Die katholische Kirche im Heiligen Land hat einen konkreten Fahrplan für einen Frieden in Syrien erarbeitet. Bei der Vollversammlung des Rates der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) in Bratislava, die an diesem Sonntag zu Ende ging, stellte der Weihbischof des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem, William Shomali, einen Vier-Punkte-Plan vor, den er unserem Korrespondenten vor Ort, Mario Galgano, gegenüber erläuterte:
„Die Frage, wie es in Syrien weiter gehen soll, ist eine sehr wichtige Frage für uns Christen im Heiligen Land. Eine rasche Lösung ist ein Muss. Falls wir die Gewalt weiter zulassen, wird es keinen Ausweg mehr geben. Noch können wir das Schicksal der Syrer in eine positive Richtung lenken. Es wurde vor Jahren gesagt, dass in Syrien binnen kurzer Zeit eine Lösung gefunden wird. Doch wie wir sehen, herrscht weiterhin Leid und Gewalt in dem Land."
Was schlagen Sie also konkret vor?
„Man sagte vor drei Jahren, dass Assad nach wenigen Wochen abdanken werde und dann die Demokratie in dem Land die Oberhand gewinnen könne. Das hat sich in den vergangenen Jahren nicht bewahrheitet – und von diesem Faktum müssen wir ausgehen! Zweieinhalb Jahre sind vergangen. Ich schlage deshalb einen von der internationalen Gemeinschaft durchzusetzenden Friedensplan vor. In einem ersten Punkt soll es darum gehen, dass die Gewalt sofort gestoppt werden muss. Hier kann und muss in erster Linie Russland helfen. Aber auch die USA und der Iran müssen hier einlenken."
Was sind die weiteren Schritte?
„Der zweite Punkt betrifft die Waffen. Hier muss eine Strategie erarbeitet werden, damit die Waffenlieferungen gestoppt werden. Jeder Machtstaat muss die eigene Seite dazu bringen, keine Waffen mehr in Syrien einzuführen. Der dritte Punkt betrifft die Gespräche zwischen den Streitparteien. Niemand darf davon ausgeschlossen werden! Alle müssen an einem Tisch sitzen. Man darf nicht vergessen, dass auf Seiten der Opposition keine Einheit besteht, deshalb werden an einem solchen Dialog mehrere Parteien teilnehmen müssen."
Wer soll die Gespräche zwischen den verschiedenen Parteien moderieren?
„Das kann und muss die internationale Gemeinschaft tun. Falls dann alle drei bisher genannten Punkte erfüllt sind, müssen alle Flüchtlinge sofort wieder zu ihren Häusern zurückkehren dürfen. Was wir in Palästina erlebt haben, darf nicht in Syrien geschehen! Der Versöhnungsprozess kann nur dann Sinn haben, wenn die Syrer zuhause sind."
Und was wäre der vierte und letzte Punkt?
„Nachdem alle Voraussetzungen erfüllt sind, müssen freie und demokratische Wahlen durchgeführt werden. Auch dieser Schritt muss von der internationalen Gemeinschaft gesichert werden. Was dann herauskommt, muss von allen Seiten akzeptiert werden."
Was würde geschehen, falls Ihre vier Punkte nicht erfüllt werden?
„Dann glaube ich, dass Syrien in mindestens drei oder sogar vier Staaten aufgeteilt wird. Da wird es dann einen Staat der Alewiten, einen der Sunniten, einen weiteren der Kurden usw. geben. Das wäre nicht die beste Lösung. Aber auch dieser Weg wäre begehbar, solange die Gewaltwelle gestoppt wird." (rv)