Papst an Taizé-Treffen: Gegenseitig bereichern statt einsam sein

Tausende Jugendliche aus ganz Europa treffen sich ab diesem Donnerstag in der Nordschweizer Stadt Basel, um an dem alljährlichen Jahresabschlusstreffen der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé teilzunehmen. Auch der Papst richtete einige Grußworte an sie, wie Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bestätigt.

Mario Galgano – Vatikanstadt.

Gerade zum Abschluss des Reformationsgedenkjahres sei es für die Jugend Europas wichtig, zusammenzukommen und sich gegenseitig zu bereichern. Protestanten, Katholiken und auch Orthodoxe müssten zusammenhalten, so der Papst an die Teilnehmer des Taizé-Treffens in Basel. Die Papst-Botschaft ist vom vatikanischen Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin unterzeichnet.

Franziskus erinnert daran, dass es sich bereits um das 40. Treffen der ökumenischen Gemeinschaft handelt. Basel als Austragungsort sei ein europäischer Drehpunkt zwischen der Schweiz, Frankreich und Deutschland und somit Sinnbild für den Austausch der Freude und des Glaubens.

Im Gespräch mit Vatican News unterstreicht auch der Gastgeber des Treffens, der Prior von Taizé Frère Alois, dass die europäische Dimension ein wichtiges Element der Zusammenkunft sei.

„Wir sind nach Basel eingeladen worden, deshalb findet das europäische Treffen hier statt. Wir sind sehr froh darüber, weil nicht nur in der Stadt Basel, sondern auch in den angrenzenden Teilen Frankreichs und Deutschlands Begegnungen im Rahmen des Taizé-Treffens stattfinden“, so Frère Alois. Auch in anderen grenzübergreifenden Gegenden in Europa habe es bereits solche Treffen gegeben und werde es auch weiter geben. „Das ist etwas, das in Europa gewachsen ist, und dahinter zurück werden wir nie mehr gehen“, bekräftigte er.

Stadt der Reformation

Ein anderer Grund, weshalb Basel ausgewählt wurde: es handelt sich um eine Stadt der Reformation. „In diesem Jahr, wo wir ,500 Jahre Reformation´-Gedenkfeiern gehabt haben, wollen wir an diesem Jahresende noch einmal deutlich sagen, wie wichtig es ist, dass wir Christen heute zusammenkommen“, so Frère Alois. Ein Zeichen der Einheit zu geben, bedeute, „das Evangelium verständlich für Menschen von heute“ zu machen.

Friede und Freude

Wie der Papst in seiner Grußbotschaft betont, lautet das Thema des Treffens „Freude“. Es handele sich um eine Freude, die nicht vergeht, so der Gastgeber aus Taizé. Frère Alois: „Wie können wir in der Quelle des Evangeliums die Freude entdecken, die von der Liebe Gottes kommt, die für jeden Menschen da ist? Mir scheint es wichtig, dass wir die Quellen des Evangeliums frei legen, dass wir den Glauben vertiefen. In dieser Glaubensvertiefung entdecken wir eine Freude, die nicht eine Flucht vor den Problemen dieser Welt ist, sondern ganz im Gegenteil eine Freude, die uns den Mut gibt, die Augen auf zu machen und zu den Menschen zu gehen, die unsere Hilfe brauchen.“

Flüchtlinge

Schaut man auf das zu Ende gehende Jahr zurück, so war wohl das Flüchtlingsthema das prägendste Element in und für Europa. „In all unseren Ländern in Europa gibt es große Veränderungen. Sicher ist die große Zahl der Flüchtlinge eine der Veränderungen, die noch stärker werden wird“, sagt dazu Frère Alois: „Wir müssen überlegen, wie wir auf diese Veränderung eingehen, und das bedeutet auch ganz konkret, auf die Menschen zuzugehen, die jetzt schon da sind“, fügt er an.

Und er richtet sich an alle Jugendlichen: „Nehmt persönlichen Kontakt auf zu einem Migranten, um seine Situation besser zu verstehen.“ Diese Menschen bräuchten nicht nur materielle und administrative Hilfen, sondern sie bräuchten genauso „ein offenes Ohr und ein offenes Herz“, um ihre Situation zu verstehen. „Wenn wir das nicht verstärken, werden wir die Probleme, die natürlich mit dieser großen Flüchtlingswelle auf uns zukommen, nicht meistern können“, so der Prior der Taizé-Gemeinschaft. (vatican news)

Ökumene: Die großen Fragen der Jugendlichen heute

 

Wenn es einen christlichen Pilgerort für Jugendliche in Europa gibt, dann ist das Taizé. Die dort ansässige ökumenische Mönchsgemeinschaft, die Frère Roger Schutz 1940 gegründet hatte, übt ungebrochene Faszination auf christliche und suchende junge Menschen aus, und die Treffen zum Jahreswechsel – diesmal in Basel – sind ähnlich wie die Weltjugendtage Fixpunkte der Gottessuche junger Menschen. Gudrun Sailer sprach mit Frère Alois Löser, dem aus Deutschland stammenden Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé.

RV: Frère Alois, was treibt Jugendliche heute um, was fasziniert sie an Jesus – oder was nicht?

Frère Alois: In Taizé haben wir den Eindruck, dass Jugendliche vor allem danach suchen, was ihrem Leben einen Sinn gibt: Wofür lohnt es, sich einzusetzen? Wie kann ich mein Leben (selbst)in die Hand nehmen? Da kann der Glaube Jugendlichen ganz neue Antworten geben.

RV: Sie waren selber 20, als Sie zum ersten Mal nach Taizé gekommen sind, 1974, und Sie sind geblieben. Sie haben Generationen von Jugendlichen begleitet. Sehen Sie, dass die Fragen junger Menschen sich ändern?

Frère Alois: Ja, die Fragen ändern sich. Als ich in den 70er-Jahren hierherkam, standen politische Fragen im Vordergrund, und es wurde viel über den Glauben diskutiert. Das war damals noch leichter, weil mehr oder weniger alle dasselbe Vokabular hatten. Wenn man heute von Auferstehung spricht, dann ist das für viele Jugendliche zunächst ein Fremdwort. Ich glaube, wir müssen viel deutlicher und klarer über das sprechen, was im Zentrum unseres christlichen Glaubens steht.

RV: Taizé ist wie eine große europäische Evangelisierungs-Station. Eingeladen sind alle Jugendlichen, nach einem Bekenntnis wird nicht gefragt, Ökumene und Dialog zwischen Angehörigen verschiedener Religionen spielen eine große Rolle. Ist dieses nicht Abgegrenzte, dieses genuin Religiöse das Geheimnis von Taizé?

Frère Alois: Es gibt kein Geheimnis von Taizé! Wir versuchen ganz einfach, aus der Mitte des Glaubens zu leben. Wir Brüder der Communauté kommen aus verschiedenen Konfessionen, Ländern und Kontinenten; wir wollen ein kleines Zeichen dafür sein, dass gemäß dem Evangelium die Versöhnung, die Christus gebracht hat, eine Kraft ist, die in der Welt wirkt.

RV: In welchen Momenten lässt sich das in Taizé bei den Jugendtreffen spüren?

Frère Alois: Letzten Sommer haben hier zum Beispiel junge Ukrainer und Jugendliche aus Russland eine Woche lang zusammengelebt und am gemeinsamen Gebet teilgenommen. Sie waren bereit, mehr aufeinander zu hören und die Situation des jeweils anderen Landes besser zu verstehen. Das Evangelium ist eine Kraft der Versöhnung, die in der Welt noch viel stärker wirksam werden könnte.

RV: Welche Dinge namentlich an der katholischen Kirche stören Jugendliche heute? Womit kommen sie nicht klar?

Frère Alois: Das ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Wichtig ist sicher für viele, die Kirche nicht nur als Institution zu erleben, die Regeln erlässt, sondern die vor allem Verständnis zeigt für jede Situation und dann eine Richtung weist. Jugendliche sind heutzutage bereit zu hören, welche Richtung das Evangelium ihnen zeigt. Das Evangelium ist nicht mit allen Situationen und Haltungen einverstanden, aber Jugendliche brauchen das Gefühl: Hier hört mir jemand zu, hier werde ich angenommen, so wie ich bin, mit meinen Fragen und meinen Fehlern. Das ist eine große Erwartung an die Kirche, die an vielen Orten sicher erfüllt wird, aber auf die wir noch viel mehr eingehen müssen.

RV: Warum ist eine katholische Bischofssynode in Rom mit dem Papst über und mit Jugendlichen sinnvoll? Kann da aus Ihrer Sicht etwas Neues herauskommen?

Frère Alois: Das wird sich zeigen. Aber es schön, dass die katholische Kirche schon im Vorfeld deutlich macht: ‚Wir wollen den Jugendlichen zuhören und ein offenes Ohr für ihre Anliegen haben.‘ Es ist für Jugendliche heute nicht leicht, ihren Weg zu finden. Sie leben in einer sich schnell verändernden Welt mit vielen Ablenkungen, in der es nicht leicht ist, Orientierung zu finden. Aber ich glaube, wenn der Papst und die Bischöfe deutlich machen: ‚Wir wollen euch nicht bevormunden, sondern euch im Sinn des Evangeliums begleiten‘, – das wäre ein starkes Zeichen für viele Jugendliche, weit über die katholische Kirche hinaus.

RV: Das Taizé-Jugendtreffen zum Jahreswechsel findet diesmal in Basel statt, warum gerade in diesem wohlhabenden und gesättigten Herzen Europas?

Frère Alois: Basel ist eine Stadt, aber auch eine grenzübergreifende Region; das wird ein wichtiger Aspekt des Treffens sein. Es soll deutlich werden, dass Europa in den verschiedenen Regionen über die Grenzen hinweg existiert, und das kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. In einer Zeit, in der sich eine gewisse Europamüdigkeit ausbreitet, ist das, glaube ich, ein wichtiges Zeichen. Zum anderen gehen wir nach Basel, weil es auch eine Stadt der Reformation ist, nicht der lutherischen Reformation, sondern der reformierten Kirche; jetzt, am Ende dieses Jahres, in dem so viel über die Reformation geredet wurde, wollen wir nochmal ein Zeichen setzen dafür, dass es möglich ist, als Christen deutlich mehr gemeinsam zu tun als wir es bisher getan haben. Wir leben immer noch zu getrennt: Wir können noch viel öfter zum gemeinsamen Gebet zusammenkommen und deutlich machen, dass Christus uns schon heute zusammenführt, auch wenn noch viele theologische Fragen offen sind. (rv)

Ökumene-Kardinal: „Franziskus liegt Taizé sehr am Herzen“

Kardinal KochZum 10. Todestag des Taizé-Gründers Frère Roger hat Papst Franziskus „seinen“ Ökumene-Verantwortlichen in die französische Ortschaft geschickt. Der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch kannte den verstorbenen Gründer der Gemeinschaft von Taizé persönlich gut, wie er im Gespräch mit Radio Vatikan in Taizé sagte:

„Meine erste Begegnung mit Frère Roger war während der Seminarzeit, als ich im Priesterseminar in Luzern war. Da hatte der damalige Regens die gute Idee gehabt, eine Woche in Taizé zu verbringen. Als ich später Bischof von Basel war, habe ich immer die Exerzitien der Bistumsleitung dort gemacht. Das war jeweils eine Woche im Advent und da kam ich einmal nach Taizé und habe da Frère Roger besser kennengelernt. Das war sehr schön, weil er sich freute, einen Bischof empfangen zu dürfen. Man hat seine tiefe Spiritualität gespürt.“

Auch Papst Franziskus selber ist sehr von der Gemeinschaft von Taizé angetan, versichert Kardinal Koch.

„Papst Franziskus liegt Taizé sehr am Herzen, wie eigentlich allen Päpsten zuvor. Frère Roger hat zu allen Päpsten, die er in seinem Leben kennen lernen durfte, ganz gute Beziehungen gepflegt. Das geht jetzt weiter mit Frère Alois, der sowohl Papst Benedikt XVI. als auch Papst Franziskus mehrmals getroffen hat. Deshalb ist es für mich eine große Freude, hier in Taizé zu sein.“

Rund 100 katholische und evangelische Brüder gehören zur Gemeinschaft von Taizé in Ostfrankreich. Davon lebt etwa ein Viertel in bislang fünf kleinen Fraternitäten in Asien, Afrika und Südamerika. Diese Brüder teilen ihr Leben mit Straßenkindern, Gefangenen, Sterbenden und Vereinsamten. (rv)

Botschaft an Taizé-Treffen: Geburtsstätte des Friedens in Europa

TaizeIn seiner Botschaft an das 36. europäische Jahrestreffen der Gemeinschaft von Taizé versichert Franziskus den Teilnehmern seiner Solidarität und erinnert an die Zusammenkunft vor einem Jahr, das in Rom stattgefunden hatte. Der Ort des diesjährigen Treffens sei bedeutsam, so der Papst in seiner Botschaft. Es handelt sich um die französische Stadt Straßburg.

Europa braucht den Einsatz von Jugendlichen, ihres Glaubens und ihres Mutes, um die Schwierigkeiten der Gegenwart zu überwinden. Diese wie in diesen Fällen üblich vom vatikanischen Staatssekretär Erzbischof Pietro Parolin unterschriebene päpstliche Botschaft begrüßt die 20.000 erwarteten Teilnehmer an diesem Samstag zum Taizé- Jahrestreffen in Straßburg und der Ortenau. Papst Franziskus würdigt in der Botschaft die Tatsache, dass das Treffen an der Geburtsstätte des modernen Europas stattfinde, dort wo die Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland nach dem Krieg gewachsen sei. Die Region sei deswegen ein Symbol der Hoffnung für die europäische Familie, so der Papst. Die Aufgabe der Jugendlichen für 2014 sei es, die Einheit aller Menschen zu suchen, die Christus lieben, so Franziskus. „Ihr wisst, dass die Spaltung zwischen den Christen ein großes Hindernis für die Aufgabe ist, die Christus der Kirche gegeben hat. Auch die Glaubwürdigkeit der christlichen Verkündigung wäre viel größer, wenn es den Christen gelingen würde, die Trennungen zu überwinden“, heißt es in der Botschaft. Er als Papst teile die Überzeugung der Jugendlichen, dass man viel voneinander lernen könne, vor allem wenn die Wirklichkeiten der Welt so verschieden seien. Franziskus versichert den Teilnehmern, den Gastgebern und den Vorbereitern und Seelsorgern seinen Segen und wünscht, dass der Geist des Friedens und der Versöhnung sich über diese Treffen an alle Zeitgenossen ausbreite. (rv)

Frankreich: Zollitsch lobt Ökumene in Taizé

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat die Bedeutung Taizés für den ökumenischen Dialog gewürdigt. Zolltisch besuchte am Wochenende die seit 70 Jahren bestehende ökumenische Gemeinschaft in Burgund. Gegenüber Radio Vatikan sagte er am Sonntag:
 „Ich glaube, die Einheit, die hier in Taizé gelebt wird, ist ein ständiger Impuls zu schauen, dass die Einheit unter den Christen ein Auftrag Jesu Christi ist. Je offener wir dafür sind, je mehr wir aufeinander zugehen und uns verstehen, je mehr wir darum beten, desto schneller kann auch Gott diese Einheit uns schenken. Er muss sie uns schenken, wir allein können sie nicht machen."
Gerade Jugendliche, die so zahlreich nach Taizé pilgern, glaubten an die Kraft des Gebets, so Zollitsch, und dass Gott Wunder wirken könne:
„Es war ja schön, kurz bevor die Mauer gefallen ist, war das Jugendtreffen in Pécs. Und in Pécs waren damals viele Jugendlichen aus der damaligen DDR, aber auch von der Bundesrepublik Deutschland. Als sie sich verabschiedeten, fragten sie ‚Wer weiß, ob wir uns wieder sehen?’ Und dreiviertel Jahr später ist die Mauer gefallen. Wir hatten selber das nicht zu hoffen gewagt. Aber man sieht: Gott hat Wege, die wir nicht kennen. Ich gehöre zu denen, die offen sind für ein Wunder, das Gott wirkt."
Das im Süden Burgunds gelegene Dorf gilt als Symbol der ökumenischen Bewegung. Der Bruderschaft, die der evangelische Pfarrer frère Roger gegründet hatte, gehören rund 100 Brüder aus mehr als 25 Ländern an, die aus verschiedenen evangelischen Kirchen und aus der katholischen Kirche stammen. (rv)