Der neue Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union ist – eine Frau. Nkosazana Dlamini-Zuma, Ex-Frau des südafrikanischen Staatspräsidenten Jacob Zuma und seit 1994 unter diversen Staatspräsidenten in Ministerämtern tätig, ist am Sonntag in dieses Schlüsselamt der afrikanischen Staatengemeinschaft gewählt worden und hat dabei den bisherigen Amtsinhaber, den Gambonianer Jean Ping, ausgestochen. Christine Seuss hat mit Karl Wirtz, dem Misereor-Länderreferenten für Südafrika, gesprochen. Er ist davon überzeugt, dass Dlamini bei Konflikten wie im Ostkongo Entscheidendes zur Verhandlungsführung beitragen kann. Die Tatsache, dass eine Frau gewählt wurde, sei aber auch ein sichtbares Zeichen eines gesellschaftlichen Umbruchs auf dem afrikanischen Kontinent: Immer mehr Frauen würden in Schlüsselpositionen gewählt und veränderten so das Gesicht von Politik und Gesellschaft entscheidend.
Welche politischen Weichenstellungen wird man sich von Frau Nkosazana Dlamini-Zuma erwarten können?
„Ich denke, dass Frau Dlamini sehr den Dialog zwischen den verschiedenen Konfliktparteien in Afrika positiv beeinflussen wird. Sie ist eine Person, die aufgrund ihrer langen politischen Erfahrung und ihrer Rolle als Frau Konflikte anders angeht und von daher für die meist männlichen Konfliktparteien eine Herausforderung darstellen wird."
Die Afrikanische Union hat erst jetzt über heiße Konfliktherde wie Südsudan und Ostkongo beraten und auch den Einsatz von Friedenstruppen beschlossen. Kann der Blickwinkel einer Frau dabei helfen, diese Probleme zu lösen?
„Naja, sie wird natürlich keine grundsätzlichen Dinge sofort mitentscheiden oder beeinflussen können, aber ihr Geist und ihre Art wird sicherlich bei den Konfliktlösungen eine wichtige Rolle spielen. Nehmen wir den Konflikt im Osten des Kongo mit der Beteiligung von Ruanda, Uganda und vielen Kriegsparteien im Kongo selbst. Da allein die verschiedenen Akteure an den Tisch zu bringen und ihnen zu helfen, ins Gespräch zu kommen. Ich glaube, da wird sie stark drin sein und das wird sie positiv beeinflussen."
Was bedeutet die Wahl von Frau Nkosazana Dlamini-Zuma als Präsidentin der Kommission der Afrikanischen Union für die Rolle der Frau auf dem afrikanischen Kontinent?
„Meines Erachtens wird da deutlich, dass wir eine neue afrikanische Elite haben, die die Politik und Wirtschaft bestimmt und dass die Frauen dabei eine sehr wichtige Rolle wahrnehmen. Wir sehen, dass hochgebildete, hochqualifizierte Frauen mehr und mehr Einfluss auf die Wirtschaft und insbesondere auf die Politik haben und dass dadurch der Stil in der Politik ein anderer wird – auf der einen Seite verbindlicher, auf der anderen Seite aber auch mit mehr persönlichem Engagement und persönlichem ,Committment’. Ich denke, da wird Frau Dlamini Akzente in der Afrikanischen Union setzen."
Die südafrikanische Bischofskonferenz hat ja bereits im Januar eine Frau als Generalsekretärin gewählt. Hatte dieser Tabubruch einen Einfluss auf die Wahl einer Frau in dieses wichtige Amt?
„Es ist natürlich für unsere Kirche ein absoluter Gewinn, wenn eine qualifizierte Frau wie Schwester Hermenegild Makoro CPS – ich kenne sie persönlich gut – zur Sekretärin der Bischofskonferenz gewählt wurde. Dass sie dies irgendwie auch selbstverständlich macht und somit auch von der südafrikanischen Kirche als Selbstverständlichkeit wahrgenommen wird. Das, finde ich, ist ein wichtiger emanzipatorischer Prozess, den wir natürlich begrüßen."
Was beinhalten die Aufgaben des Kommissionsvorsitzenden der Afrikanischen Union?
„Die afrikanische Union funktioniert ähnlich wie die Europäische Union. Die zentrale Rolle spielen Kommissare, wovon es elf gibt. 54 Staaten, also alle afrikanischen Staaten außer Marokko, sind in dieser Union zusammengeschlossen. Entscheidend bei der Arbeit von Frau Dlamini wird sein, dass sie direkt die Auswahl und Arbeit der Kommissare beeinflusst, die ähnlich wie Minister fungieren. Sie hat großen Einfluss auf die Personalauswahl und auch auf die Programme, die von den einzelnen Kommissaren wahrgenommen werden im Bereich Wirtschaft, Kultur, Bildung, militärische Konflikte, und was auch immer ansteht. Sie kann also direkt auf den Inhalt und den Stil der Kommissare Einfluss nehmen."
Die neue Vorsitzende der Kommission ist als langjährige Politikerin mit Regierungserfahrung in Südafrika bekannt. Wie schätzen Sie ihre politische Qualifikation dafür ein, die Geschicke der Afrikanischen Union in dieser wichtigen Position mit zu lenken?
„Wenn eine Frau in ihrem Alter, mit 63 Jahren, und als ausgebildete Ärztin seit 1994 unter allen südafrikanischen Präsidenten Ministerpositionen innehatte, dann muss schon etwas an ihr dran sein. Sie ist vom Professionellen her exzellent. Sei es als Gesundheitsministerin, Außenministerin, oder zuletzt jetzt Innenministerin, hat sie ein sehr konstruktives und positives Bild hinterlassen. In Südafrika ist sie hoch geschätzt. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass jeder Präsident bis jetzt sie wieder als Ministerin berufen hat. Allein das spricht schon für sie, außerdem ist sie dafür bekannt, dass sie sehr genau und zielstrebig arbeitet." (rv)
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