Kardinäle fordern Klarheit in Kommunionsfrage

UTRECHT – Mit deutlichem Unverständnis und einer scharfen Warnung vor den Konsequenzen hat Kardinal Willem Jacobus Eijk auf die Entscheidung reagiert, im Streit um eine „Pastorale Handreichung“ der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) deren Entwürfe neu zu diskutieren und „im Geist kirchlicher Gemeinschaft eine möglichst einmütige Regelung zu finden“. Kardinal Gerhard Ludwig Müller forderte bereits zuvor Klarheit und ruft Bischöfe auf, sich zu Wort zu melden. Indessen gibt es auch andere Lösungsvorschläge.

In einem Kommentar für den „National Catholic Register“ schreibt der Erzbischof von Utrecht:

„Einstimmigkeit über was? Falls alle Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz, nachdem sie erneut darüber gesprochen haben, einstimmig beschließen, dass Protestanten, die mit einem Katholiken verheiratet sind, die Kommunion empfangen können (etwas, das nicht passieren wird), wird dies dann die neue Praxis in der katholischen Kirche in Deutschland werden – obwohl es im Gegensatz zum Kirchenrecht und zum Katechismus der Katholischen Kirche steht?“

Bei dem Gespräch in Rom am 3. Mai 2018 über eine geplante „pastorale Handreichung“ der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ließ Papst Franziskus durch den Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Luis Ladaria SJ, mitteilen, dass die deutschen Bischöfe „im Geist kirchlicher Gemeinschaft eine möglichst einmütige Regelung zu finden“ hätten.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller bezeichnete dies gegenüber dem „National Catholic Register“ bereits am 4. Mai als „sehr arm“. Der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation bemängelte, dass die Mitteilung seines Nachfolgers „keine Antwort auf die zentrale, wesentliche Frage“ darstelle. Der Papst und die Glaubenskongregation sollten vielmehr eine „sehr klare Orientierung“ leisten, und zwar nicht dahingehend, was persönliche Meinung sei, sondern was „der offenbarte Glaube“ sei. Bischöfe sollten angesichts dieser Situation den Glauben weiter erklären, so Müller. Er hoffe, dass „mehr Bischöfe ihre Stimme erheben, und ihre Pflicht tun“, sagte der Kardinal.

Eine dieser Stimmen ist nun offenbar die des Erzbischof von Utrecht: Die Antwort des Heiligen Vaters, die Entwürfe erneut zu diskutieren sei „völlig unverständlich“, kritisiert Kardinal Wim Eijk in seinem am 7. Mai veröffentlichten Kommentar.

Die Lehre und Praxis der Kirche in dieser Frage sei nicht nur klar, so der niederländische Kardinal, sondern auch die Unterschiede zwischen lutherischem und katholischem Verständnis seien bekannt, offensichtlich und nicht zu ignorieren. Darüber hinwegzusehen sei keine Lösung und führe in der Praxis – davon sei auszugehen – dazu, dass eben nicht „nur in Einzelfällen“ und „unter bestimmten Umständen“ protestantische Ehepartner die Kommunion empfingen: „Und am Ende werden sogar Protestanten, die nicht mit Katholiken verheiratet sind, die Eucharistie empfangen wollen“, so Eijk.

Dies führe nicht zu größerer Einheit, im Gegenteil, warnt der Erzbischof von Utrecht in seinem Text:

„Dadurch, dass keine Klarheit geschaffen wird, entsteht unter den Gläubigen große Verwirrung und die Einheit der Kirche ist gefährdet.“

Klar äußerte sich Bischof Rudolf Voderholzer von Regensburg in der Frage: Bereits Ende April sagte der bayerische Oberhirte in einem Interview, die Mitfeier der Eucharistie sei immer ein Bekenntnis zur Katholischen Kirche und ihrer Glaubensinhalte, an der folglich nur jene daran teilnehmen, die sich zu diesem Glauben bekennen.

Gefahr für Ökumene, Prüfung der Kirche

Für die Ökumene sei Klarheit in diesen Fragen in keiner Weise eine Gefahr, betonte Bischof Voderholzer. Im Gegenteil: Es gehe darum, den Glauben gegenseitig ernst zu nehmen und respektieren. Als Bischof und sogar dem eigenen familiären Umfeld wisse er sehr wohl um die Nöte und Probleme, etwa in gemischt-konfessionellen Familien. Gerade hier sei der Weg der Gemeinsamkeit, hin zu Einheit aber nur begehbar, wenn der Glaube verlässlich verkündet werde „und zwar so, dass sie sich darauf verlassen können, dass es richtig und gut ist“.

In der Frage der Ökumene müsse nicht zuletzt auch die Sicht der Ostkirchen berücksichtigt werden: „Dort wird der Zusammenhang zwischen Kirchengemeinschaft und Eucharistiegemeinschaft noch tiefer gesehen als in der Westkirche. Wenn die katholische Kirche diese Sicht verdunkelt, vergrößert sie erheblich den Graben zu den orthodoxen Kirchen“, warnte Voderholzer Ende April bereits.

Vor einer anderen Gefahr warnt Kardinal Eijk. Angesichts der Pflicht der Bischöfe – allen voran des Nachfolgers Petri – die Glaubenslehre gemäß der Tradition und Bibel zu vertreten sei er an Artikel 675 des Katechismus erinnert, der die „Letzte Prüfung der Kirche“ zum Thema hat:

„Vor dem Kommen Christi muß die Kirche eine letzte Prüfung durchmachen, die den Glauben vieler erschüttern wird [Vgl. Lk 21,12;Joh 15,19 -20]. Die Verfolgung, die ihre Pilgerschaft auf Erden begleitet, wird das ‚Mysterium der Bosheit‘ enthüllen: Ein religiöser Lügenwahn bringt den Menschen um den Preis ihres Abfalls von der Wahrheit eine Scheinlösung ihrer Probleme.“ (Quelle)

Hintergrund

Auslöser war der zum Abschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 20. Februar in Bewegung gebrachte Vorstoß für Diözesen in Deutschland: Eine „Orientierungshilfe“ sollte darlegen, wie dort „unter bestimmten Umständen“ und „in Einzelfällen“ evangelischen Ehepartnern der Empfang der Heiligen Kommunion möglich sein sollte.

Die angekündigte Orientierungshilfe – in Form einer „Pastoralen Handreichung“ – wurde am 20. Februar mit Zwei-Drittel-Mehrheit der Teilnehmer beschlossen – wenn auch nach „intensiver Debatte“, und offensichtlich ohne zufriedenstellendes Ergebnis für mehrere Bischöfe: Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sowie die Hirten fünf bayerischer Bistümer – der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, die Bischöfe Konrad Zdarsa von Augsburg, Gregor Maria Hanke von Eichstätt, Stefan Oster von Passau und Rudolf Voderholzer von Regensburg – sowie Bischof Wolfgang Ipolt von Görlitz wandten sich mit einer Bitte um Klarstellung am 23. März in einem direkten Brief an Kardinal Kurt Koch und Kurienerzbischof Luis Ladaria. Das Schreiben wurde ohne vorherige Absprache mit dem DBK-Vorsitzenden Kardinal Reinhard Marx abgeschickt, der wiederum mit einem eigenen Schreiben reagierte.

Es gehe um eine Klarstellung, ob die Frage des Kommunionempfangs konfessionsverschiedener Ehepartner im Rahmen einer nationalen Bischofskonferenz entschieden werden kann, oder ob eine Entscheidung der Universalkirche notwendig ist, so das Erzbistum Köln gegenüber CNA Deutsch in einer Stellungnahme zum Schreiben nach Rom. Eine Klarstellung, die nun auf sich warten lässt, wie auch die weitere Frage, zu der es aus Köln hieß:

„Das Ziel in einer so zentralen Frage des Glaubens und der Einheit der Kirche muss es aus Sicht der Unterzeichner sein, nationale Sonderwege zu vermeiden und in einem ökumenischen Gespräch zu einer weltweit einheitlichen und tragfähigen Lösung zu kommen“.

Andere Lösungen

An eine andere, versöhnliche Lösung erinnert indessen auf der evangelischen Webseite „idea.de“ der katholische Publizist Bernhard Meuser: Die geistige Kommunion – manchmal auch als „geistliche“ Kommunion bekannt. Dabei handelt es sich um eine seit Jahrhunderten übliche und von Heiligen empfohlene Praxis – etwa für Situationen, in denen Katholiken wie andere Christen die heilige Kommunion nicht empfangen können, aber danach sehnen.

Zudem sei es ohnehin vielerorts üblich – auf der Glaubenskonferenz „Mehr“ des Gebetshauses wie in zahlreichen Kirchen – sich mit gekreuzigten Armen nach vorne begeben, um einen Segen zu empfangen, wenn man die Kommunion zu diesem Zeitpunkt nicht leiblich empfangen könne oder wolle, so Meuser.

Buch-Tipp zum Thema: Kardinal Paul Josef Cordes, Geistige Kommunion, erschienen beim fe-Verlag. (CNA Deutsch)

Konsistorium: Heilisprechungsprozess für Anna Schäffer abgeschlossen

Während der Sitzung des Konsistoriums am 18. Februar wird Papst Benedikt XVI. in Anwesenheit der versammelten Kardinäle die Dekrete über sieben Heiligsprechungen verlesen lassen. Das gab der Vatikan an diesem Freitag bekannt. Darunter wird auch die selige Anna Schäffer sein, eine gebürtige Bayerin, die 1925 gestorben ist. Papst Johannes Paul II. hatte sie 1999 selig gesprochen. Die genauen Termine für die einzelnen Heiligsprechungen sind noch nicht bekannt.
Nach dem Konsistorium wird traditionsgemäß die Gelegenheit bestehen, den neuen Kardinälen zu gratulieren. Dazu wird neu-Kardinal Rainer Maria Woelki ab 16.30 Uhr in der Audienzhalle Paul VI. sein, gemeinsam mit den neuen Kardinälen von New York, Hong Kong, Utrecht und Prag. (rv)

Hadrian VI.: Ein Reformpapst vor seiner Zeit

Er war der letzte Nichtitaliener auf dem Stuhl Petri vor Johannes Paul II., der letzte Deutsche vor Benedikt XVI., auch wenn das Wort „deutsch" hier ziemlich weit verstanden werden muss. Zu diesem 1523 nach nur einem Jahr Pontifikat verstorbenen Papst fand an der Kirche der deutschsprachigen Pilger in Rom, Santa Maria dell’ Anima, an diesem Mittwoch ein Symposion statt.
 „Vor allem dürfen wir auf die Art und Weise stolz sein, wie er Papst und vorher Priester und Professor in Löwen und Erzbischof von Tortosa war. Sein Zeitalter wird nicht als eine der besten Perioden der Kirchengeschichte betrachtet."
So stellte Erzbischof Willem Eijk, Bischof der Heimatstadt Adrians Utrecht, den Papst und seine Zeit vor. Missbrauch, Ämterkauf, Abwesenheit von Bischöfen von ihren Diözesen, niedriger Bildungsstand der Kleriker, Vetternwirtschaft, Prachtliebe in Rom und anderswo: dies alles ist uns aus den Vorwürfen Martin Luthers bekannt, der genau zu der Zeit zu protestieren begann, als Hadrian Papst wurde. Die Welt war nicht mehr wirklich christlich, auch wenn die Prachtbauten der Renaissance und die Macht der Bischof Anderes suggerierte. Dies ist eine der Einsichten Hadrians, so Eijk:
„Das Leben nach christlichen Werten und Prinzipien sei vielleicht selbstverständlicher und leichter, wenn die ganze Gesellschaft sie mit Leib und Seele verbreitet." Nicht so in der Zeit Hadrians VI. „in einer solchen Situation kommt es auf die persönliche Spiritualität an, das heißt einen durchlebten Glauben und einen lebendigen Kontakt mit Gott. Diese geben die Kraft, gegen den Strom zu schwimmen. Gottvertrauen zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben des Hadrian."
Adrian war als Asket verschrien, die Römer wollten einen sparsamen und die Kardinäle mit Bedingungen überhäufenden Ausländer nicht akzeptieren. Seine Vorgänger Leo X., Julius II. und Alexander VI. waren Politiker gewesen, die viel Geld ausgegeben hatten. Nicht so Hadrian. Er wurde in einem Konklave gewählt, dass der Historiker nur als politisch erbärmlichen Kompromiss bezeichnen könne, so Eijk. Adrian von Utrecht, damals Erzbischof von Tortosa, war noch nicht einmal präsent bei diesem Konklave und wollte auch nie Papst werden. Seinen Unwillen machte er auch kund:
„Ich zitiere: ‚Wenn es stimmt, was man mir mitteilt, habe ich viele Gründe, um traurig und wehmütig zu sein’. Das hielt ihn aber nicht davon ab, schnell einen Anfang zu machen mit den notwendigen Umgestaltungen. Während er sich noch in Saragossa aufhielt, um die Seereise nach Italien vorzubereiten, erließ er schon seine Statuten für die päpstliche Kanzlei."
Kardinäle mussten ihren Luxus-Lebensstil aufgeben, Gottesdienst sollte wieder in den Mittelpunkt des kirchlichen Lebens, Reformen in der Ämtervergabe durchgeführt und Frieden statt Kriegsbeteiligung das Programm des Kirchenstaates werden. Hadrian wollte sich auch anders als seine Vorgänger dem Wirken Martin Luthers zuwenden. Er sah nicht wie noch Leo X. nur einen aufmüpfigen Mönch.
Hadrian dachte anders. Aber er sah in seinem Auftreten als erstes ein Auftreten gegen die Missstände der Kirche." Ein Überwinden dieser Missstände würde also wieder zu Einheit führen. „Das hat er wohl falsch eingeschätzt. Aber es brauchte ihn wohl zu einer einmaligen Tat. Als erster Papst in der Geschichte sprach er ein ‚mea culpa’ aus, wegen der Missstände in der Kirche. Er hatte den Mut, die Schuld auch bei sich selbst zu suchen." 1523 war das, beim Reichstag zu Worms. Der Erfolg blieb aber aus. „Die Anwesenden Prälaten fühlten sich beleidigt und waren nicht bereit, mitzuwirken. Die Lutheraner misstrauten seinem ‚mea culpa’."
Ob er als gescheitert angesehen werden muss? Erzbischof Eijk sieht, dass die Zeit für einen wie Hadrian noch nicht reif gewesen sei, erst 50 Jahre später sei es zu den von ihm gewollten Reformen gekommen. Eine Einsicht, die sich bereits auf dem Grab Hadrians in der Kirche Santa Maria dell’Anima nachlesen lässt:
„pro dolor quantum refert in quae tempora vel optimi cuiusque virtus incidat – Ach, es macht doch einen großen Unterschied, in welche Zeit die Verdienste von sogar dem besten Manne fallen." (rv)