Papst: „Keine Schwarzarbeit im Vatikan“

Papst Franziskus hat Schwarzarbeit und irregulären Arbeitsverhältnissen im Vatikan eine klare Absage erteilt. Bei einer Audienz für Vatikanangestellte ging Franziskus in der Audienzhalle auf ein Gespräch mit Kardinal Reinhard Marx, dem Koordinator des Päpstlichen Wirtschaftsrates, über arbeitsrechtliche Fragen des Vatikans ein: „Ich habe ihm gesagt: Ich will keine Schwarzarbeit im Vatikan!“, bekräftigte der Papst.

Anne Preckel – Vatikanstadt.

Franziskus bat all diejenigen Mitarbeiter des Heiligen Stuhles um Verzeihung, die im Vatikan in irregulären Arbeitsverhältnissen arbeiten. Der Papst sprach explizit die Praxis an, Mitarbeitern auch bei kontinuierlicher Beschäftigung weiterhin mit Jahres- oder Kurzverträgen abzuspeisen, ohne sie fest anzustellen, wie es das Arbeitsrecht normalerweise vorsieht. „Man versteht ja, dass man Leute in Probezeit anstellt, ein oder zwei Jahre, aber nicht mehr. Schwarzarbeit nein! Das will ich durchsetzen, und ihr sollte mir dabei helfen: helft auch den Vorgesetzten, diese Probleme des Heiligen Stuhles zu lösen, nämlich die prekären Arbeitsverhältnisse, von denen es aktuell noch einige gibt.“

Eine Frage des Gewissens

Teil der von Franziskus durchgesetzten laufenden Reformen im Vatikan ist in der Tat das Arbeitsrecht: so werden derzeit Festverträge für solche langjährigen Mitarbeiter vergeben, die bis dato lange Jahre irregulär beschäftigt waren, und es werden alle Tätigkeiten in vertraglich geregelte Jobs überführt. „Das ist auch eine Frage des Gewissens für mich, denn wir können nicht von der Soziallehre der Kirche sprechen und dann solche Dinge machen.

“ Ich weiß, dass es ohne eure Arbeit nicht ginge. ”

Direkt zu Beginn seiner frei gehaltenen Ansprache dankte Franziskus den Vatikanangestellten für ihre Arbeit, darunter Mitarbeiter der Vatikanmedien, der Museen, des Governatorates und viele mehr:

„Eure Arbeit hält den Zug, den Vatikan, den Heiligen Stuhl, am Laufen, der so schwer scheint, so groß, mit vielen Problemen. Und jeder von euch gibt sein Bestes, um seine Arbeit zu machen. Ich weiß, dass es ohne eure Arbeit nicht ginge, die Arbeit der Kirche ginge nicht gut, so viel könnte nicht geschehen für die Verkündigung des Evangeliums und um vielen Menschen zu helfen… Ihr seid Teil dieser Kette, die die Arbeit unserer Kirche voranbringt.“

Weiter ging der Papst in seiner Ansprache auf die Themen Familie, Geschwätz im Vatikan und Vergebung ein.

Hüter der Familie sein

Eltern bat er darum, „Hüter“ ihrer Familien zu sein und nicht vor den Kindern zu streiten. „Es gibt so viele Probleme in der Familie, psychologische und in der Ehe… Unter euch sind einige Geschiedene – ich leide mit euch. Helft euch gegenseitig, so dass zumindest eure Kinder nicht (unter der Situation der Scheidung, Anm. d. Red.) leiden. Denn wenn Eltern streiten, leiden die Kinder! Streitet nie vor den Kindern, nie!“ Weiter ermutigte der Papst Paare dazu, keine Angst davor zu haben, Kinder in die Welt zu setzen.

Erneut übte Franziskus Kritik an Tratsch und Geschwätz im Vatikan. „Mir sagte mal einer von euch: ,Wenn man im Vatikan nicht schwätzt, bleibt man isoliert.‘ Das ist sehr schwerwiegend, sehr ernst. Der Schwätzer ist ein Terrorist: Er schmeißt eine Bombe, diese explodiert und trifft viele. Betreibt keinen Terrorismus des Geschwätzes, bitte! ,Und wie können wir das tun?‘, werde ich dann gefragt. Ich sage: ,Beiß dir auf die Zunge!‘“

Gewissensforschung

Weiter rief Franziskus zur Gewissenserforschung auf und dazu, für eigene Fehler um Vergebung zu bitten. Auch Priester gäben hier oftmals kein gutes Bild ab, fügte der Papst an, der sich selbst einschloss: „Ich bitte auch um Vergebung.“

Abschließend wünschte der Papst den Vatikanangestellten ein frohes Weihnachtsfest: „Ich wünsche euch frohe Weihnachten, im Herzen, in der Familie, im Gewissen. Habt keine Angst, um Vergebung zu bitten. Geht beichten. Weinachten ist auch eine gute Gelegenheit, um auch in uns selbst Frieden zu schließen, denn wir sind ja alle Sünder.“ (vatican news)

„Sphinx mit Bürste putzen“: Papst über die Kurienreform

Die Kurie im Verhältnis zur Welt war das Thema der diesjährigen Weihnachtsansprache des Papstes an die höchsten Mitarbeiter im Vatikan: der Papst sprach an diesem Donnerstag über das Verhältnis der Kurie zu den Nationen, den Teilkirchen, den Ostkirchen, anderen Religionen sowie den ökumenischen Dialog.

Anne Preckel – Vatikanstadt.

Der Papst ging auch mit einigen Krankheiten im Inneren der im Umbau befindlichen Kirchenzentrale erneut ins Gericht: Karrierismus und Eitelkeit, Selbstbezogenheit und Ungehorsam.

„Wie viel Geduld und Hingabe es braucht…“

Franziskus bettete seine Rede in den Kontext der laufenden Kurienreform ein: „In Rom Reformen zu machen, ist wie die Sphinx in Ägypten mit einer Zahnbürste zu putzen“, schickte er ein Zitat des belgischen Erzbischofs Fréderic-Francois-Xavier De Mérode vorweg. „Wie viel Geduld, Hingabe und Taktgefühl braucht es, um dieses Ziel zu erreichen“, legte der Papst nach.

„Eine in sich selbst verschlossene Kurie würde das Ziel ihrer Existenz betrügen, in Selbstbezogenheit verfallen und sich damit zur Selbstzerstörung verurteilen“, betonte er dann.

Mit der Kurie war Franziskus bereits mehrfach ins Gericht gegangen, so etwa in seiner Weihnachtsansprache im Jahr 2014, als er über die „kurialen Krankheiten“ sprach. Auch den ersten Teil seiner diesjährigen Weihnachtsansprache nutzte Franziskus, um Abwegiges beim Namen zu nennen und seinen engsten Mitarbeitern ihre eigentliche Mission ins Gedächtnis zu rufen.

Die Kurie stehe im Dienst des Papstes, erinnerte Franziskus, sie müsse das Wohl der Kirche und die Verkündigung der frohen Botschaft im Blick haben. Dieses „diakonale Primat“, diesen „Vorrang im Dienen“, gelte es nach innen wie außen zu verwirklichen, so der Papst, der die Kurie zu Einheit aufrief.

Empfänglich und synodal sein wichtiger als Regelversessenheit

Franziskus benutzte das Bild eines lebendigen Organismus mit seinem harmonischen Zusammenspiel der Sinnesorgane, die Gleichgewicht, Orientierung und Wahrnehmung ermöglichen und den Menschen in der Realität verankern. Um einmal mehr jenen Krankheiten eine Absage zu erteilen, vor denen auch die Kirche bis in ihre höchsten Ebenen nicht gefeit sei – „dieser gestörten und missratenen Logik der Komplotte oder kleinen Kreise, die ein Krebsgeschwür sind, das zur Selbstbezogenheit führt“, wie der Papst formulierte.

“ Prozesse des Zuhörens und der Synodalität sind wichtiger als Regeln oder Vorschriften. ”

Die Dikasterien der römischen Kurie verglich er mit „sensiblen Antennen“, die „im Namen und mit der Autorität des Papstes und immer für das Wohl der Kirchen und im Dienst an ihnen“ operieren sollten. Als „Sender“ sollten sie „treu den Willen des Papstes und der Vorgesetzten weiterleiten, führte der Papst aus, wobei Treue und Verantwortungssinn entscheidend seien. Als „Empfänger“ müssten sie zugleich Fragen sowie Freuden und Leiden der Weltkirche wahrnehmen und den Papst darüber informieren. Diese „Empfänglichkeit“, dieser „Prozess des Zuhörens und der Synodalität“ seien wichtiger als Regeln oder Vorschriften, betonte er.

Kritik an vom Ehrgeiz getriebenen Mitarbeitern

Hart ins Gericht ging der Papst mit kirchlichen Mitarbeitern, die im Zuge der Kurienreform das in sie gesetzte Vertrauen missbrauchten und allein eigene Interessen verfolgten:

„Sie lassen sich von Ehrgeiz oder Eitelkeit korrumpieren und erklären sich selbst fälschlicherweise zu Märtyrer des Systems und des ,nicht-informierten Papstes‘, wenn sie sanft entfernt werden, statt ihre eigene Schuld einzugestehen“.

Lob fand der Papst in diesem Kontext jedoch für den „außerordentlich großen Teil treuer Personen, die mit lobenswertem Einsatz, Treue, Kompetenz, Hingabe und auch viel Heiligkeit“ für die Reform arbeiteten.

Um die Vision einer dienenden Kirche zu verwirklichen, seien eine „Unterscheidung der Zeichen der Zeit“, „Gemeinschaft im Dienst“, „Barmherzigkeit in der Wahrheit“ sowie „Fügsamkeit dem Geist“ sowie Gehorsam den Vorgesetzten gegenüber unerlässlich, betonte der Papst. Die Namen der verschiedenen Dikasterien verwiesen gerade auf jene Bereiche der menschlichen Wirklichkeit, denen es zu dienen gelte, erinnerte Franziskus.

Im zweiten Teil seiner Ansprache kam der Papst dann auf die verschiedenen Aufgabenbereiche der Kurie im Verhältnis zur Welt zu sprechen.

Die Kurie im Verhältnis zur Welt

Mit Blick auf die Vatikandiplomatie bekräftigte Franziskus das Anliegen des Heiligen Stuhls, in der Welt als „Brücken- und Friedensbauer“ sowie als Förderer des „Dialoges zwischen den Nationen“ aufzutreten. Und er begründete in diesem Kontext die Einrichtung einer zusätzlichen Abteilung im vatikanischen Staatssekretariat, die sich um die Diplomaten des Heiligen Stuhls und alle diesbezüglichen Fragen kümmern wird.

Im Dienste der Menschheit sei die päpstliche Diplomatie stets darum bemüht, Distanzen abzubauen und Vertrauen aufzubauen, wozu auch etwa die Papstreisen betragen sollten, führte der Papst allgemeiner aus. Die Mittel dieser Form der Diplomatie seien das Zuhören und Verstehen, das Helfen und respektvolles Intervenieren: „Das einzige Interesse der Vatikandiplomatie ist es, frei von jeglichem weltlichen und materiellen Interesse zu sein“, brachte der Papst dies auf den Punkt. Dem zerstörerischen Egoismus der Staaten, Gewalt und Krieg erteilte er erneut eine Absage, und er rief zugleich dazu auf, aus der Vergangenheit zu lernen und eine bessere Welt für die folgenden Generationen zu hinterlassen.

In seinen Ausführungen über die Teilkirchen unterstrich der Papst die Notwendigkeit eines kollegialen Verhältnisses zwischen der Kurie und den verschiedenen Gliedern der Weltkirche: „Das ist ein Verhältnis, das auf Zusammenarbeit, Vertrauen und nie auf Überlegenheit oder Widrigkeiten fußt.“ Die Kurie müsse zum Wohle der Kirchen und ihrer Hirten arbeiten, schärfte er seinen höchsten Mitarbeitern ein, deren Blick er auf das Netzwerk der weltweiten Kirche lenkte:

„Die römische Kurie hat als Referenzpunkt also nicht allen den Bischof Roms, aus dem sie Autorität schöpft, sondern auch die Teilkirchen und ihre Hirten in der ganzen Welt, für deren Wohl sie operiert.“

Die Ad limina-Besuche stellten vor diesem Hintergrund eine „große Gelegenheit der Begegnung, des Dialoges und der gegenseitigen Bereicherung“ dar. Deshalb suche er selbst bei diesen Gelegenheiten auch das „freie und ehrliche“ Gespräch mit den Bischöfen statt sich an ein striktes Besuchs- und Ablaufprotokoll zu halten, erklärte der Papst die von ihm geänderte Praxis bei Ad limina-Besuchen im Vatikan. Er pflegt dabei den vorbereiteten Redetext lediglich zu übergeben und den Dialog mit den Besuchern zu suchen.

Mit Blick auf die Wahl von Bischöfen und Eparchen der Ostkirchen bekräftigte der Papst, das die Wahl einerseits der Autonomie der Ostkirchen als andererseits auch der kirchlichen Einheit gerecht werden müsse. „Die Wahl eines jeden Bischofs muss die Einheit und Gemeinschaft zwischen dem Nachfolger Petri und dem ganzen Bischofskollegium widerspiegeln.“ Die Ostkirchen stellten für Roms Kirche eine Bereicherung dar, unterstrich der Papst, der auch das starke Glaubenszeugnis vieler Märtyrerchristen würdigte, die trotz Situationen der Bedrängnis ihrem Glauben nicht abschwören.

Die Kurie und der ökumenische Dialog: Der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil eingeschlagene Weg der Ökumene sei „unumkehrbar“ und führe nicht zurück, bekräftigte Papst Franziskus. Und er erinnerte einmal mehr daran, dass alle Divergenzen – ob theologisch oder ekklesiologisch – nur durch das gemeinsame Vorangehen auf diesem Weg beseitigt werden könnten. Die Kurie arbeite in diesem Sinne dafür, Begegnung und Verständigung zu ermöglichen und Vorurteile und Ängste abzubauen.

Auch im interreligiösen Dialog gehe es wesentlich um Begegnung, führte der Papst weiter aus. Und er benannte drei Eckpfeiler, auf die es diesen Dialog aufzubauen gelte: „Die Pflicht der Identität, den Mut gegenüber der Andersartigkeit und die Ehrlichkeit der Intentionen“. Wahrer Dialog könne nicht auf Ambiguität oder um anderer Gefallen willen aufgebaut werden, erklärte der Papst zum ersten Punkt, es brauche ein Setzten der eigenen Identität. Zweitens brauche es den Mut, andere Religionen und Kulturen als Partner und nicht als Feinde zu sehen oder zu behandeln. Und schließlich: Ehrlichkeit. Wahrer Dialog sei ehrlich, er sei kein Ausstechen eines Konkurrenten oder eine Strategie, um andere Ziele zu verwirklichen, betonte der Papst. Es brauche dafür Wahrheit und Geduld.

Echter Glaube befindet sich in der Krise

Und der Papst schloss seine Rede mit einem Gedanken über die Natur echten Glaubens: „Ein Glaube, der uns nicht in Krise versetzt, ist ein Glaube in Krise. Ein Glaube, der uns nicht wachsen lässt, ist ein Glaube, der wachsen muss. Ein Glaube, der uns nicht befragt, ist ein Glaube, über den wir uns befragen müssen. Ein Glaube, der uns nicht belebt, ist ein Glaube, der belebt werden muss. Ein Glaube, der uns nicht erschüttert, ist ein Glaube, der angestoßen werden muss.“ (vatican news)

Papstansprache: Reform wird mit Entschlossenheit fortgesetzt

Papst Franziskus„Die Barmherzigkeit ist kein flüchtiges Gefühl, sondern sie ist die Synthese der Frohen Botschaft.“ Papst Franziskus ging in seiner Weihnachtsansprache an die römische Kurie an diesem Montag auf das Thema des Heiligen Jahres ein, die Barmherzigkeit. Aber wie es sich bei einem Chef in einer Ansprache an die Mitarbeiter gehört, wurde er praktisch. Einen „Katalog der notwendigen Tugenden“ wollte der Papst der Kurie vorlegen, zur Anwendung und Vertiefung.

Zu Beginn seiner Ansprache ging der Papst zunächst noch einmal auf das vergangene Jahr ein, die Krankheiten, von denen er in der vorigen Jahres-Ansprache gesprochen habe – der „Katalog der kurialen Krankheiten“ – hätten sich im Verlauf des vergangenen Jahres gezeigt, schmerzhaft und die gesamte Kurie verletzend. „Ich halte es für meine Pflicht zu bekräftigen, dass dies ein Anlass zu aufrichtigen Überlegungen und entscheidenden Maßnahmen war und weiter sein wird. Die Reform wird mit Entschlossenheit, klarem Verstand und Tatkraft fortgeführt werden, denn Ecclesia semper reformanda.“

Die Skandale könnten aber nicht verdecken, was Gutes geleistet werde: „Es wäre eine große Ungerechtigkeit, gegenüber all den anständigen und gewissenhaften Personen, die in der Kurie mit uneingeschränktem Einsatz, mit Ergebenheit, Treue und Professionalität arbeiten, nicht einen tief empfundenen Dank und eine gebührende Ermutigung zum Ausdruck zu bringen – sie schenken der Kirche und dem Nachfolger Petri den Trost ihrer Solidarität und ihres Gehorsams, ganz zu schweigen von ihren großherzigen Gebeten“. Noch einmal auf die Skandale eingehend betonte der Papst, dass die „Widerstände” und das Scheitern einiger Lektionen Möglichkeiten zu Wachstum böten, aber nicht zur Entmutigung. „Es sind Gelegenheiten, zum Wesentlichen zurück zu kehren“ und sich selbst zu fragen, wie es mit dem eigenen ‚sensus ecclesiae’, dem Gefühl für die Kirche, und dem ‚sensus fidei’, dem Sinn für den Glauben, bestellt sei.

Von diesem Wesentlichen wolle er zu diesem Weihnachtsempfang sprechen, fuhr der Papst fort, anlässlich des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit, Anlass für „Dankbarkeit, Umkehr, Erneuerung, Buße und Versöhnung“. Er wolle in dieser Ansprache eine praktische Handreichung vorlegen, einen nicht erschöpften „Katalog der notwendigen Tugenden“, „ich lade die Leiter der Dikasterien und die Vorgesetzten ein, ihn anzureichern und zu vervollständigen.”

Es folgte eine Auflistung von zwölf solcher Tugenden, jeweils mit einer Erklärung versehen. Der Papst begann mit „Missionarietà e pastoralità“, also „Missionsgeist und pastorale Grundhaltung“. Dies seien die Dimensionen, welche auch die Arbeit der Kurie fruchtbar machten. Glaube sei ein Geschenk, aber das Maß des Glaubens zeige sich darin, ob und wie er weitergegeben würde. Die pastorale Haltung sei ein Muss, das „Maß der Arbeit der Kurie und aller Priester“. „Ohne diese beiden Flügel werden wir nie fliegen können und auch die Seligkeit des „treuen Knechtes“ (vgl. Mt 25,14-30) nicht erreichen.“

Der Papst sprach von der Eignung und dem Scharfsinn, dann von der Spiritualität und Menschlichkeit. Diese beiden Gruppen ergänzen sich in der Papstansprache, die zweite stellt sicher, dass aus der ersten kein Funktionalismus wird, sondern dass alles geistlich und menschlich bleibt.

„Der selige Papst Paul VI. erinnerte die Römische Kurie an ‚ihre Berufung zur Vorbildlichkeit’”, fuhr Papst Franziskus fort. „Vorbildlichkeit, um die Skandale zu vermeiden, die die Menschen innerlich verletzen und die Glaubwürdigkeit unseres Zeugnisses bedrohen.“ Der Papst zitierte verschiedene Schriftstellen „’Wer in den kleinsten Dingen zuverlässig ist, der ist es auch in den großen, und wer bei den kleinsten Dingen Unrecht tut, der tut es auch bei den großen’ (Lk 16,10) und ‚Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde. Wehe der Welt mit ihrer Verführung! Es muss zwar Verführung geben; doch wehe dem Menschen, der sie verschuldet!’ (Mt 18,6-7).“

Vernünftigkeit und Liebenswürdigkeit bilden zusammen eine weitere Tugend, auf die der Papst einging. „Die Vernünftigkeit dient dazu, übermäßige Gefühlsbetontheit zu vermeiden, und die Liebenswürdigkeit dazu, Übertreibungen in der Bürokratie sowie beim Erstellen von Programmen und Plänen zu vermeiden.” Auch hier beschrieb der Papst sich ergänzende und sich gegenseitig korrigierende Tugend-Paare. Das gleiche gilt für das Paar „wohlwollende Besonnenheit und Entschiedenheit“ und für die „untrennbaren Werte“ „Liebe und Wahrheit“: „Die Liebe ohne Wahrheit wird nämlich zur Ideologie des destruktiven ‚Alles-Gutheißens’, und die Wahrheit ohne Liebe zur blinden ‚Buchstaben-Justiz’.“

Das achte Tugend-Paar: Ehrlichkeit und Reife. „Ehrlichkeit ist die Rechtschaffenheit, die Kohärenz und das Handeln in absoluter Aufrichtigkeit gegenüber uns selbst und gegenüber Gott. Wer ehrlich ist, handelt redlich nicht nur unter dem Blick des Aufsehers oder des Vorgesetzten; der Ehrliche fürchtet nicht, überrascht zu werden, denn er hintergeht niemals den, der ihm vertraut. Der Ehrliche spielt sich niemals als Herr auf über die Menschen oder über die Dinge, die ihm zur Verwaltung anvertraut sind, wie es der „schlechte Knecht“ (vgl. Mt 24,48) tut. Die Ehrlichkeit ist das Fundament, auf dem all die anderen Eigenschaften aufruhen. Reife ist das Bemühen, zur Harmonie zwischen unseren physischen, psychischen und spirituellen Fähigkeiten zu gelangen. Sie ist das Ziel und das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses, der nie endet und der nicht von unserem Alter abhängt.”

Achtung und Demut, das neunte Paar, spricht dagegen vom Umgang mit den Anderen, Mitarbeitern, Oberen und Untergebenen, aber auch mit den anvertrauten Aufgaben, der Papst geht auf Schweigepflicht und Vertraulichkeit ein.

Großherzigkeit und Aufmerksamkeit: Je mehr man auf Gott und die Vorsehung vertraue, desto erfüllter sei man und bereiter, zu geben, wissend dass man umso mehr erhält, desto mehr man gebe. „In der Tat ist es nutzlos, alle Heiligen Pforten sämtlicher Basiliken der Welt zu öffnen, wenn die Tür unseres Herzens für die Liebe verschlossen ist, wenn unsere Hände sich dem Geben verschließen, wenn unsere Häuser der Gastfreundschaft verschlossen sind und wenn unsere Kirchen sich der Aufnahme verschließen.” Angewandt auf die Arbeit in der Kurie bedeute dies „auf die Details zu achten, unser Bestes zu geben und in Bezug auf unsere Laster und Verfehlungen niemals die Zügel schleifen zu lassen“.

Unerschrockenheit und Regsamkeit folgten als elftes Tugendpaar, „ es bedeutet, wagemutig und entschlossen und ohne Lauheit zu handeln” und „die Fähigkeit, mit innerer Freiheit und Beweglichkeit zu handeln, ohne sich an die materiellen Dinge zu klammern, die vergänglich sind”. Es heiße, immer auf dem Weg zu sein, ohne Dinge zu sammeln und sich in den eigene Projekten „einzuschließen”.

Vertrauenswürdigkeit und Nüchternheit schlossen die vom Papst selbst als noch nicht ausgeschöpft bezeichnete Liste ab, es bedeute, sich nicht ablenken zu lassen. Zuverlässige Mitarbeiter seien dies auch ohne Aufsicht, und nüchterne ließen sich nicht von Überflüssigem oder der „Logik des Konsums“ ablenken. In diesem letzten Punkt kam noch einmal ein wesentliches Element der Lehre des Papstes zum Vorschein: „Nüchternheit bedeutet, die Welt mit den Augen Gottes zu betrachten – mit dem Blick der Armen und auf der Seite der Armen. Die Nüchternheit ist ein Lebensstil, der auf die Vorrangstellung des anderen als hierarchisches Prinzip hinweist und das Leben als Fürsorglichkeit und Dienst gegenüber den anderen zum Ausdruck bringt.“

Dieser „Katalog der notwendigen Tugenden“ solle Anleitung sein für die Arbeit der Kurie, ganz praktisch. „So möge also die Barmherzigkeit unsere Schritte lenken, unsere Reformen inspirieren und unsere Entscheidungen erleuchten. Möge sie die tragende Säule unseres Wirkens sein. Möge sie uns lehren, wann wir vorangehen und wann wir einen Schritt zurück tun müssen.“ (rv)