Bischofssynode in Rom: Die Logik des Zuhörens

Kardinal BaldisseriEs ist ein Paradigmenwechsel in der Methodik: So charakterisiert der Sekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, die Vorbereitungen für die Debatten zu Ehe und Familie hier im Vatikan. Im Oktober dieses Jahres und dann wieder im Oktober des kommenden Jahres werden Versammlungen der Bischofssynode zu diesen Themen tagen. Ein Doppelereignis, wie Baldisseri vor den in Lissabon versammelten Pressesprechern der Bischofskonferenzen Europas erklärte.

Es sind nicht etwa zwei getrennte Synoden, erklärte Baldisseri, sondern „zwei Momente desselben Ereignisses“. Die erste Versammlung (eine außerordentliche) wird eine Bestandsaufnahme vornehmen und die Fragestellungen klären. Sie arbeite auf Basis der Fragebögen, welche mit dem Vorbereitungsdokument im vergangenen Oktober versandt worden waren. Auf Grundlage der Antworten sei ein Methodendokument erstellt worden, das so genannte Instrumentum Laboris.

Die zweite Versammlung im kommenden Jahr werde dann gültige Vorgehensweisen für die Pastoral erarbeiten.

Kardinal Baldisseri nannte in seiner Ansprache eine ganze Reihe von Problemen, die durch die Fragebögen rückgemeldet worden seien: Interreligiöse Familien oder Familien mit verschiedenen Konfessionen, alleinerziehende Eltern, Polygamie, Polyandrie, arrangierte Ehen oder der „Kauf“ von Bräuten, das Kastensystem, Fehlformen in der Wahrnehmung von Mann und Frau, gleichgeschlechtliche Partnerschaften und damit einhergehend die Frage von deren Adoptionsrecht, Leihmutterschaft und viele andere Punkte. Vor allem müsse für die Kirche aber die Schwächung oder gar Aufgabe des Glaubens an die Sakramentalität von Ehe und Vergebung (Sakrament der Buße) ein Anliegen sein.

Papst Franziskus wolle von der Kirche, dass sie voran gehe, so Baldisseri. Dieses Vorangehen setze voraus, dass man zuerst auf das Wort Gottes, dann aber auch auf die Sorgen und Probleme der Menschen höre. Die dadurch entstehende Logik sei eine Logik des Dienstes, nicht der Macht. Man könne nicht verschweigen, dass diese Methodik einen Paradigmenwechsel darstelle, schloss Baldisseri seinen Vortrag. Sie bringe – wie Papst Franziskus dies wolle – eine Dynamik in die Debatte, aber auch in die Institutionen der Kirche selbst hinein.

Der Vortrag von Kardinal Baldisseri wurde an diesem Samstag im Osservatore Romano veröffentlicht.

Hintergrund

Versammlungen von Bischofssynoden kennen zwei Formen: die außerordentliche, zu der nur die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen kommen, und die ordentliche, zu der auch gewählte Mitglieder kommen. Außerdem gibt es Sonderversammlungen, die sich einzelnen – vor allem regionalen – Themen zuwenden, wie etwa der Kirche in Afrika oder zuletzt im Nahen Osten.

Die außerordentliche Bischofssynode findet in diesem Jahr vom 5. bis zum 19. Oktober im Vatikan statt. (rv)

Synoden-Sekretär: „Kirche braucht Familienkongresse“

Kardinal BaldisseriNeben der vatikanischen Familienumfrage sind auch Kongresse wichtig, damit die Synodenteilnehmer sich ein besseres Bild von der Familie in der heutigen Zeit machen können. Das sagt im Gespräch mit uns der Sekretär der Bischofssynode, Kurienkardinal Lorenzo Baldisseri. Er nahm am Wochenende an einem Familienforum an der Päpstlichen Universität Gregoriana teil.

„Solche Veranstaltungen sind wichtig, und je mehr es davon gibt, desto mehr wissen wir über die derzeitige Lage der Familie. Es geht da um das Evangelium des Lebens, wie es Papst Franziskus nennt. Wir wollen bei der Synode die pastoralen Herausforderungen erarbeiten. Wer unsere Umfrage genau gelesen hat, wird sicherlich bemerkt haben, dass in der Einleitung vor allem vom Evangelium gesprochen wurde, und das wollen wir auch gerne betonen.“

Das Forum an der Gregoriana war keine trockene Uni-Vorlesungsveranstaltung, sondern vor allem eine mehrtägige Gesprächsrunde zwischen Theologen, Priestern und Familien. In den Vorlesungsaula waren also nicht nur Studenten anwesend.

„Da haben wir ganz spannende Zeugnisse gehört. Ich denke da nicht nur an Eheleute, sondern auch an Psychotherapeuten, die über die konkreten Eheproblemen sprachen. Klar, es gab viele Experten, die wissenschaftliche Resultate vortrugen. Aber das Ganze war doch sehr praxisorientiert und mit der Einbeziehung von Eheleuten.“

Es wäre schön und wünschenswert, wenn auch die Familiensynode so praxisorientiert wäre – das sagt uns der Hauptorganisator des Familienforums an der Gregoriana und Bergoglio-Schüler, Jesuitenpater Manuel Yanez.

„Wir wissen alle, dass der Papst sehr besorgt ist, wie die heutige Familie lebt. Ihm ist bewusst, dass es heutzutage nicht einfach ist, eine Familie zu gründen und das zu leben. Da wir Kardinal Baldisseri bei uns hatten, sind wir zuversichtlich, dass die Familiensynode Ähnlichkeit mit unserem Forum haben könnte.“

Wie praxisorientiert die Familiensynode werden kann, ist derzeit noch unklar – Details zu Programm und Gestaltung sind der Öffentlichkeit noch nicht bekannt. Für Pater Yanez wäre es durchaus denkbar, dass Eheleute oder Familien vor und mit den Synodenteilnehmern sprechen.

„Ja klar, das wäre eine tolle Idee. Aber ich würde dafür plädieren, dass in jedem Bistum auf der Welt vor der Synode solche Familienkongresse stattfinden sollten. Das wäre eine Basis für den Dialog zwischen den Synodenvätern und den Familienvätern und –müttern. Das wäre eine große Bereicherung!“

Die Weltbischofssynode zum Thema Familie findet im Oktober 2014 im Vatikan statt. Ein Jahr später werden die dort angesprochenen Themen auf einer Ordentlichen Synode im Vatikan vertieft.  (rv)