ROM/MÜNCHEN ,- „Papst Franziskus erwägt Zulassung zum Diakonat: Kann eine Frau bald Papst werden?“ – die Boulevardpresse brachte gewohnt deutlich auf den Punkt, was nun begeisterte oder entrüstete Stimmen seit 24 Stunden deuten – aber der Papst gar nicht sagte. Ja, nicht einmal andeutete.
Was diese Frage betrifft: Die Internationale Theologische Kommission hat 2003 schon eine Untersuchung des Diakonats vorgelegt, die auch die Hinweise auf Zeiten der Frühkirche analysiert, in der es phasenweise wohl Diakonissen gab. Unter anderem steht hier zu lesen:
Das Vorbild ist die Diakonie Christi, der seinen Jüngern die Füße gewaschen hat (DA III, 13, 1–7). Es gibt allerdings zwischen den beiden Zweigen des Diakonats hinsichtlich der ausgeübten Funktionen keinen strikten Parallelismus. Die Diakone werden vom Bischof ausgewählt, damit sie „viele notwendige Aufgaben verrichten“, die Diakonissen nur „zum Dienst an den Frauen“ (DA III, 12, 1). (…) Die Diakonisse soll die Salbung des Körpers der Frauen anlässlich der Taufe vornehmen, die neu getauften Frauen belehren, die gläubigen Frauen und vor allem die Kranken zu Hause besuchen. Es ist ihr verboten, selbst zu taufen oder bei der Darbringung der Eucharistie eine Rolle zu spielen (DA III, 12, 1–4). (Quelle)
Andere Fälle und Quellen werden dort ebenfalls untersucht. Mit den meisten vollmundigen Aussagen, die nun zu lesen und hören sind, hat all das wenig zu tun.
Unabhängig von der wichtigen Frage, ob und wie ein Diakonat der Frau wirklich im Gespräch ist, oder gar sein sollte: Mindestens genauso wichtig wäre es, einmal ein Licht darauf zu werfen, was in einem solchen Fall eigentlich rhetorisch wie medial abläuft.
Die regelrechte Deutungs-Hysterie um angebliche Aussagen des Papstes ist kein Einzelfall. Dahinter steckt sowohl ein tief menschliches als auch ein technologisches Problem. Und es zeigt sich schnell: Vorschnelle Medienschelte ist zu kurz gegriffen.
Egal, ob es um Karnickelvergleiche, Interkommunion, geschiedene Wiederverheiratete, Homosexuelle oder das Frauendiakonat geht: Es zeichnet sich ein Muster ab, das wie folgt abläuft.
1. Zuerst sagt Papst Franziskus etwas – oder, siehe Amoris Laetitia, schreibt er etwas. Nicht immer ist es klar und deutlich; manchmal mag es bewusst vage oder einfach nur spontan sein.
2. Ist die Aussage des Heiligen Vaters eine Bestätigung der Lehre der Kirche oder anderweitig unbequem, wird sie ignoriert oder bestenfalls kurz gemeldet. Beispiele gibt es genug: Etwa, dass die Ehe notwendiger Weise aus Mann und Frau besteht und Kinder einen Vater und eine Mutter brauchen. Oder Franziskus‘ wiederholte Verurteilung der Gender-Ideologie. Ganz zu schweigen von seinem Tadel an der Lage des Glaubens und der Kirche in Deutschland.
3. Ist die Aussage potentiell so interpretierbar, als würde der Papst die Kirche und ihre Lehre ändern wollen, rauscht ein tausendfaches Echo auf. Journalisten, aber auch einige Bischöfe, Funktionäre, Theologinnen, neuerdings sogar Politiker interpretieren mehr oder weniger gelungen, was das alles aus ihrer Sicht bedeutet, und was der Papst „wirklich“ meinte. Nicht selten widersprechen sie sich dabei völlig (und manchmal auf offensichtlich dem, was der Papst sagte). Ein paar besonders ideologisierte Akteure nutzen das dann politisch, um Steine auf Menschen anderer Meinung zu werfen.
4. Irgendwann kommt eine Reaktion vom Presse-Amt des Heiligen Stuhls, manchmal dem Heiligen Vater selbst; oft in Form vorsichtiger Klarstellungen. Diese Korrekturen werden zwar gelegentlich berichtet, aber im Vergleich zu den großen Aufregern gehen sie völlig unter. So auch gestern in der Aufregung um angebliche Diakoninnen; heute, einen Tag nach der Klarstellung, melden öffentlich-rechtliche Sender das gleiche wie am Tag davor.
Dieses Muster mag im säkularen Zeitalter digitaler Medien unvermeidbar erscheinen, oder system-immanent. Ist es aber nicht, zumindest, was seinen inhaltlichen Ablauf und die darin eingebauten Entscheidungen betrifft. Technisch ist eine sofortige Weitergabe einer Papst-Aussage natürlich heute normal, und wird immer einfacher. Aber was – und wie etwas – gesagt wird: Das ist steuerbar und selten Zufall, sondern meistens die Folge eines zutiefst menschlichen Phänomens: Recht haben zu wollen, und die Dinge nach dem eigenen Urteil zu ändern, ja prägen. Mit einer Nachfolge Christi freilich hat dies selten zu tun – wie auch Franziskus mit seiner Warnung vor Feminismus und Klerikalismus in diesem Fall gewarnt hat.
Wie dies geschieht, in der Kirche, den Medien, der Öffentlichkeit, und was dabei verhandelt wird: Das sind unterschätzte Fragen, die einer sachlichen Klärung und Analyse harren; auch und gerade mit Blick auf die Wirkung und Folgen des Pontifikats von Papst Franziskus. Nicht erst wer die heutigen „Diakoninnen-Kommentare“ in der deutschsprachigen Medienlandschaft liest, weiß sofort, warum. (CNA Deutsch)