Niederlande: Kardinal Eijk kritisiert offen den Papst

In einem Interview, anlässlich seines zehnjährigen Jubiläums als Erzbischof von Utrecht mit der Zeitung „Trouw“, hat der niederländische Kardinal Willem Jacobus Eijk Papst Franziskus offen kritisiert.

„Der Papst darf den geschiedenen Katholiken, die wiederverheiratet sind, die Kommunion nicht zu leicht machen“.

Ferner hat Eijk Zweifel, dass sich der Papst nicht deutlich genug geäußert hat.

„Die Leute sind verwirrt und das ist nicht gut. In der Frage der sogenannten „wiederverheirateten Geschiedenen“ gibt es derzeit weltweit heftige Diskussionen innerhalb der katholischen Kirche“.

Laut Kardinal Eijk lässt Franziskus das Problem ungelöst liegen und fordert von ihm:

„Nimm diesen Zweifel weg. Zum Beispiel in Form eines weiteren Dokuments“.

Der Kardinal fordert eine strenge Linie, um Klarheit in dieser Frage zu schaffen. Die Erzdiözese Utrecht hält an dem Grundsatz fest „die Ehe ist unauflösbar“.

„Wenn eine Ehe von einem kirchlichen Gericht für ungültig erklärt wurde, wurde offiziell bestätigt, dass sie nie geschlossen war. Nur dann wirst du frei sein zu heiraten und die Beichte und Kommunion zu empfangen“.

Häresie

Das Dokument „Amoris laetitia“ ist das Ergebnis der Bischofssynoden 2014 und 2015 in Rom. Dieses Dokument hat nach Kardinal Eijk unterschiedliche Interpretationen zugelassen und führte zu einer Spaltung der Kirche.

„Die Bischöfe widersprechen sich. Offene Briefe werden an den Papst geschrieben, und orthodoxe Katholiken denken sogar, dass Franziskus Häresien verbreitet“.

Eijk betrachte die Diskussion mit Unmut und sagt:

„Die eine Bischofskonferenz Regel es so und die Andere anders. Aber was hier richtig ist, kann wo anders nicht falsch sein“.

Obgleich Kardinal Eijk mit Äußerungen in den Medien sehr zurückhaltend ist, stellt er sich mit diesem Interview klar auf die Seite der Dubia-Kardinäle und argumentiert ähnlich den kasachischen Bischöfen mit ihrem öffentlichen Glaubensbekenntnis. Der Bruch, der durch die katholische Kirche geht, wird bei Gläubigen und Episkopalen der Weltkirche immer deutlicher. Die Zeit ist reif, dass der Papst endlich zu „Amoris laetitia“ und den Vorwürfen der Häresie handelt. (vh)

Papst an Priester: Pastoraler Blick auf die zweite Ehe

Papst Franziskus lässt sich beraten in der Frage, wie die katholische Kirche in Zukunft mit wiederverheirateten Geschiedenen umgeht. Die nächste Weltbischofssynode im Vatikan werde diesem Thema gelten, sagte Franziskus am Montag vor Priestern seiner Diözese Rom. Auch die neuartige Kardinalskommission, die sich Anfang Oktober erstmals im Vatikan trifft, werde das Thema behandeln, bekräftigte der Papst; dies hatte er bereits Ende Juli auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Rio angekündigt. Das Treffen mit dem römischen Klerus war thematisch allerdings sehr viel breiter aufgestellt. Es dauerte volle zwei Stunden und war von Herzlichkeit, viel Applaus und einem Hin und Her von Frage und Antwort geprägt. Eine Zusammenfassung von Gudrun Sailer.

Mühsam ist es, wahrhaft mühsam, ein Priester zu ein. Franziskus unterschied zwei Arten von Müdigkeit: eine, die abends von der täglichen Arbeit herrührt, die andere, die am Ende des Priesterlebens auftritt, eine „Müdigkeit des Herzens", die dann aufkomme, wenn sich der Priester Fragen stelle über seine Existenz und zurückblicke auf den Weg und an all den Verzicht denke, an die Kinder, die er nicht hatte – und sich frage, ob er etwas falsch gemacht hat, ob sein Leben „gescheitert" ist. Franziskus sprach als Bischof, als IHR Bischof zu den Priestern:

„Wir Bischöfe müssen den Priestern nah sein, wir müssen Nächstenliebe üben, und die Nächsten sind für den Bischof die Priester. Das gilt auch umgekehrt, nicht wahr? … Er ist schön, dieser Austausch, nicht? Und das, denke ich, ist der wichtigste Moment der Nähe zwischen Bischof und Priestern: dieser Augenblick ohne Worte, denn für diese Mühe gibt es keine Worte."

Nach dieser Eröffnung lud der Papst die Priester ein, ihm ihre Fragen zu stellen. In seiner ersten Antwort ermunterte der Papst zu Kreativität im seelsorgerlichen Dienst. Kreativität bedeute „nicht einfach, Dinge zu ändern". Sie komme vom Heiligen Geist und verwirkliche sich im Gebet und im Gespräch „mit den Gläubigen, mit den Leuten". Franziskus mit einem Beispiel aus seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires:

„Nun, wenn da so viele Leute vorbeikommen, wäre es vielleicht schön, die Kirche stünde den ganzen Tag offen … gute Idee! Es wäre auch schön, wenn da immer eine Beichtgelegenheit wäre… Gute Idee! Und so haben wir es gemacht."

Anderes Beispiel: die Elternkurse zur Vorbereitung auf die Taufe ihrer Kinder. Der Papst brachte Verständnis auf für die Väter und Mütter, die von Montag bis Samstag arbeiten und sich am Sonntag gerne mit ihren Kindern ausruhen. Da könne man neue Wege suchen wie eine von Laien getragene „Stadtteilmission". Die Kirche, „auch das Kirchenrecht gibt uns so viele Möglichkeiten, so viel Freiheit, um diese Dinge zu suchen." Die Priester sollten im richtigen Moment bereitstehen und für eine gute Aufnahme sorgen, wenn die Gläubigen aus irgendeinem Grund in die Pfarrei kämen. Franziskus kritisierte jene Priseter, die sich mehr um die Gebühr für ein auszustellendes Dokument als um das Sakrament sorgten, denn das „lässt die Leute wieder weggehen". Stattdessen sei, wer immer hereinkomme, herzlich aufzunehmen: „Wer in die Kirche kommt, soll sich zu Hause fühlen. Er soll sich nicht ausgenommen fühlen."

Über die Barmherzigkeit des Priesters befragt, wartne der Papst vor „rigoristischen" und vor „laxen" Geistlichen gleichermaßen. Der barmherzige Priester sei jener, der die Wahrheit sage, aber hinzufüge: „Erschrick nicht, der gute Gott wartet auf uns. Wir gehen gemeinsam." Dieses gemeinsame Gehen müsse der Priester überhaupt immer im Blick haben: „Begleiten. Weggefährten sein." Bekehrung erfolge „immer auf diese Weise: unterwegs, nicht im Labor".

„Die Wahrheit Gottes ist diese Wahrheit, nennen wir sie „dogmatisch" … oder "moralisch", aber immer begleitet von der Liebe und der Geduld Gottes. Immer auf diese Weise."

Ein hohes Lob für die Arbeit in der Familie flocht der Papst in seine Ausführungen vor den Priestern ein. In der Kirche gebe es zwar viele Skandale, aber auch viel Heiligkeit, und die sei größer als die Skandale. Und dann gebe es da noch eine versteckte „Alltagsheiligkeit", „die Heiligkeit so vieler Mütter und so vieler Frauen und Männer, die den ganzen Tag für die Familie arbeiten".

Überhaupt, die Familie: Die Frage der Ehe-Annullierung und der wiederverheirateten Geschiedenen sei heikel, sagte der Papst seinen Seelsorgern. Ein Problem, das schon Benedikt XVI. sehr am Herzen lag, erinnerte Franziskus. „Das Problem lässt sich nicht einengen auf die Frage, ob man zur Kommunion darf oder nicht, denn wer das Problem nur in dieser Optik sieht, versteht das wahre Problem nicht." Es sei ein „schwieriges Problem" der „Verantwortung der Kirche in bezug auf die Familien, die in dieser Situation leben". Die Kirche „muss in diesem Moment etwas tun, um das Problem der Ehenichtigkeit zu lösen". Der Papst bestätigte, er werde darüber mit den acht Kardinälen sprechen, jener Beratungskommission, die Franziskus für die dringendsten anstehenden Probleme der Kirche ins Leben gerufen hat; die erste Sitzung wird Anfang Oktober im Vatikan stattfinden, und das Anliegen der wiederverheirateten Geschiedenen werde unter den erörterten Fragen sein. Auch die nächste Bischofssynode über die „anthropologische Beziehung" des Evangeliums mit der Person und der Familie werde die Frage in den Blick nehmen.

Den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen empfinden viele Priester und Laien heute als Nagelprobe einer „Seelsorge der Barmherzigkeit". Wer nach einer kirchlich geschlossenen und zivil geschiedenen Ehe eine neue Verbindung eingeht, ist nach dem derzeit geltenden Kirchenrecht vom Empfang der Sakramente ausgeschlossen. Seit längerem gibt es innerhalb der katholischen Kirche Stimmen, die ein Überdenken dieser Praxis fordern. Eine gültig geschlossene Ehe ist nach katholischer Lehre unauflöslich; anders als im zivilen Recht gibt es für die Kirche keine Scheidung. Allerdings können Kirchengerichte eine Ehe aus einer Reihe von Gründen für nichtig erklären. Das bedeutet, die betreffende Ehe hat nie bestanden. (rv)

Bischofssynode: Die wiederverheirateten Geschiedenen

Es war der italienische Bischof Bruno Forte, der als erster im Plenum bei der Bischofssynode das Thema der wiederverheirateten Geschiedenen angeschnitten hatte, und das bereits an einem der ersten Tage. Seitdem kam das Thema immer wieder vor, mal explizit, mal als Teil des Themas Familie. Erzbischof Robert Zollitsch ging in einer Pressekonferenz an diesem Freitag noch einmal explizit auf eine dieser Fragestellungen ein. Es sei nicht nur Europa gewesen, das diese Frage stelle: Die wiederverheirateten Geschiedenen seien bei der Synode vor allem von Afrika in die Debatte gegeben worden. „Das ist nicht ein typisches Problem Mitteleuropas", so Zollitsch. „Dass die Pastoral an diesen Eheleuten bis hin zu den gescheiterten Ehen und den Wiederverheirateten eine wichtige Aufgabe ist, kam immer wieder durch und es bestärkt mich auch, zu schauen, welche Wege es für uns gibt."

Seiner Einschätzung nach werde die Synode etwas zum Thema der Familie sagen, so Zollitsch weiter, vor allem zur Familie als Ort der Glaubensverkündigung und als Kirche im Kleinen. Die Situation sei weltweit sehr verschieden, als Deutschsprachige wollten die Synodalen aber auch die Frage des Scheiterns und der Scheidungen mit in den Blick nehmen.

Rückblickend auf die Debatte um die Bedeutung und Rolle der Familie fand Zollitsch aber auch kritische Töne: „Es bestand zum Teil die Gefahr der Idealisierung, nach dem Motto: Es kommt nur auf die Familie an." Da sei der Blick auf die Scheidungen, gemischt konfessionelle Ehen und so weiter wichtig. (rv)