Papst Franziskus hat die Dynamik der katholischen Kirche in den USA gelobt. In einer langen Grundsatzansprache in der Kathedrale von Washington erinnerte er die US-Bischöfe am Mittwochvormittag (Ortszeit) daran, dass der Einsatz für die Umwelt und für Einwanderer ebenso zu den Kernaufgaben der Kirche gehöre wie etwa das Engagement gegen Abtreibung oder „die Verkündigung des Evangeliums der Familie“.
Man dürfe diesen Fragen nicht ausweichen noch zu ihnen schweigen, denn da gehe es immer um Gottes Schöpfungsplan, dessen „Verwalter“ und nicht etwa „Herren“ wir seien. Deutlich wurde das Bemühen des Papstes, Polarisierungen zu vermeiden; deutlich mahnte er die Bischöfe, keine kriegerische Sprache zu führen. Es gebe schon genug Spaltungen in der Welt: Die Kirche dürfe sich nicht auseinanderdividieren lassen, dürfe nicht in kleine Grüppchen zerfallen.
Franziskus unterstrich die vielfältige, auch finanzielle Hilfe, die die US-Kirche in vielen Teilen der Weltkirche leiste, und ihren von der US-Gesellschaft oft unterschätzten Beitrag im Schul- und Gesundheitswesen. Er stellte sich ausdrücklich hinter den Kampf „für die Sache des Lebens und der Familie“; das sei im übrigen auch eines der Hauptmotive seiner Reise. Der Papst ging aber auch ausdrücklich auf den Missbrauchsskandal ein, der die US-Kirche ebenso gebeutelt hat wie die Kirchen in Europa: Er wisse um die „Wunde der letzten Jahre“ und ermuntere, alles für eine Heilung der Opfer zu tun – und dafür, dass sich solche „Verbrechen“ niemals wiederholten.
Als Amerikaner wie sie und als langjähriger Erzbischof von Buenos Aires bringe er viel Verständnis für ihre Situation auf, betonte Franziskus. Er bat sie, keine „komplexen Lehren“ zu predigen, sondern Christus freudig zu verkünden; und nicht „sich selbst zu weiden“, sondern „die Familie Gottes“. Die Kirche dürfe nicht ständig um sich selbst kreisen, sondern den Horizont auf Gott hin offenhalten. „Kultur der Begegnung“ und Dialog seien keine „Strategie“, sondern entsprechen nach Auffassung des Papstes der „Methode“ Jesu.
Die USA hätten angesichts ihrer riesigen „materiellen und geistlichen Ressourcen“ weiterhin wichtige „moralische Verantwortungen“ der Welt gegenüber. Das Feuer dieses „Leuchtturms“ dürfe nicht erlöschen, es gehe um „die Zukunft von Freiheit und Würde unserer Gesellschaften“. Eindringlich bat Franziskus auch um stärkeren Einsatz für Einwanderer aus Lateinamerika; er tue das auch „in eigener Sache“, so der Sohn italienischer Einwanderer nach Argentinien. Vielleicht sei es für US-Bistümer nicht immer leicht, mit dem Ansturm und der Integration von ‚Hispanics’ klarzukommen, doch diese könnten „Amerika und seine Kirche bereichern“, wie das schon bei früheren Einwanderungs-Wellen der Fall gewesen sei.
Zu Beginn seiner Rede grüßte der Papst die jüdischen Gläubigen zum Neujahrsfest Jom Kippur. Von den US-Bischöfen erhielt er ein Gemälde und eine Geldspende für seinen Einsatz für Bedürftige. (rv)