Mit einem neuen Dekret zur kirchlichen Hilfsarbeit will Benedikt XVI. das katholische Profil der Caritasarbeit und der kirchlichen Hilfsorganisationen verfestigen. Das Motu Proprio „Über den Dienst der Liebe" wurde am vergangenen Wochenende veröffentlicht, in Kraft tritt es am 10. Dezember. Das Dekret schließt laut Papst eine Lücke im Kirchenrecht, und zwar was die Rolle der Bischöfe angeht: Sie sollen stärker als bisher Motor und Hüter der verschiedenen karitativen Dienste sein. Wie das gehen soll, ist im neuen Dekret geregelt. Das „päpstliche Entwicklungshilfeministerium" „Cor Unum" soll dabei als übergeordnete Instanz über die Anwendung der neuen Regeln wachen.
Das neue Moto Proprio regelt Wesen und Auftrag der kirchlichen Hilfsarbeit. Der Papst pocht darin auf die unauflösliche Verbindung von Verkündigung, Glaubenspraxis und karitativer Arbeit. Dies seien „Aufgaben, die sich gegenseitig bedingen und sich nicht voneinander trennen lassen", schreibt Benedikt XVI. einleitend mit einem Zitat aus seiner Enzyklika „Deus caritas est". Klar unterscheidet er im Dokument zwischen kirchlicher Caritas und dem allgemeinen Wohlfahrtswesen: Aktionismus ohne christliche Liebe zum Menschen bleibe „zu wenig", so Benedikt XVI., karitatives Tun müsse über „die bloße Sammlung oder Verteilung von Geldmitteln" hinausgehen. Drittens müssten die katholischen Hilfsorganisationen christliche Werte vermitteln, wie etwa Teilen, Respekt und Liebe im Sinne des Evangeliums.
Bischöfe sind Motor und Wächter der kirchlichen Hilfsarbeit
Die Verantwortung für die kirchliche Hilfstätigkeit liegt laut Papst bei den Bischöfen: ihren Aufgaben sind im Moto Proprio allein neun der 15 Artikel gewidmet. Die Bischöfe müssen in ihren Diözesen die verschiedenen karitativen Initiativen regeln und die entsprechenden Statuten genehmigen. So dürfe etwa die Bezeichnung „katholisch" für eine Hilfseinrichtung nur mit dem Einverständnis der Bischöfe verwendet werden, schreibt der Papst. Die bischöflichen Aufgaben gehen allerdings über bürokratische Abläufe weit hinaus. Giampietro Dal Toso, Sekretär des päpstlichen Rates Cor Unum, sagte dazu im Gespräch mit Radio Vatikan: „Die erste und sicher wichtigste seiner Aufgaben ist die Anregung der Gläubigen zu karitativer Tätigkeit. Ein anderer Bereich ist die Förderung der Gründung, des Wachstums und der Entwicklung karitativer Einrichtungen in der jeweiligen Diözese."
Würdigung des karitativen Engagements
In der Tat würdigt Benedikt XVI. im Dekret neben der Arbeit des kirchlichen Caritas-Verbandes auch ausdrücklich Initiativen, die auf die „frei ausgeübte Fürsorge der Getauften für notleidende Menschen und Völker" zurückgehen. Diese Initiativen dürfe die Kirche als Institution „nicht als etwas ihr Fernstehendes betrachten", schreibt der Papst. Es gelte nur sicherzustellen, dass die Hilfstätigkeit der Gläubigen ebenso wie die kirchlichen Hilfsinitiativen „in Übereinstimmung mit den Forderungen der kirchlichen Lehre und den Absichten der Gläubigen geführt werden". Zudem müssten sie zivilrechtlichen Vorschriften Rechnung tragen. Die Würdigung des persönlichen Engagements der Gläubigen ist im Moto Proprio laut Dal Toso ein zentraler Punkt: „Denn dieses ist auch eine Stärke des karitativen Dienstes der Kirche! Wir können Gott sei Dank auf den Einsatz vieler Menschen zählen, vieler qualifizierter Menschen. Diesen persönlichen Aspekt muss man unterstreichen!"
Die Mitarbeiter der karitativen Einrichtungen müssen laut Motu Proprio „die katholische Identität dieser Werke teilen oder zumindest respektieren". Zugleich müssen sie „nicht nur über die erforderlichen beruflichen Kompetenzen verfügen, sondern auch ein Beispiel christlicher Lebensführung geben", schreibt der Papst. Auch dafür müssten die Bischöfe Sorge tragen.
Kirchliche Lehre muss Kompass der Hilfsarbeit bleiben
Die Aktivitäten der karitativen Initiativen müssen sich laut Dekret an katholischen Prinzipien ausrichten. Sie dürfen etwa „keine Aufträge annehmen, die in irgendeiner Weise die Einhaltung dieser Prinzipien beeinträchtigen könnten". Ebenso dürfen Pfarr- oder Diözesanstrukturen keine Werbung für Initiativen machen, die zwar karitativ ausgerichtet sind, „aber Ziele oder Methoden vorschlagen, die in Widerspruch zur kirchlichen Lehre stehen", betont der Papst. Zugleich müsse der Bischof verhindern, dass die ihm unterstellten karitativen Organisationen „von Einrichtungen oder Institutionen finanziert werden, deren Zielsetzungen im Widerspruch zur kirchlichen Lehre" stünden. Sollten die Aktivitäten einer bestimmten karitativen Organisation die Anforderungen der kirchlichen Lehre nicht mehr erfüllen, habe der Bischof die Pflicht, seine Gläubigen öffentlich darüber zu informieren, und in diesen Fällen die Verwendung der Bezeichnung „katholisch" zu untersagen.
Weitere Aufgaben für päpstlichen Rat „Cor Unum"
Der letzte Artikel des Motu Proprio beschreibt die Aufgaben des päpstlichen Rates „Cor Unum". Der 1971 von Papst Paul VI. eingerichtete und 1988 unter Papst Johannes Paul II. reformierte Rat setzt Vatikaninitiativen im Bereich humanitärer Hilfe und Entwicklung in die Tat um. Weiter bündelt und koordiniert er die Kräfte der katholischen Hilfseinrichtungen weltweit. Das aktuelle Moto Proprio formuliert zwei Funktionen von Cor Unum in der kirchlichen Hilfsarbeit, so der Sekretär des Rates, Bischof Dal Toso: „Die erste ist, dass er über die Anwendung dieses Dekretes wachen soll. Cor Unum muss also ein wenig zum Multiplikator des Textes werden und versuchen, dass dieser Geist kirchlicher Sensibilität in unsere karitativen Dienste übergeht. Und dann überträgt das Motu Proprio Cor Unum auch noch eine andere Kompetenz: nämlich internationale Hilfsorganisationen, die aus der katholischen Kirche entstehen und universelle Reichweite haben, im Kirchenrecht zu verankern."
Datiert ist das Motu Proprio „Über den Dienst der Liebe" auf den 11. November 2012, der Vatikan veröffentlichte es am 01. Dezember 2012, in Kraft tritt es am kommenden Montag, dem 10. Dezember 2012. (rv)