Papstreise nach GB: 2. Tag
Der interreligiöse Dialog fordert von allen Religionen eine aktive Beteiligung. Das betonte der Papst an diesem Freitagnachmittag in London. Seite an Seite müssen sich die Religionsgemeinschaften für das Wohl der gesamten Gesellschaft einsetzen. Das sagte Benedikt XVI. bei der Begegnung mit Vertretern anderer Religionen. An dem Treffen nahmen Vertreter von Judentum, Islam, Hinduismus, Sikhismus und anderen Traditionen teil. Der Papst bekannte sich ausdrücklich zum Gespräch der Glaubensgemeinschaften.
„Ich möchte die Wertschätzung der Katholischen Kirche für das wichtige Zeugnis zum Ausdruck bringen, das Sie alle als gläubige Menschen in einer Zeit ablegen, in der religiöse Überzeugungen nicht immer verstanden und geschätzt werden."
Besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) habe die katholische Kirche die Wichtigkeit des Dialogs und der Zusammenarbeit betont.
„Ich darf Ihnen versichern, dass die katholische Kirche den Weg der Begegnung und des Dialogs aus wahrem Respekt für Sie und Ihr religiöses Bekenntnis verfolgt. Zugleich mahne ich die Religionen zum Verzicht auf Hass und Gewalt. Jeder wirkliche Glauben beinhaltet die Pflicht, in Frieden mit unserem Nächsten zu leben."
Religiöse Menschen seien gehalten, einander in Liebe und „mit größtem Respekt für andere religiöse Traditionen" zu begegnen. Bei der Toleranz müsse stets das „Prinzip der Gegenseitigkeit" gelten. Religiöse Minderheiten müssten die Freiheit haben, ihren Kult auszuüben und öffentlich Gottesdienst zu feiern. Jeder Mensch müsse seinem Gewissen folgen dürfen, ohne deswegen ausgegrenzt oder verfolgt zu werden. Das gelte selbst bei einem Konfessionswechsel.
Benedikt XVI. führte weiter aus, der Dialog dürfe nicht auf einer theologischen Ebene bleiben, sondern müsse auch einen Austausch über das Gebet und den gemeinsamen Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einschließen. In Großbritannien sei das Bemühen um freundschaftliche Kontakte zwischen den Glaubensgemeinschaften zunehmend ein „charakteristisches Merkmal der religiösen Landschaft", so der Papst.
Er widersprach der These, dass Religion und Wissenschaft unvereinbar seien. Human- und Naturwissenschaften vermittelten ein wertvolles Verständnis verschiedener Aspekte des Lebens; sie könnten aber „nicht sagen, warum und mit welchem Ziel wir existieren, noch können sie eine umfassende Antwort auf die Frage liefern, warum überhaupt etwas ist und nicht vielmehr nichts".
Weitere Kernsätze
„Auf geistlicher Ebene sind wir alle auf unterschiedliche Weisen persönlich auf einem Weg, der eine Antwort auf die wichtigste aller Fragen gibt – die Frage nach dem letzten Sinn des menschlichen Daseins. Ihre Präsenz und Ihr Zeugnis in der Welt verweisen auf die grundlegende Bedeutung dieser geistlichen Suche, auf die wir uns eingelassen haben, für das Leben der Menschen. Innerhalb ihres jeweiligen Fachbereichs vermitteln uns die Human- und Naturwissenschaften ein wertvolles Verständnis verschiedener Aspekte unseres Lebens und helfen uns, das Zusammenspiel der Kräfte in der materiellen Welt tiefer zu erfassen. Diese Wissenschaften beantworten jedoch nicht die grundlegende Frage und können dies auch nicht tun, da sie sich allesamt auf einer anderen Ebene bewegen.
Die Suche nach dem Heiligen nimmt den anderen Bereichen des menschlichen Forschens nicht ihren Wert. Im Gegenteil, sie stellt sie in einen Zusammenhang, der ihnen größere Bedeutung verleiht als Weisen, wie wir verantwortungsvoll für die Schöpfung sorgen können.
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil betont die Katholische Kirche besonders die Wichtigkeit des Dialogs und der Zusammenarbeit mit den Angehörigen anderer Religionen. Damit dies fruchtbar werden kann, ist ein Prinzip der Gegenseitigkeit unter allen Dialogpartnern und den Angehörigen der verschiedenen Religionen erforderlich.
Der Dialog zwischen den Religionen muß auf einer Reihe verschiedener Ebenen geführt werden und sollte sich nicht auf offizielle Gespräche beschränken. Zum gelebten Dialog gehört auch das einfache Miteinander-Leben und Voneinander-Lernen, um so im Verständnis und im Respekt füreinander zu wachsen. Ein solcher Dialog kann auch gemeinsame Überlegungen einschließen, wie wir das menschliche Leben in jedem Stadium schützen können und wie wir erreichen können, dass die religiöse Dimension der einzelnen und der Gruppen nicht aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen wird." (rv)