Wie heute eine Generalaudienz des Papstes aussieht, das wissen die meisten Rombesucher. Woher aber die einzelnen Bräuche stammen, was sie ausdrücken wollten und heute noch ausdrücken, das ist eher unbekannt. Zum Verständnis gibt es ein neues mehrbändiges Werk des Historikers Ulrich Nersinger, dessen zweiten Teil er selber dem Papst bei der Generalaudienz an diesem Mittwoch überreichen wird.
„Es geht in den beiden Bänden darum, das Vorgehen – also die Liturgien und die Zeremonien – in Rom, am päpstlichen Hof oder wie wir heute sagen im päpstlichen Haus ein wenig zu illustrieren, Verständnis zu wecken für Liturgien und Zeremonien, die uns heute nicht mehr so vertraut sind, die aber durchaus auch im Jahre 2011 uns noch etwas sagen können."
Nersinger hat die päpstlichen Liturgien studiert, solange es Aufzeichnungen gibt: Audienzen und Messfeiern, Empfänge und Kleidung, alles findet sich in den beiden Bänden beschrieben.
„Päpstliche Zeremonien sind etwas besonderes, weil sie immer vom päpstlichen Zeremonienmeister immer neu geschaffen wurden. Es gibt kein festes Formular oder kein festes Buch, das die Liturgien hundertprozentig festlegt. Immer wieder haben die Zeremoniare etwas geändert oder etwas hinzugenommen, der Zeit angepasst oder eigene Ideen in die Liturgie einfließen lassen. Natürlich auch die Ideen, die die Päpste gehabt haben."
Es sind aber nicht nur die Verfahren, Abläufe und Prozeduren, die Nersinger interessieren. Auch die handelnden Menschen finden in seinem Buch Platz:
„Was mir ein Anliegen war, das war die Zusammensetzung des päpstlichen Hofes zu erklären, heute sprechen wir vom päpstlichen Haus. Wer agiert hier, wer sind die einzelnen Personen, die dem Papst helfen, ihn unterstützen und mit ihm dieses zeremonielle und liturgische Leben in Rom gestalten."
Nersinger will Hilfestellung geben, um das zu verstehen, was man heute vielleicht nur noch im Fernsehen mitbekommt, wenn überhaupt. Silberne Trompeten, goldene Rosen: Dies alles sind Dinge, die sich dem modernen Verständnis nicht gleich erschließen.
„Ich glaube, dass der Mensch etwas braucht, was er ansehen kann oder was er hören und spüren kann. Da helfen solche Zeremonien oder solche Objekte sehr gut. Wenn der Papst zum Beispiel einen Wallfahrtsort besonders ehren möchte oder die Bedeutung betonen will, dann schickt er diesem Ort die goldene Rose. Das macht das ganz konkret, das ist nicht einfach nur ein Schreiben oder ein Wort, sondern es ist etwas Nachhaltiges, etwas, was man sehen kann. Man muss dann aber den Ursprung und die Geschichte und damit die Katechese dieser Sache erklären"
Ulrich Nersinger: Liturgien und Zeremonien am Päpstlichen Hof, erschienen im Verlag Nova & Vetera, zu finden ab Mittwoch auch in der päpstlichen Privatbibliothek. (rv)