang zur religiösen Erziehung und zur Weitergabe des Glaubens. Eltern wollen ihren Kindern Orientierung für den Lebensweg geben. Dazu gehört auch, über den eigenen Glauben zu sprechen: „Der Glaube ist ein Geschenk Gottes, das in der Taufe empfangen wird, und nicht das Ergebnis eines menschlichen Tuns, doch die Eltern sind Werkzeuge Gottes für seine Reifung und Entfaltung“ (AL Nr. 287). Dafür suchen Familien nach gemeinsamen und tragfähigen Ausdrucksformen. Die Gestaltung religiöser Elemente und Rituale im Familienleben braucht nicht das Außergewöhnliche, sondern die Nähe zum Alltag. Wir möchten Eltern und Großeltern darin unterstützen, immer wieder neu geeignete Formen zu suchen und zu finden. Kinder brauchen Erwachsene, die sie in ihren Fragen und ihrem Suchen begleiten. Kinder fordern Erwachsene mit ihren Fragen aber auch heraus. Das kann dazu beitragen, dass Erwachsene ihren Glauben und ihre religiöse Praxis überdenken und in ihrem Glauben wachsen. So kann das Miteinander von Kindern und Erwachsenen eine echte Schule des Glaubens sein. Diese Prozesse wollen wir verstärkt seelsorglich begleiten, zumal das Religiöse im Familienleben seine Selbstverständlichkeit weithin verloren hat.

Umgang mit Zerbrechlichkeit: begleiten – unterscheiden – eingliedern

Trotz allen guten Willens der Eheleute und trotz aller Vorbereitung auf die Ehe geschieht es, dass Beziehungen zerbrechen. Menschen sehen sich vor dem Scherbenhaufen ihres auf eine Partnerschaft gegründeten Lebensentwurfs. Sie leiden daran, dass sie scheitern und ihrem Ideal einer lebenslangen Liebe und Partnerschaft nicht gerecht werden können. Zu ihre Selbstzweifeln kommen oft genug wirtschaftliche Sorgen. Besonders betroffen sind die Kinder einer zerbrechenden Beziehung. In dieser Notlage ist es Aufgabe der Kirche, Menschen zu begleiten und zu stützen. Diesen Dienst nehmen in vielen Fällen die kirchlichen Beratungsstellen und die Alleinerziehendenseelsorge wahr. Doch in der alltäglichen Pastoral ist es notwendig, hier noch viel mehr ein offenes Ohr und ein weites Herz zu haben, damit es gelingt, „dazu anzuregen, sich der Gnade zu öffnen“ (AL Nr. 37).

So möchten wir auch auf die Frage des kirchlichen Umgangs mit den Personen eingehen, die nach einer Scheidung zivilrechtlich wieder geheiratet haben und sich nach dem Empfang des Bußsakraments und der Eucharistie sehnen. Die Unauflöslichkeit der Ehe gehört zum unverzichtbaren Glaubensgut der Kirche. Amoris Laetitia lässt daran ebenso wenig Zweifel wie an der Notwendigkeit eines differenzierenden Blickes auf die jeweiligen Lebenssituationen der Menschen. „Daher sind Urteile zu vermeiden, welche die Komplexität der verschiedenen Situationen nicht berücksichtigen. Es ist erforderlich, auf die Art und Weise zu achten, in der Menschen leben und aufgrund ihres Zustands leiden.“ (AL Nr. 296)

Amoris Laetitia stellt die drei Aspekte Begleiten, Unterscheiden und Eingliedern als zentrale Leitbegriffe heraus, ausgehend von der Grundfeststellung: „Niemand darf auf ewig verurteilt werden, denn das ist nicht die Logik des Evangeliums!“ (AL Nr. 297) In Lebenssituationen, die oft genug als aufreibend und belastend erlebt werden, sollen die Betroffenen erfahren können, dass ihre Kirche sie nicht fallen lässt. Im Umgang mit den wiederverheiratet Geschiedenen muss deutlich werden, dass sie zur Kirche gehören, Gott ihnen seine Liebe nicht entzieht und sie gerufen sind, die Gottes- und Nächstenliebe zu praktizieren und echte Zeugen Jesu Christi zu sein. Der Heilige Vater unterstreicht den Aspekt der Begleitung deutlich, indem er sagt: „Sie sollen sich nicht nur als nicht exkommuniziert fühlen, sondern können als lebendige Glieder der Kirche leben und reifen, indem sie diese wie eine Mutter empfinden, die sie immer aufnimmt, sich liebevoll um sie kümmert und sie auf dem Weg des Lebens und des Evangeliums ermutigt.“ (AL Nr. 299)

Was der Papst in diesem Zusammenhang mit Unterscheiden meint, wird deutlich, wenn er in Amoris Laetitia festhält: „Die Kirche ist im Besitz einer soliden Reflexion über die mildernden Bedingungen und Umstände. Daher ist es nicht mehr möglich zu behaupten, dass alle, die in irgendeiner sogenannten ,irregulären‘ Situation leben, sich in einem Zustand der Todsünde befinden und die heiligmachende Gnade verloren haben“ (AL Nr. 301). Amoris Laetitia bietet in dieser Frage keine allgemeine Regelung und kennt keinen Automatismus in Richtung einer generellen Zulassung aller zivilrechtlich wiederverheiratet Geschiedenen zu den Sakramenten. Amoris Laetitia übersieht weder die schwere Schuld, die viele Menschen in solchen

Situationen des Zerbrechens und Scheiterns ehelicher Beziehungen auf sich laden, noch die Problematik, dass eine zivilrechtliche Wiederheirat dem sichtbaren Zeichen des Ehesakraments widerspricht, selbst wenn die betroffene Person schuldlos verlassen wurde. Amoris Laetitia bleibt aber dennoch nicht beim kategorischen und irreversiblen Ausschluss von den Sakramenten stehen. Die Anmerkung 336 (zu AL Nr. 300) macht deutlich, dass die Unterscheidung, die „erkennen kann, dass in einer besonderen Situation keine schwere Schuld vorliegt“, zu differenzierten Konsequenzen auch auf dem Gebiet der Sakramentenordnung führen müsste. Anmerkung 351 (zu AL Nr. 305) weist zudem darauf hin, dass man auch in einer Situation, die objektiv irregulär, subjektiv, aber nicht oder zumindest nicht völlig schuldhaft ist, „in der Gnade Gottes leben kann, dass man lieben kann und dass man auch im Leben der Gnade und der Liebe wachsen kann“ (AL Nr. 305), wenn man die Hilfe der Kirche und in gewissen Fällen auch die Hilfe der Sakramente bekommt. Auch dies spricht für die Möglichkeit des Sakramentenempfangs in diesen Situationen.

Nicht alle Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die zivil geschieden und wiederverheiratet sind, können ohne Unterscheidung die Sakramente empfangen. Erforderlich sind vielmehr differenzierte Lösungen, die dem Einzelfall gerecht werden und dann zum Tragen kommen, wenn die Ehe nicht annulliert werden kann. Wir ermutigen in diesem Zusammenhang alle, die begründete Zweifel daran haben, dass ihre Ehe gültig zustande gekommen ist, den Dienst der kirchlichen Ehegerichte in Anspruch zu nehmen, damit ihnen ggf. eine neue kirchliche Heirat ermöglicht wird. Allen, die an den kirchlichen Gerichten arbeiten, danken wir an dieser Stelle für ihren diskreten und seelsorgerischen Einsatz.

Amoris Laetitia geht von einem Prozess der Entscheidungsfindung aus, der von einem Seelsorger begleitet wird. Unter der Voraussetzung dieses Entscheidungsprozesses, in dem das Gewissen aller Beteiligten in höchstem Maß gefordert ist, eröffnet Amoris Laetitia die Möglichkeit, die Sakramente der Versöhnung und der Eucharistie zu empfangen. In Amoris Laetitia unterstreicht Papst Franziskus die Bedeutung der Gewissensentscheidung, indem er sagt: „Wir tun uns schwer, dem Gewissen der Gläubigen Raum zu geben, die oftmals inmitten ihrer Begrenzungen, so gut es ihnen möglich ist, dem Evangelium entsprechen und ihr persönliches Unterscheidungsvermögen angesichts von Situationen entwickeln, in denen alle Schemata auseinanderbrechen. Wir sind berufen, die Gewissen zu bilden, nicht aber dazu, den Anspruch zu erheben, sie zu ersetzen“ (AL Nr. 37). Am Ende eines solchen geistlichen Prozesses, dem es immer um das Eingliedern geht, steht nicht in jedem Fall der Empfang der Sakramente von Buße und Eucharistie. Die individuelle Entscheidung, unter den jeweiligen Gegebenheiten nicht oder noch nicht in der Lage zu sein, die Sakramente zu empfangen, verdient Respekt und Achtung. Aber auch eine Entscheidung für den Sakramentenempfang gilt es zu respektieren. Zu vermeiden sind sowohl die Haltung eines Laxismus ohne intensives Hinsehen im Begleiten, Unterscheiden und Eingliedern als auch eine rigoristische Haltung, die beim schnellen Urteil über Menschen in sogenannten irregulären Situationen stehenbleibt. An die Stelle solcher extremer Haltungen soll die Unterscheidung (lat. „discretio“) im persönlichen Gespräch treten. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, den Weg der Gewissensbildung der Gläubigen zu vertiefen. Dazu ist es nötig, unsere Seelsorger zu befähigen und ihnen Kriterien an die Hand zu geben. Solche Kriterien einer Gewissensbildung gibt der Heilige Vater in Amoris Laetitia in ausführlicher und hervorragender Weise an (s. AL Nr. 298–300).

Sowohl für die Seelsorger als auch für die Gläubigen bedeutet diese Leitvorstellung von Begleiten, Unterscheiden und Eingliedern einen hohen Anspruch und eine große Herausforderung. Gerade in der Situation des Scheiterns, aber auch darüber hinaus sollen die Menschen erfahren können, dass die Kirche sie begleitet und einlädt, mit ihr unterwegs zu sein. „Die Hirten, die ihren Gläubigen das volle Ideal des Evangeliums und der Lehre der Kirche nahelegen, müssen ihnen auch helfen, die Logik des Mitgefühls mit den Schwachen anzunehmen und Verfolgung oder allzu harte und ungeduldige Urteile zu vermeiden.“ (AL Nr. 308) Papst Franziskus hat in seinem Schreiben viele Situationen angesprochen: Seien es die Alleinerziehenden, die Migranten und Familien auf der Flucht, die interkonfessionellen, interreligiösen oder interkulturellen Paare, die Paare, bei denen ein Partner gläubig ist und der andere viel weniger oder gar nicht glaubt, die Familien, die in Armut leben, die sich um alte, kranke und besonderer Zuwendung bedürftige Familienmitglieder kümmern, und nicht zuletzt auch die Paare, die sich noch nicht zu einer Heirat entschließen können, und die Ehepaare nach Scheidung und nach zivilrechtlicher Wiederheirat. Mit manchen werden wir nur eine kleine Wegstrecke gemeinsam gehen oder nur einen fernen Kontakt halten können, andere werden wir intensiver begleiten können und manche werden dauerhaft mit uns unterwegs sein. Dabei dürfen wir das Evangelium von der Familie nicht verleugnen. „Wir würden der Welt Werte vorenthalten, die wir beisteuern können und müssen“ (AL Nr. 35). Paare in Krise, Scheidung und zivilrechtlicher Wiederverheiratung zu begleiten, bedeutet auch eine große Herausforderung und Chance, die Kirche und ihr Eheverständnis zur Sprache zu bringen.

Wir ermutigen alle, die den Weg von Ehe und Familie mit der Kirche gehen wollen, den wegweisenden Text Amoris Laetitia persönlich zu bedenken und so den Reichtum des Evangeliums der Familie für das eigene Leben zu entdecken. Alle Eheleute und alle Familien wollen wir auf diesem Weg unterstützen, fördern und begleiten. Der Heilige Vater selbst gibt uns dies mit auf den Weg: „Alle sind wir aufgerufen, das Streben nach etwas, das über uns selbst und unsere Grenzen hinausgeht, lebendig zu erhalten, und jede Familie muss in diesem ständigen Anreiz leben. Gehen wir voran als Familien, bleiben wir unterwegs! Was uns verheißen ist, ist immer noch mehr. Verzweifeln wir nicht an unseren Begrenztheiten, doch verzichten wir ebenso wenig darauf, nach der Fülle der Liebe und der Communio zu streben, die uns verheißen ist.“ (AL Nr. 325)

Das Wort der deutschen Bischöfe „,Die Freude der Liebe, die in den Familien gelebt wird, ist auch die Freude der Kirche‘ – Einladung zu einer erneuerten Ehe- und Familienpastoral im Licht von Amoris Laetitia“ wurde vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz am 23. Januar 2017 in Würzburg verabschiedet. (CNA Deutsch)

Johannes Paul I. wollte Schisma verhindern“

„Papst Johannes Paul I. wollte die Piusbruderschaft wieder in die römisch-katholische Kirche zurückholen." Das sagte der frühere Privatsekretär des 33-Tage-Papstes, Diego Lorenzi, im Gespräch mit einem katholischen italienischen TV-Sender. „Das Problem der Anhänger von Erzbischof Marcel Lefebvre, das auch heute noch auf der Tagesordnung steht, hat schon Johannes Paul I. sehr beschäftigt", so der Geistliche. „Die Einheit der Kirche lag dem Papst mehr am Herzen als alles, worüber die Presse so schrieb." Johannes Paul I., dessen hundertster Geburtstag in diesem Oktober begangen wird, war 1978 nur 33 Tage lang Papst. Zu seiner Zeit hatte Lefebvre noch nicht ohne Erlaubnis des Vatikans eigene Bischöfe geweiht, das tat er erst 1988. Die eigentliche schismatische Handlung war also noch nicht vollzog. Für Johannes Paul I. läuft ein Seligsprechungsverfahren; der Vize-Postulator dieses Verfahrens, Giorgio Lise, kündigt an, er werde der Seligenkongregation in Kürze die so genannte „Positio" übergeben. Darin werden die „heroischen Tugenden" Johannes Pauls I. detailliert aufgeführt und untersucht. Ein Wunder des Papstes sei bereits „prozedural anerkannt", so Lise. Er rechne mit einer Seligsprechung des Luciani-Papstes „in drei bis vier Jahren". (rv)