Christsein bedeutet, „sich nicht von der weltlichen Logik der Macht faszinieren zu lassen". Das sagte Papst Benedikt XVI. an diesem Sonntag bei einer Messfeier im Petersdom. Zusammen mit den sechs neuen Kardinälen, die er am Samstag ernannt hatte, beging er das Christkönigsfest am letzten Sonntag des Kirchenjahres. Dabei ermunterte er dazu, gegenüber den „Interessen der Welt und ihrer Mächte immer den Vorrang Gottes und seines Willens hervortreten zu lassen". Das Reich Gottes sei ein „völlig anderes Reich als die irdischen", so Benedikt XVI. wörtlich.
„Es ist klar, dass Jesus keinerlei politische Ambitionen hat. Nach der Brotvermehrung wollten die Menschen ihn in ihrer Begeisterung über das Wunder ergreifen, um ihn zum König zu machen, um die römische Macht umzustürzen und so ein neues politisches Reich zu errichten, das als das sehnlich erwartete Reich Gottes angesehen worden wäre. Doch Jesus weiß, dass das Reich Gottes ganz anderer Art ist, sich nicht auf Waffen und auf Gewalt gründet. Und so ist es gerade die Brotvermehrung, die einerseits zum Zeichen seiner Messianität wird, aber andererseits einen Wendepunkt in seinem Wirken darstellt: Von jenem Moment an wird der Weg zum Kreuz immer deutlicher; dort, in der äußersten Liebestat, wird das verheißene Reich, das Reich Gottes aufleuchten."
Jesus sei kein politischer Revolutionär gewesen, hob Benedikt XVI. in seiner Predigt hervor. In seinem Gespräch mit Pilatus, dem römischen Statthalter, habe er gezeigt, dass das Reich Gottes „mit der scheinbaren Schwachheit der Liebe, die das Leben hingibt", errichtet werde.
„Die Macht des wahren Messias – eine Macht, die niemals untergeht und niemals vernichtet wird – ist nicht die Macht der Reiche der Erde, die entstehen und vergehen, sondern die der Wahrheit und der Liebe. Damit verstehen wir, dass das Königtum, das Jesus in den Gleichnissen angekündigt und vor dem römischen Statthalter unverhüllt und ausdrücklich offenbart hat, das Königtum der Wahrheit ist, das einzige, das allen Dingen ihr Licht und ihre Größe verleiht."
Der Papst rief dazu auf, sich immer wieder aufs Neue zum Reich Gottes zu bekehren. Die Bitte „Dein Reich komme" im „Vater Unser" bedeute so viel, wie zu Jesus zu sagen: „Herr, gib, dass wir dein sind, lebe in uns, sammle die verstreute und leidende Menschheit, damit in dir alles dem Vater der Barmherzigkeit und der Liebe unterworfen sei", so Benedikt XVI.
Traditionell feiert der Papst am Tag nach einem Konsistorium, also nach der Schaffung neuer Kardinäle, eine feierliche Messe mit den neuen „Senatoren" der Kirche. Die sechs neuen Kardinälen kommen aus dem Libanon, Nigeria, Indien, Kolumbien, den Philippinen und den Vereinigten Staaten. Es war – das ist außergewöhnlich – das zweite Konsistorium in diesem Jahr und das erste seit Jahrzehnten, in dem kein Italiener unter den neuen Kardinälen ist. Das war zuletzt unter Pius XI. vor dem Zweiten Weltkrieg „passiert".
Bei den am Samstag ernannten neuen Kardinälen handelt es sich im einzelnen um Luis Antonio Tagle, Erzbischof der philippinischen Hauptstadt Manila; John Olorunfemi Onaiyekan, Erzbischof von Abuja in Nigeria; Ruben Salazar Gomez, Erzbischof der kolumbianischen Hauptstadt Bogota. Außerdem erhielten der maronitische Patriarch Bechara Rai aus dem Libanon und der syromalankarische Großerzbischof Baselios Cleemis Thottunkal aus Indien die Kardinalsinsignien. Auch der Amerikaner James Michael Harvey, bislang Präfekt des Päpstlichen Hauses, zog in das oberste Beratergremium des Papstes ein. Ihnen überreichte der Papst während der feierlichen Zeremonie am Samstag im Petersdom Kardinalshut, Ring und das Pergament mit ihrer Titelkirche.
(rv)