Papst Benedikt XVI. hat an diesem Montagmorgen der dreiköpfigen Kardinalskommission gedankt, die er mit der Untersuchung der so genannten Vatileaks-Affäre beauftragt hatte. Der Papst habe sich bei dem Treffen mit den Kardinälen Julián Herranz, Jozef Tomko und Salvatore De Giorgi zufrieden über die Untersuchungsergebnisse gezeigt, heißt es in einer Vatikannote zum Treffen von diesem Montag. Die Untersuchung habe „die Grenzen und Mangelhaftigkeit der menschlichen Komponente in jeder Institution“ aufgezeigt, aber ebenso „die Selbstlosigkeit, Aufrichtigkeit und Hingabe“ der Vatikanmitarbeiter. Benedikt XVI. habe entschieden, die Untersuchungsergebnisse zur Vatileaks-Affäre, von denen nur er selbst Kenntnis habe, seinem Nachfolger zu übergeben, heißt es in der Erklärung abschließend. Weitere Details zu der Unterredung mit der Untersuchungskommission gab der Vatikan nicht bekannt, auch auf die Untersuchungsergebnisse geht die Note nicht weiter ein. (rv)
Schlagwort: Vatileaks-Affäre
Erster Verhandlungstag im zweiten Vatileaks-Prozess
An diesem Montag hat im Vatikan der zweite Prozess zur Affäre ‚Vatileaks’ begonnen. Angeklagt ist Claudio Sciarpelletti, ein Computertechniker im vatikanischen Staatssekretariat. Der Vorwurf: Begünstigung von schwerem Diebstahl. Vor drei Wochen war Benedikts früherer Kammerdiener Paolo Gabriele des schweren Diebstahls für schuldig befunden worden, zu Beginn dieses ersten Prozesses war auf Antrag der Verteidigung der Prozess Sciarpelletti vom Prozess Gabriele abgetrennt worden. Dem Vatikanangestellten wird nun Begünstigung vorgeworfen, was nicht dem schwer wiegenderen Tatbestand der Beihilfe entspricht. Ihm droht bis zu einem Jahr Haft. Nach der ersten Verhandlung trat Vatikansprecher Pater Federico Lombardi vor die Presse:
„Während der Sitzung an diesem Montag sind ausschließlich Anträge der Verteidigung vorgestellt und diskutiert worden. Den Anträgen ist weitgehend stattgegeben worden. Der Antrag auf Nichtzulassung der Anklageschrift ist nicht angenommen worden. Vor uns liegt nun der zweite Verhandlungstag, der am Samstagmorgen ab 9 Uhr stattfinden wird. Dort wird der Angeklagte befragt werden und auch der Zeuge Paolo Gabriele."
Der Angestellte des vatikanischen Staatssekretariats hatte in ersten Vernehmungen widersprüchliche Aussagen über sein Verhältnis zu Gabriele gemacht. Zunächst sprach er von „Arbeitsbeziehungen"; später räumte er ein, auch privat in Kontakt mit Gabriele gestanden zu haben. Das bedeute aber nicht, dass dieser Prozess nun im Gegensatz zum ersten stehe, so Lombardi. Der erste Prozess hatte festgestellt, dass Gabriele allein gehandelt habe.
„Die Anklage der Begünstigung bedeutet nicht, dass ihm Komplizenschaft vorgeworfen wird. Er hat bei der Untersuchung widersprüchliche Angaben über einen Umschlag gemacht, in dessen Besitz der Angeklagte war. Was genau die Begünstigung bedeuten wird, das wird sicherlich Thema des Prozesses sein, aber es geht ganz klar nicht um Komplizenschaft, sondern um Begünstigung."
Die vatikanische Gendarmerie hatte im Mai in Sciarpellettis Schreibtisch einen Briefumschlag mit der Aufschrift „P. Gabriele persönlich" sichergestellt. Er enthielt Unterlagen und eine Schmähschrift gegen den Kommandanten der vatikanischen Gendarmerie, Domenico Giani, mit dem Titel „Napoleon im Vatikan". Über den Besitz dieser Dokumente hatte Sciarpelletti sich widersprechende Angaben gemacht, dies ist nun der Gegenstand des Prozesses, so Lombardi.
Während des Prozesses stellte Sciarpelletti nach Agenturangaben fest, nicht mit Paolo Gabriele befreundet gewesen zu sein. Von dem Verhalten des bereits Verurteilten berichtete er, dass dieser sich schon seit sechs Jahren geweigert habe, Technikern den Zugang zu seinem Computer zu erlauben. Sciarpelletti war unter anderem für die Wartung der Rechner im Apostolischen Palast zuständig. (rv)
Prozess im Fall Vatileaks eröffnet
An diesem Samstag ist im Vatikan unter großer medialer Beachtung der Prozess gegen den ehemaligen Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, und einen weiteren Mitarbeiter des Vatikans, Claudio Sciarpelletti, eröffnet worden. Konkrete Ergebnisse des Prozesses waren am ersten Prozesstag freilich noch nicht zu erwarten. So konzentrierte sich Vatikansprecher Pater Federico Lombardi in der Pressekonferenz auch auf formale Angaben zum Prozess. Lombardi gab die Pressekonferenz zusammen mit Journalisten, die beim ersten Prozesstag dabei waren. Der Prozess ist öffentlich, eine begrenzte Anzahl an Journalisten darf die Verhandlungen direkt mitverfolgen. Auf der Via Conciliazione sind stehen die ersten Kamerateams auf eigens aufgebauten Gerüsten – die Ergebnisse des ersten Verhandlungstages scheinen diesen Aufwand allerdings nicht zu rechtfertigen. Pater Lombardi:
„Die Sitzung heute Morgen ist vom Präsident des Tribunals, Giuseppe Dalla Torre, geleitet worden und hatte vor allem vorbereitenden Charakter. Anwesend waren die Anwälte der Angeklagten, ebenso Paolo Gabriele, aber nicht Claudio Sciarpelletti, der von seinem Anwalt vertreten wurde. Auch die Zeugen wurden genannt, die nach und nach in den nächsten Sitzungen gehört werden."
Lombardi informierte darüber, dass die Prozesse gegen den Hauptangeklagten Paolo Gabriele und den wegen Beihilfe angeklagten Claudio Sciarpelletti voneinander getrennt worden seien, wie von der Verteidigung des letzteren gefordert worden war. Erst wenn der Urteilsspruch im Fall Gabriele sicher sei, werde der zweite Prozess wieder aufgenommen, so der Vatikansprecher. Aus dem Umfeld der Prozessbeobachter wurde unterdessen bekannt, dass auch der Privatsekretär des Papstes, Georg Gänswein, möglicherweise als Zeuge aussagen werde.
Auch die Verteidigerin von Paolo Gabriele habe mehrere Einwände vorgebracht, fuhr Lombardi fort, von denen allerdings nur einige von den Richtern zugelassen worden seien. Es handele sich vor allem um Einwände prozeduraler Art sowie die Anfrage, gewisse Verhörprotokolle, die ohne Beisein seines Rechtsbeistands mit Gabriele erstellt worden waren, nicht vor Gericht zuzulassen. Abgewiesen worden sei hingegen die Anfrage der Verteidigung, auch den Bericht der Kardinalskommission, der auf Anfrage von Papst Benedikt erstellt worden war, in den Prozess einzubeziehen. Auch Einwände in Bezug auf die Kompetenz des vatikanischen Gerichtes seien nach der eineinhalbstündigen Beratung durch die Richter abgewiesen worden.
Lombardi gab weiter bekannt, wann der Prozess fortgesetzt wird:
„Der Präsident hat schließlich angekündigt, dass die Fortsetzung des Prozesses am 2. Oktober um 9 Uhr am gleichen Ort stattfinden wird. Man wird mit der Anhörung von Paolo Gabriele beginnen, weil der Angeklagte der erste ist, der anzuhören ist. In Folge werden andere Zeugen gehört werden, die für diesen Prozess bestimmt worden sind. Der Gerichtspräsident hat zu verstehen gegeben, dass es durchaus möglich sei, dass in der kommenden Woche bis zu vier Sitzungen stattfinden werden. Er hat also den Wunsch, das Verfahren zügig voran zu bringen."
(rv)
Vatileaks: Auszüge aus den Verhörprotokollen
In der Affäre des Datenschwundes aus dem Vatikan hat der Heilige Stuhl zu Beginn der Woche zwei brisante Gerichtsdokumente veröffentlicht: den Untersuchungsbericht sowie die Anklageschrift gegen den päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele und den Informatiker Claudio Sciarpelletti. Beide müssen sich im Herbst vor dem Vatikantribunal verantworten, wegen schweren Diebstahls der eine, wegen Begünstigung der andere. Das Besondere ist, dass Papst Benedikt entschied, beide Gerichtsdokumente komplett und nicht bloß in Auszügen zu veröffentlichen. Die trocken formulierten und mit Quellenangaben gespickten Texte stützen sich auf Verhörprotokolle und Zeugenaussagen, sie bieten hochinteressante Einblicke in innere Vorgänge des Vatikans mitten in der Krisensituation, die als „Vatileaks" bekannt wurde.
„War schon immer an Fragen des Geheimdienstes interessiert"
Paolo Gabriele handelte seinen eigenen Aussagen zufolge in helfender Absicht, wobei er sich vom Heiligen Geist geleitet sah. Ein wörtliches Zitat aus einem seiner Verhöre: „Als ich das Böse und die Korruption überall in der Kirche sah, bin ich in letzter Zeit – jener der Eskalation – an einen Punkt gelangt, an dem es kein Zurück mehr gab… Ich war mir sicher, dass ein Schock, auch in den Medien, dabei helfen würde, die Kirche auf den rechten Weg zurückzubringen. Überdies war ich immer an Fragen des Geheimdienstes interessiert. Auf gewisse Weise dachte ich, dass diese Rolle mir vom Heiligen Geist zugedacht war, von dem ich mich erfüllt fühlte." Ein anderes Mal spricht Gabriele direkt von Misständen in der Verwaltung des Vatikanstaates und von einem daher rührenden „Skandal für den Glauben". Wörtlich: „Mir wurde bewusst, dass der Papst über einige Punkte nicht oder nur schlecht informiert war. Mit der Hilfe anderer Personen wie Nuzzi dachte ich, die Dinge klarer sehen zu können."
Die erste Begegnung mit dem Skandaljournalisten Gianluigi Nuzzi, der im Mai 2012 sein Buch mit den gestohlenen Vatikan-Dokumenten veröffentlichte, bahnte der Kammerdiener per Internet an. Danach traf man sich im Zeitraum zwischen November 2011 und Januar 2012 wöchentlich oder alle zwei Wochen in einer Wohnung, die der aus Mailand stammende Journalist in Rom zur Verfügung hatte. Der Kammerdiener übergab die gestohlenen Dokumente auf mehrere Male verteilt. Er habe dafür weder Geld noch Vorteile erhalten, sagte Gabriele im Verhör. Ein Fernsehinterview, das Nuzzi mit dem dafür unkenntlich gemachten Paolo Gabriele führte und das im Frühjahr 2012 ausgestrahlt wurde, ist echt.
Gabriele stritt zunächst alles ab
Zwei Tage nach der Publikation des Buches – am 21. Mai 2012, wie die Anklageschrift penibel vermerkt – setzen sich in der Wohnung des Papstes Angehörige der päpstlichen Familie zusammen, und zwar jene, die Zugang zum Schreibtisch ihres Dienstherren haben: die beiden Privatsekretäre Georg Gänswein und Alfred Xuereb, die deutsche Schreibkraft Birgit Wansing, die vier italienischen Haushälterinnen der Bewegung „Memores Domini" und schließlich der Kammerdiener Paolo Gabriele. Alle verneinen, etwas mit dem Dokumentenschwund zu tun zu haben. Daraufhin weist Gänswein den Butler vor den anderen darauf hin, dass einige der gestohlenen und publizierten Dokumente das Büro des Papstes noch nicht einmal verlassen hatten und Gabriele zwei davon mit Sicherheit in Händen gehabt habe, weil er mit der Vorbereitung der Antwort betraut war; das werfe zumindest einen starken Verdacht auf ihn. Gabriele jedoch streitet weiter kategorisch ab. Zwei Tage später ist es Gänswein, der vor der abermals versammelten päpstlichen Familie dem Kammerdiener seine Verhaftung mitteilt. Gabrieles Antwort: Da sei ja jetzt der Sündenbock gefunden. Er sei ruhig und gelassen und mit seinem Gewissen im Reinen, auch weil er mit seinem geistlichen Begleiter gesprochen habe.
Dieser geistliche Begleiter – „Zeuge B." nennt ihn die Anklageschrift – hat davor von Paolo Gabriele in einem A4-Ordner mit päpstlichem Wappen Fotokopien derselben Dokumente erhalten, die dieser auch an den Journalisten Nuzzi weiterspielte. Auch das sagte Gabriele in einem der Verhöre aus. Der geistliche Begleiter gab seinerseits vor dem vatikanischen Staatsanwalt zu Protokoll, diese Dokumente verbrannt zu haben. Begründung: Er wisse, dass sie Frucht einer ungesetzlichen und unehrlichen Handlung seien. Etwas kryptisch heißt es in der Anklageschrift weiter: „Übrigens kann man anmerken, dass alle Gründe für die Vernichtung der Dokumente bereits im Moment des Entgegennehmens vorhanden waren." Wieviel Zeit der geistliche Begleiter verstreichen ließ, bevor er die Papiere verbrannte, bleibt offen. Andererseits scheint sich aus dem umfassenden Geständnis des Kammerdieners klar zu ergeben, dass niemand anderer als er selbst die Dokumente weitergab.
Er war witzig – und verschlossen
Auf einer persönlichen Ebene wurde Paolo Gabriele von vielen geschätzt. Die Anklageschrift zitiert stellvertretend drei Zeuginnen, möglicherweise die Haushälterinnen, die den Diener als gläubigen und frommen Mann beschreiben, der jeden Tag mit Andacht die Morgenmesse mit dem Papst gehört und viel gebetet habe. Vertrauenswürdig und intelligent sei er, überdies witzig, aber, wie die dritte zitierte Zeugin kritisch anmerkt, eben auch „sehr verschlossen. Es war schwierig, zumindest für uns, mit ihm warm zu werden, vor allem schien er ein Mensch in ständigem Wettbewerb, der sehr auf der Suche nach Bestätigung für sein Verhalten war. In Alltagsfragen nahm er die Position des Richters ein und war etwa sehr kritisch mit der Schule und den Lehrern seiner Kinder."
Privatsekretär Gänswein, der einzige Zeuge, den die Anklageschrift namentlich nennt, schildert den Kammerdiener als einen „Ausführenden", dem man mitunter Dinge auch zweimal sagen musste. Er sei ihm aber ehrlich und loyal erschienen, und so habe er Gabriele nach einem Jahr mit einigen leichten Verwaltungs- und Routineaufgaben in seinem Büro betraut. Aber: „Ich habe ihm nie vertrauliche Dokumente übermittelt oder gezeigt."
Schuldgefühle und Größenwahn
Die beiden psychiatrischen Gutachten, die über die Zurechnungsfähigkeit von Paolo Gabriele angefertigt wurden, bescheinigen dem Angeklagten eine schwierige Persönlichkeit. Gabriele bezog sich „mehrmals auf Komplotte und Machenschaften zugunsten oder Ungunsten herausragender Persönlichkeiten, seien es Laien oder, öfter noch, Priester". Er sei leicht beeinflussbar. Und weiter: „Herr Gabriele zeichnet sich durch einfache Intelligenz und eine fragile Persönlichkeit aus, mit Hang zum Paranoiden. Er versucht eine tiefe persönliche Unsicherheit und ein ungestilltes Bedürfnis nach Anerkennung und Zuneigung durch andere zu verbergen. Vorhanden sind obsessives Verhalten im Denken und Handeln (Pedanterie, Beharrlichkeit), Schuldgefühle und Größenwahn, verbunden mit dem Wunsch, im Sinn eines persönlichen Gerechtigkeitsideals zu handeln." Dennoch sei der Mann zurechnungsfähig, heißt es im ersten Gutachten. Das zweite Gutachten, angefertigt im Auftrag der Verteidigung, kommt allerdings zum gegenteiligen Schluss.
Zweieinhalb Seiten der Anklageschrift widmen sich Claudio Sciarpelletti, dem Programmierer im Staatssekretariat, dem Beihilfe zum schweren Diebstahl vorgeworfen wird. Er verstrickte sich in den Vernehmungen am Vatikantribunal in Widersprüche, etwa über die Herkunft des brisanten Umschlags, den die Fahnder in seinem Büro-Schreibtisch entdeckten. Der Umschlag enthielt Dokumente, von denen einige identisch waren mit jenen, die Nuzzi veröffentlichte. Einmal gab Sciarpelletti an, er habe sie ungefähr zwei Jahre zuvor von Paolo Gabriele erhalen, ein anderes Mal konnte er sich an den Übermittler nicht mehr erinnern, jedenfalls habe er den Inhalt nie gelesen und den Umschlag in der Lade irgendwann vergessen. Über seine Bekanntschaft zu dem Kammerdiener sagte der Informatiker einmal aus, es habe sich um eine flüchtige Arbeitsbeziehung gehandelt, ein andermal war von gemeinsamen Unternehmungen mit den Familien und einem Ausflug in die päpstlichen Gärten von Castelgandolfo die Rede. Die Widersprüche in Sciarpellettis Aussagen genügen, um ihn der Begünstigung anzuklagen. Eine Anklage wegen Geheimnisverrats hingegen ließ der Untersuchungsrichter fallen. (rv)
Ex-Kammerdiener bleibt weiterhin in Haft
Der ehemalige Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, bleibt noch für weitere Tage in Untersuchungshaft. Das hat Vatikansprecher Pater Federico Lombardi an diesem Donnerstag vor Journalisten im Vatikan bekanntgegeben. An diesem Donnerstag sind die von der vatikanischen Gesetzgebung festgelegten 50 Tage abgelaufen, die bei einer Untersuchungshaft gelten. Lombardi sagte dazu wörtlich:
„Der Untersuchungsrichter muss noch einige Zeugen vernehmen, und das geschieht in den nächsten Tagen. Zum Abschluss dieser Phase wird dann nochmals Gabriele vernommen. Wir rechnen damit, dass diese Untersuchungsphase in zehn Tagen abgeschlossen wird."
Lombardi sprach auch über den Gesundheitszustand des ehemaligen Kammerdieners:
„Es geht ihm gut. Er fühlt sich auch nicht psychologisch unter Druck gesetzt, wie einige Medien in den letzten Tagen gemutmaßt haben. Sein Anwalt hat mir das bestätigt und gesagt, dass Gabriele viel bete und ruhig sei."
Paolo Gabriele bleibe weiterhin der einzige Verdächtige, so Lombardi. Weitere mögliche Komplizen seien derzeit nicht bekannt. Es seien im Übrigen keine Journalisten verhört worden, wie einige italienische Medien am Mittwoch geschrieben hatten. Was die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden betrifft, sagte Lombardi:
„Wir haben gegenüber dem italienischen Staat oder italienischen Behörden keine Rechtshilfegesuche gestellt. Das scheint im Augenblick nicht nötig zu sein."
Lombardi bestätigte, dass ein möglicher Prozess gegen Gabriele erst nach dem Sommer beginnen würde. (rv)
Vatikan: Paolo Gabriele ist „kein Sündenbock“
Das hat Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Montag vor Journalisten erklärt. Der frühere Kammerdiener von Papst Benedikt sei zu Recht in Untersuchungshaft: „Wir haben ein konkretes Element gefunden und wollen jetzt die eventuellen Verantwortlichkeiten über seine Person hinaus wissen." Die Ermittlungen in Sachen Dokumentendiebstahl im Vatikan gingen „mit völliger Ernsthaftigkeit" voran. Die formellen Verhöre des Verhafteten seien derzeit unterbrochen, so der Leiter des Vatikanischen Pressesaals. Lombardi bestätigte, dass Gabrieles Anwälte beantragt hätten, ihn auf freien Fuß zu setzen. Eine Entscheidung darüber liege beim Untersuchungsrichter. Paolo Gabriele ist nach Darstellung des Vatikan nach wie vor der einzige Verdächtige, gegen den in der „Vatileaks"-Affäre ermittelt wird. Medienberichte, dass auch gegen zwei Kardinäle, vier oder fünf Laien sowie einen Journalisten Untersuchungen eingeleitet wurden, entbehrten „jeder Plausibilität", sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Montag vor Journalisten. (rv)
Neue Enthüllungen erwartet
Es werden wohl noch weitere interne Dokumente aus dem Vatikan veröffentlicht. Das sagte Vatikansprecher Federico Lombardi in Mailand vor Journalisten. Er denke nicht, dass die Vatileaks-Affäre zu Ende sei, obwohl bereits eine Person in Untersuchungshaft sitzt. Derjenige, der die Dokumente besitzt, habe eine klare Strategie, so Lombardi. Diese Person, so Lombardi wörtlich, werde den Medien nur vereinzelt Dokumente weiterreichen. Lombardi geht davon aus, dass die Person bereits alle Dokumente bei sich habe und nicht alles gleichzeitig weiterreichen werde. Der Jesuitenpater sei deshalb nicht mehr überrascht, auch an diesem Wochenende von weiteren Veröffentlichungen zu hören. In der Sonntagsausgabe veröffentlichte die römische Zeitung „La Rebubblica" neue Enthüllungen. Es handelt sich um interne Briefe, die gegen Kardinalstaatsekretär Tarcisio Bertone und dem Papstsekretär Georg Gänswein gerichtet sind. (rv)
Kardinäle bekräftigen ihre Treue zum Papst
Angesichts der Kreise, die die sogenannte Vatileaks-Affäre zieht, bekräftigen viele italienische Kardinäle in den Medien ihre Treue zu Papst Benedikt. „Lassen wir den Papst in Ruhe – er wird nicht zurücktreten, warum sollte er auch": Das erklärte Kardinal Ersilio Tonini in einem Zeitungsinterview. „Ich verstehe nicht, warum derzeit irgendwelche Schlaumeier mit Dreck werfen", so der Kardinal wörtlich. Allerdings könne er in der ganzen Angelegenheit auch „nichts Tragisches erkennen, keinerlei Drama". Zu den Berichten, der Kammerdiener des Papstes habe Briefe von Benedikts Schreibtisch kopiert und an Journalisten weitergegeben, sagte der frühere Erzbischof von Ravanna: „Also, ein bißchen Dummheit ist da mit Sicherheit auch im Spiel."
Kardinal Peter Turkson vom Päpstlichen Friedensrat gab gegenüber der italienischen Nachrichtenagentur ansa zu bedenken, die Auswahl von Mitarbeitern sei immer eine heikle Sache, da gehe es dem Vatikan wie anderen Regierungen. Der aus Ghana stammende Kardinal widersprach Analysen dieser Tage, im Vatikan sei eine Art Machtkampf zwischen italienischen Mitarbeitern im Gang. Es stimme nicht, dass es zuviel Italiener an der Kurie und im Kardinalskollegium gebe.
Kardinal Gianfranco Ravasi vom Päpstlichen Friedensrat erklärte, es gebe nicht zu leugnende Probleme im Vatikan, das sei „manchmal unvermeidlich". Er bedaure aber, dass in den Medien derzeit „ein Bild vom Heiligen Stuhl vermittelt wird, das nicht der Realität entspricht". Kardinal Francesco Coccopalmerio vom Päpstlichen Rat für Gesetzestexte gibt sich zuversichtlich, „dass die Kirche aus dieser Prüfung gereinigt hervorgehen wird". Kardinal Antonio Maria Vegliò vom Päpstlichen Migrantenrat spricht von einem „Moment der Trauer und des Durcheinanders"; er hoffe, dass die Untersuchungen „schnell zur Wahrheit vorstoßen". Allerdings sei der Vatikan „ein Schiff, das immer dazu imstande ist, geradeaus zu fahren".
Der deutsche Kardinal Walter Brandmüller wies gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" darauf hin, dass es schon immer in der Kirchengeschichte Geheimnisverrat und die Verbreitung geheimer Dokumente gegeben habe. So seien während des Ersten Vatikanischen Konzils 1870/71 Geheimpapiere in deutschen Publikationen wiedergegeben worden. Im 13. Jahrhundert habe sogar der französische König Philipp der Schöne einmal eine päpstliche Bulle gefälscht, um Papst Bonifaz VIII. zu diskreditieren. Brandmüller leitete früher das Päpstliche Komitee für Geschichtswissenschaften.
Der Leiter des Vatikanischen Pressesaals, Jesuitenpater Federico Lombardi, nahm „Vatikleaks" zum Anlaß einer richtiggehenden Medienoffensive. Den dritten Tag in Folge stellte er sich an diesem Donnerstag auf einer Pressekonferenz den Fragen von Journalisten zu den Irrungen und Wirrungen von „Vatileaks". Die formellen Ermittlungen gegen den Kammerdiener des Papstes halten allerdings noch an, bisher wisse man noch nicht viel, weitere Verhaftungen gebe es auch nicht. (rv)
Papst äußert sich zur Vatileaks-Affäre
Papst Benedikt XVI. hat sich an diesem Mittwoch zur so genannten „Vatileaks-Affäre" geäußert. Es ist das erste Mal, dass der Papst selbst zum Diebstahl vertraulicher Vatikan-Dokumente Stellung bezog; ein ungewöhnlicher Vorgang. Benedikt XVI. brachte seine Betrübtheit über die Vorfälle zum Ausdruck, zeigte sich aber zugleich zuversichtlich, dass die Mitarbeiter der Kirche wieder auf den rechten Weg zurückfänden. Der Papst sagte wörtlich:
„Die Ereignisse, die in diesen Tagen die Kurie und meine Mitarbeiter betreffend passiert sind, haben mein Herz mit Traurigkeit erfüllt. Es hat sich aber nie die feste Gewissheit getrübt, dass – trotz der Schwäche des Menschen, der Schwierigkeiten und der Proben – der Herr der vom heiligen Geist geführten Kirche seine Hilfe niemals fehlen lassen wird, um sie auf ihrem Weg zu unterstützen."
Deutliche Worte fand der Papst gegenüber einigen Medien, die über die Affäre berichtet hatten:
„Nichtsdestoweniger haben sich Behauptungen multipliziert, die durch einige Kommunikationsmittel aufgebauscht wurden und die völlig unbegründet waren; sie gingen weit über die Fakten hinaus. Sie haben ein Bild des Heiligen Stuhles wiedergegeben, das nicht der Realität entspricht. Ich möchte deswegen mein Vertrauen und meine Ermutigung gegenüber meinen engsten Mitarbeitern erneuern und gegenüber allen, die mir täglich mit Treue, Opferbereitschaft und in Stille helfen, mein Amt zu erfüllen." (rv)