Vor genau sechs Monaten, am 13. März 2013, trat Jorge Mario Bergoglio die Nachfolge von Benedikt XVI. auf dem Stuhl Petri an. Vatikansprecher Pater Federico Lombardi zieht im Interview mit Radio Vatikan Bilanz über die ersten Monate eines Papstes, der neue Akzente setzte.
„Die erste Neuheit, würde ich sagen, ist der Name. Der hat mich von Anfang an berührt: Franziskus – das ist neu, kein Papst hat sich zuvor so genannt. Und mit diesem Namen kommt die Erklärung, vom Papst selbst gegeben: ,Arme, Frieden, Hüter der Schöpfung‘. Und wir haben schon gesehen, dass das wirklich Grundzüge seines Pontifikates sind, zumindest bisher die Armen und der Frieden. Es sind äußerst aktuelle Fragen, etwa sein extrem mutiger Einsatz für Frieden in Nahost in den letzten Wochen."
Als erster Papst aus Lateinamerika trage Franziskus positiv zu einer „Horizonterweiterung" der Kirche bei, so Lombardi weiter. Das sei ganz deutlich beim Weltjugendtag geworden, bei dem der Papst mit seiner Volksnähe und einfachen Sprache ganz Hirte gewesen sei:
„Alle Päpste waren ,universell’, waren Päpste, die die Welt im Herzen trugen und nicht parteiisch waren. Ich denke aber, dass die Wahl eines Papstes von einem anderen Kontinent doch etwas Besonderes im Stil mit sich bringt, in der Perspektive. Und das ist etwas, das sich die universelle Kirche wünscht, das die Kardinäle wollten und das wir schätzen, eine weitere Bereicherung auf dem Weg der universellen Kirche."
Drittes Merkmal des neuen Papstes und seines Pontifikates laut Jesuit Lombardi: Missionarität. Franziskus stehe für eine nicht selbstbezügliche Kirche, eine Kirche, die aus sich selbst hinausgehe, an die Ränder der Welt. Mit diesem Papst könne das Schiff der Kirche „ohne Angst ins Weite" segeln, schwärmt Lombardi, „mit der Freude, dem Geheimnis Gottes in neuen Horizonten zu begegnen". Dass Franziskus große Begeisterung und großes Interesse auslöst, erklärt sich Lombardi folgendermaßen:
„Ich glaube und hoffe, dass der Hauptgrund dieses Interesses tief geht und dass es damit zu tun hat, dass dieser Papst sehr auf einem Gott besteht, der liebt, der barmherzig ist, der immer vergibt, der Demut zeigt. Und damit, scheint mir, berührt er zutiefst die Männer und Frauen unserer Zeit, und er weiß, wie tief verletzt diese sind – verletzt durch viele schwierige Erfahrungen, Frustrationen, Ungerechtigkeiten, durch große Armut und Marginalisierung in der heutigen Welt."
Barmherzigkeit – ein Schlüsselbegriff in Jorge Mario Bergoglios Denken und Wirken als Jesuit und als Papst. Das rühre alle an, auch die Nicht-Glaubenden, fährt Lombardi fort. Mit Blick auf die Kurienreform, die auf den Weg gebracht ist, warnt der Sprecher vor zu großen Erwartungen. Auch wenn Franziskus notwendige Strukturreformen eingeleitet habe, gehe es doch um eine Erneuerung der Kirche im Inneren – man solle sich also nicht nur auf äußere Formen versteifen, rät Lombardi. Die Erneuerung der Kirche und die Aufgabe der Kirche mit Franziskus sieht er woanders:
„Eine Kirche unterwegs, fähig zur Solidarität, Begleiterin einer Menschheit unterwegs. Da werden wir uns noch viele Gesten und Entscheidungen erwarten können und müssen. In diesen Wochen haben wir das große Thema Frieden und die Menschen, die unter Spannungen und Kriegen leiden, aber es gibt auch viele andere Punkte: die Nähe zu Flüchtlingen und zu anderen, die ausgegrenzt sind, Strafgefangene usw."
Nach der Präsenz „zweier Päpste" im Vatikan gefragt, unterstreicht Lombardi das persönlich gute Verhältnis des neuen Papstes zu seinem Vorgänger. Benedikt XVI. unterstütze die Kirche weiter durch seine Spiritualität und sein Gebet, über seine Anwesenheit im Vatikan seien alle, angefangen bei Franziskus, „sehr glücklich":
„Ich glaube, dass wir – auch wenn wir ihn nicht oft sehen – immer seine Anwesenheit und seine Zuneigung spüren, sein Gebet, seine Weisheit und seinen Rat, mit dem er seinem Nachfolger bei Bedarf immer zur Verfügung steht."
Mit Blick auf seine eigene Arbeit als Vatikansprecher unterstreicht Lombardi, es habe sich nicht allzu viel verändert. Sicher, mit einem solch aktiven und intensiven Papst gebe es schon ein wenig mehr zu tun:
„Sagen wir so: Es gibt viel zu tun, um ihm zu folgen, aber er spricht für sich selbst." (rv)