Parolin: „Wenn, dann bald“

Bischofssynode 2015Am Anfang war das Konsistorium, am Ende wird wohl eine „Apostolische Exhortation“ stehen – oder? Keiner weiß, wie es nach der zweiten und letzten Bischofssynode zum Thema Ehe und Familie jetzt weitergeht im synodalen Prozess. Der Papst ist am Zug – und hat sich noch nicht in die Karten schauen lassen. Was jetzt?, fragten wir am Mittwochabend Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin.

„Die Synode hat in dem Moment, als sie ihre Schlusserklärung dem Papst übergab, ihm auch vorgeschlagen, sie doch in ein päpstliches Dokument zu überführen. So war das doch mit allen Synoden: Die Synodenväter bieten dem Papst eine Reihe von Reflexionen, von Schlussfolgerungen an, und dann macht sie sich der Papst durch ein Dokument zu eigen. Ich glaube, dass das auch diesmal so sein wird. Der Papst ist es, der entscheiden muss, was zu tun ist. Er hat schon eine Entscheidung getroffen, nämlich die, den Schlussbericht der Synode, der an ihn gerichtet war, zu veröffentlichen. Er wollte, dass der Bericht bekannt und verbreitet würde.“

Das hört sich ganz nach „the same procedure as every year“ an: nach einer „Postsynodalen Exhortation“ des Papstes also, die nächstes Jahr herauskommen dürfte. Das letzte, lehramtliche Wort zum Thema Ehe- und Familienpastoral, aufbauend auf dem Ratschluss der Synode, aber keineswegs an sie gebunden. Wie lange wird das denn dauern, bis dieser Text veröffentlicht wird? Parolin: „Ich weiß es nicht. Zunächst mal muss man abwarten, was genau der Papst tun will. Ich glaube allerdings nicht, dass es sehr lange bis zum Dokument dauern wird; solche Sachen muss man relativ schnell machen, sonst verlieren sie etwas an Kraft, an Eindruck. Also: Wenn der Papst sich dafür entscheidet, dann wird er das in relativ kurzer Zeit abfassen!“ (rv)

Ravasi: Schon die Apostel schlossen Kompromisse

Kardinal Gianfranco RavasiSchon in den Evangelien wird das Thema Ehe und Familie „ganz unterschiedlich durchdekliniert“. Darauf macht Kurienkardinal Gianfranco Ravasi im Gespräch mit Radio Vatikan aufmerksam. So sei der erste Evangelist Markus „radikal“, wenn er Jesus von der Unauflöslichkeit der Ehe sprechen lasse. „Matthäus wiederholt diese Radikalität, nennt dann aber eine Ausnahme; das bedeutet, dass er das pastorale Problem in seiner Komplexität wahrnimmt.“ Ravasi bezieht sich damit auf einen Satz Jesu in Matthäus 19: ‚Ich sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, und eine andere heiratet, der begeht Ehebruch.’

Der Präsident des Päpstlichen Kulturrates vergleicht die Bischofssynode mit dem sogenannten Apostelkonzil von Jerusalem, von dem das 15. Kapitel der Apostelgeschichte berichtet. Dort sei ein „Kompromiss“ zwischen juden- und heidenchristlichen Positionen geschlossen worden. Allerdings habe sich später herausgestellt, „dass das Problem dadurch nicht völlig gelöst wurde“, weil die vom Apostelkonzil behandelte Frage im Lauf der frühen Kirchengeschichte noch mehrfach aufgetaucht sei.

Von der Synode erhofft sich Kardinal Ravasi, dass sie konfessionell oder religiös gemischte Ehen und Familien ganz neu in den Blick nimmt. Der interreligiöse Dialog und das Gespräch mit den Nichtglaubenden, „die wir auf höherer Ebene zu knüpfen versuchen“, sollten jetzt auch „in den Bereich der Familien durchbrechen“. (rv)