In einer Ansprache vor Vertretern der Schulen und Universitäten Ecuadors hat der Papst zum Schutz der Schöpfung und zu einer Bildung für das Gemeinwohl aufgerufen. In seiner Rede an der Päpstlichen Katholischen Universität in Quito zitierte Franziskus Stellen aus seiner Umwelt-Enzyklika „Laudato sì“. An der 1946 gegründeten Päpstlichen Universität in Quito studieren rund 30.000 junge Menschen an 14 Fakultäten. Unter ihnen sind traditionell viele Söhne und Töchter aus Familien der höheren und mittleren Gesellschaftsschichten.
Mit Gesängen empfingen die Studenten den Papst an ihrer Universität. „Die Schöpfung ist eine Gabe, die geteilt werden muss.“ Der Papst ging zunächst vom Gleichnis vom Sämann aus dem Lukasevangelium (Lk 8, 4-15) und vom Buch Genesis aus, in dem Gott den Menschen zum „Bebauen und Hüten“ (Gen 2, 15) einlädt. Die Schöpfung sei der Ort, um eine Gemeinschaft aufzubauen, ein „Wir“ der gegenseitigen Sorge und Verantwortung: „Die Welt, die Geschichte, die Zeit ist der Ort, wo wir das Wir mit Gott aufbauen, das Wir mit den anderen, das Wir mit der Erde. Unser Leben verbirgt immer diese Einladung, eine mehr oder weniger bewusste Einladung, die immer fortbesteht.“
„Bebauen“ und „Hüten“ der Schöpfung müssen dabei Hand in Hand gehen, erinnerte der Papst: „Das eine erklärt sich vom anderen her. Wer nicht Sorge trägt, bebaut nicht, und wer nicht bebaut, trägt nicht Sorge. Wir sind nicht nur eingeladen, am Schöpfungswerk teilzunehmen, indem wir die Schöpfung bebauen, wachsen lassen, entwickeln, sondern wir sind auch eingeladen, für sie Sorge zu tragen, sie zu schützen, sie zu bewahren.“
„Eine Erde, die zum Himmel schreit“
Angesichts der großen Schädigungen, Verwüstungen und Plünderungen der Umwelt durch den Menschen und des Irrglaubens, technologische und wirtschaftliche Macht bedeuteten automatisch echten Fortschritt, sei ein Kurswechsel vonnöten, schärfte der Papst seinen Zuhörern ein.,Welche Art von Kultur wollen wir für uns und unsere Kinder und Enkel? Wie wollen wir die Erde hinterlassen? Welchen Sinn wollen wir dem Leben einprägen?‘ seien Fragen, die heute gestellt werden müssten. Angesichts einer „Erde, die zum Himmel schreit“, sei die Sorge um die Schöpfung heute ein dringlicher „Auftrag“: „Wir können unserer Wirklichkeit, unseren Brüdern und Schwestern, unserer Mutter Erde nicht weiter den Rücken zukehren. Es ist uns nicht gestattet, das, was um uns herum geschieht, zu ignorieren, als ob bestimmte Situationen nicht existieren würden und nichts mit unserer Wirklichkeit zu tun hätten. Einmal mehr ergeht eindringlich diese Frage Gottes an Kain: ,Wo ist dein Bruder?‘ Ich frage mich, ob unsere Antwort weiter lauten wird: ,Bin ich der Hüter meines Bruders?‘ (Gen 4,9)
Mensch und Welt seien in einem engen Netzwerk verflochten, das Möglichkeiten der Verwandlung und Entwicklung, aber auch der Zerstörung und des Todes beinhalte, führte der Papst weiter aus. Umweltschutz bedeute hier auch Achtsamkeit für die menschliche Umwelt, unterstrich Franziskus mit Worten aus seinem jüngsten päpstlichen Lehrschreiben: „Die menschliche Umwelt und die natürliche Umwelt verschlechtern sich gemeinsam, und wir werden die Umweltzerstörung nicht sachgemäß angehen können, wenn wir nicht auf Ursachen achten, die mit dem Niedergang auf menschlicher und sozialer Ebene zusammenhängen“ (Laudato sì, 48).
Erziehung zur Sorge um die Schöpfung
Bildungsgemeinschaften hätten eine „lebenswichtige, wesentliche Rolle beim Aufbau des Bürgersinns und der Kultur“, ging der Papst dann zum zweiten Schwerpunkt seiner Ansprache über. Schulen und Universitäten seien „ein Saatbeet“ und „fruchtbare Erde“, „durstig nach Leben“. Die Uni-Professoren, Lehrer und Eltern rief er an dieser Stelle dazu auf, den Nachwuchs zur Sorge um die Gemeinschaft, die Ärmsten und die Umwelt heranzubilden. Den Erziehern redete er ins Gewissen:
„Wachen Sie über Ihre Schüler, indem Sie ihnen helfen, einen kritischen Geist, einen offenen Geist zu entwickeln, der in der Lage ist, für die Welt von heute zu sorgen? Einen Geist, der fähig ist, neue Antworten zu finden auf die vielen Herausforderungen, die uns die Gesellschaft stellt? Sind Sie in der Lage, sie zu ermutigen, der Wirklichkeit, die sie umgibt, nicht mit Desinteresse zu begegnen?“ Analysen allein reichten hier nicht aus, fuhr der Papst fort, vielmehr müsse es darum gehen, kreative Lösungen für aktuelle Probleme zu finden und „authentische Forschung“ sowie ein Denken in Zusammenhängen zu fördern: „Wie gelangt das Leben um uns mit seinen Fragen, Fragestellungen und Problemen in die Universitätsprogramme oder in die verschiedenen Bereiche der Bildungsarbeit? Wie entfachen und wie begleiten wir eine konstruktive Diskussion, die aus dem Dialog über eine menschlichere Welt entsteht?“
Mehr Zugang zu Bildung ermöglichen
Auch an den universitären Nachwuchs Ecuadors richtete sich der Papst mit einem klaren Aufruf. Ein Universitätsabschluss sei kein „Synonym für höheren Status“, „Geld“ oder „soziales Ansehen“, so Franziskus. Bildung sei schließlich ein „Zeichen größerer Verantwortung“, sie sei ein „Recht“, aber auch ein „Privileg“, wandte er sich an Schüler und Studenten: „Wie viele Freunde – bekannt oder unbekannt – möchten einen Platz an diesem Ort haben und haben ihn wegen verschiedener Umstände nicht erhalten? In welchem Maß hilft uns unser Studium, uns mit ihnen zu solidarisieren?“ (rv)