Kann man Katholik sein und trotzdem keine Kirchensteuer zahlen? Kann man aus der vom Staat garantierten Form der Kirche aussteigen und trotzdem Mitglied der Kirche sein? „Ja“. Dieser Überzeugung war der emeritierte Freiburger Theologieprofessor Hartmut Zapp. Und er trat 2007 unter der Bedingung aus der Kirche aus, nur die Körperschaft des öffentlichen Rechtes zu verlassen, nicht aber die Glaubensgemeinschaft. „Das geht nicht“ war das Urteil der Erzdiözese Freiburg, sie suchte eine rechtliche Klärung durch die Gerichte. Das Freiburger Verwaltungsgericht gab Zapp in erster Instanz Recht, das Mannheimer Verwaltungsgericht in zweiter Instanz nicht. Michael Himmelsbach, Leiter der Finanzabteilung des Erzbistums Freiburg, interpretiert das Urteil als Unterstützung der Sicht der Kirche, dass es keine halben Austritte geben könne:
„Es gibt nur einen einheitlichen Kirchenaustritt und nicht den, den Professor Zapp in seiner Terminologie als Kirchensteuer- oder Körperschaftsaustritt bezeichnet hat. Das sichert aus unserer Sicht eine Gleichmäßigkeit des Tragens der Lasten durch alle Kirchenmitglieder, weil alle Kirchenmitglieder damit ganz klar ihre Beitragslast in Deutschland in Form der Kirchensteuer für die Kirche erbringen.“
Und damit legt das Bistum Freiburg einen eigenen Schwerpunkt auf die Frage der Gerechtigkeit. Aber wer gibt den Kirchen das Recht, Kirchensteuern einzutreiben? Wir schauen hinter die Kulissen des Kirchensteuersystems und haben Pater Ulrich Rhode gefragt; er ist Professor für Kirchenrecht an der theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main.
„In erster Linie das Grundgesetz. Da steht drin, dass die Kirchen das Recht haben, Kirchensteuern zu erheben. Das ist keine Verpflichtung der Kirchen, aber sie können von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Wenn die Kirchensteuer wegfiele, müssten die Kirchen in Deutschland einen großen Teil ihrer Tätigkeiten einstellen, gerade auch im sozialen Bereich, deswegen möchten die Kirchen, trotz aller Probleme, die es sicher gibt, lieber an dem Kirchensteuersystem festhalten.“
Die verschiedenen Verfassungen der Länder und die verschiedenen staatlichen und finanziellen Systeme in Europa machen aus dem Kontinent einen Flickenteppich, wenn es um die Finnzierung der Kirchen geht. Aber es gibt vergleichbare Systeme der Kirchensteuer, so Rhode.
„In der Schweiz ist es von Kanton zu Kanton verschieden, in Teilen der Schweiz gibt es also ein vergleichbares System, außerdem in einigen Skandinavischen Ländern, Dänemark, Finnland und Schweden. Gerade Schweden hat 2000 die Kirchensteuer eingeführt und sich dabei an dem deutschen Vorbild orientiert.“
In der Debatte werden immer wieder Alternativen ins Feld geführt, vor allem die Systeme von Spanien und Italien; dort werden 0,6 bzw. 0,9 Promill Steuern erhoben, und zwar von allen, ohne die Möglichkeit des Austritts. Man kann aber entscheiden, wohin das Geld gehen soll, ob zu seiner Kirche oder einer wohltätigen Organisation. P. Rhode sieht das aber nicht als Möglichkeit für Deutschland:
„Der Unterschied ist im Prinzip: Was in Spanien und Italien praktiziert wird, ist eigentlich keine Kirchensteuer, die nur Mitglieder zahlen, sondern eine Steuer an den Staat, die der Staat dann als Subvention an die Kirchen weitergibt. Ob das mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar ist, das ist umstritten, da gibt es keine klare Antwort drauf. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass ein solches Modell in Deutschland politisch durchsetzbar wäre. Es würden zusätzlich Kosten auf ein Drittel der Bevölkerung zukommen, die in Deutschland nicht Mitglied einer Kirche sind, das kann sich keine politische Partei leisten, so etwas einzuführen.“ (rv)