Der Vatikan verfolgt den Fall Vangheluwe mit großer Aufmerksamkeit und sei sich dessen Schwere bewusst. Das hat Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Freitag vor Journalisten unterstrichen. Untersuchungen zu einer gründlichen Bewertung durch den Vatikan seien in Gang, so Lombardi weiter. Der ehemalige Bischof von Brügge Roger Vangheluwe hatte in einem aktuellen Fernsehinterview Übergriffe gegen einen zweiten Neffen eingeräumt; zurückgetreten war der belgische Geistliche wegen sexuellen Missbrauchs eines anderen Neffen bereits vor einem Jahr. Das am Donnerstagabend im privaten flämischen Fernsehsender VT4 ausgestrahlte Interview löste einen Sturm der Entrüstung und tiefe Betroffenheit bei belgischen Kirchenführern aus. In einer Erklärung, die nach dem Interview veröffentlicht wurde, zeigen sich die belgischen Bischöfe „schockiert" über die Weise, in der der Bischof seine Taten verharmlose. Das Interview sei „extrem verletzend" für die Opfer und ihre Angehörigen.
In dem Interview bestätigt Vangheluwe, einen Neffen über 13 Jahre hinweg und einen weiteren über ein Jahr missbraucht zu haben. Er habe sich dabei nie als Pädophiler gefühlt, gibt er an. Vielmehr habe sich im Laufe der Zeit eine „Intimität" eingestellt. Er habe zudem nicht das Gefühl gehabt, sein Neffe widersetze sich dem Geschehen. Geendet hätten die Übergriffe, als das Opfer sich an seine Familie gewendet habe. Seinem Neffen habe er später sechsstellige Geldbeträge zukommen lassen.
Der Vatikan hatte am vergangenen Wochenende bekannt gegeben, dass Vangheluwe Belgien verlassen und sich einer psychologischen und spirituellen Betreuung unterziehen müsse. Lombardi präzisierte danach, weitere Kirchenstrafen gegen den 74-jährigen seien möglich. Vangheluwe hält sich derzeit in einem Kloster im französischen Loire-Tal auf. Opfer kritisierten die bisherigen kirchlichen Maßnahmen gegen den zurückgetretenen Bischof als zu mild. Nach Vangheluwes Rücktritt waren Hunderte weiterer Missbrauchsfälle in der Kirche angezeigt worden, sie liegen meist ebenfalls Jahrzehnte zurück. Eine Parlamentarische Untersuchungskommission hatte kürzlich Empfehlungen zu Verjährungsfristen, Schadenersatz und Präventionsmaßnahmen vorgelegt.
(rv)