Das eben aus der Taufe gehobene Zentrum für den interreligiösen Dialog in Wien geht auf die Begegnung zwischen Papst Benedikt und dem saudischen König Abdullah 2007 im Vatikan zurück. Das sagte uns Kardinal Jean Louis Tauran, der päpstliche Verantwortliche für den Dialog mit den Religionen.
„Der König wollte ein Zentrum für interreligiösen Dialog auf staatlicher Ebene gründen; es gibt drei Unterzeichnerstaaten, Saudi-Arabien, Österreich und Spanien. Auch der Heilige Stuhl war dazu eingeladen worden, aber wir wollten uns die Position des Beobachters vorbehalten. Denn klarerweise gibt es für einen Muslim keinen Unterschied zwischen dem Politischen und dem Religiösen, und infolgedessen muss man sehr darauf acht geben, dass der interreligiöse Dialog nicht in Richtung eines politischen Dialogs abgleitet."
Der Heilige Stuhl ist nur bei wenigen internationalen Organisationen Vollmitglied. Auch bei den Vereinten Nationen hat er lediglich einen Status als Ständiger Beobachter. Tauran begrüßte grundsätzlich die Initiative Saudi-Arabiens zur Religionsfreiheit, sagte im Gespräch mit uns aber auch:
„Man muss andererseits darauf achten, dass diese Religionsfreiheit sich in der gesamten Gesellschaft zeigt, auch an der Basis. Das heißt, die Probleme in gewissen Ländern, in denen es keine Religionsfreiheit gibt, sollen richtigerweise in dieser internationalen Organisation einen Ort finden, wo sie ihre Wünsche vorbringen können und wo man die Probleme lösen kann. Dieses Zentrum ist wichtig, denn es ist ein Kanal, der, so hoffen wir, immer offen ist sowohl für die einen als auch für die anderen, um sich gegenseitig zu verstehen und kennen zu lernen."
Ist es überraschend, dass ausgerechnet Saudi-Arabien ein Zentrum für Religionsfreiheit gründet, obwohl im Land ausschließlich der Islam gelebt werden darf? Diese Frage sei ihm in den letzten Tagen oft gestellt worden, sagte uns Kardinal Tauran. Und es sei „auch legitim, sie zu stellen".
„Ohne naiv zu sein, kann man denken, diese Organisation könnte zu einer Entwicklung beitragen. Natürlich muss man auf der Hut sein. Das Problem im Dialog mit den Religionen und besonders mit den Moslems ist folgendes: Auch dann, wenn man kleine Erfolge erzielt – und man muss da bescheiden sein -, so bleibt das immer auf der Ebene der Eliten. Auf der ebene der Gesetze gibt es im Grund keine Veränderungen. Meiner Meinung nach kann man dieser Situation abhelfen über Bildung und Schule. Aber das ist eine lange Pilgerfahrt." (rv)